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Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856.

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haftiger Boreas oder Triton, wie sie Zeuxis malte." Ob
und welche bestimmte Werke des Zeuxis Lucian hier
im Auge haben mochte, vermögen wir nicht anzugeben.
Ihrem ganzen Charakter nach aber eignen sich Gestalten,
wie Boreas und Tritonen, vortrefflich zu Darstellungen der-
selben Art, wie wir sie in der Kentaurenfamilie kennen ge-
lernt haben.

Alkmene, welche er den Agrigentinern zum Geschenk
machte: Plin. 35, 62.

Herakles als Kind, wie er die Drachen erdrückt und
die Mutter Alkmene nebst Amphitryon erschrocken dabei-
stehen: Plin. 35, 63; vgl. Philostr. iun. 5.

Helena, für den Tempel der lakinischen Hera gemalt
im Auftrage der Krotoniaten, oder wie Plinius will, der Agri-
gentiner: Plin. 35, 64; Cicero de inv. II, 1; Dion. Hal. p. arkh.
log. exetas. p. 68 Sylb.; Valer. Max. III, 7, ext. 3. Einen
Theil seiner grossen Berühmtheit hat dieses Bild durch den
Umstand erhalten, dass die Stadt dem Künstler erlaubte, un-
ter den sämmtlichen Jungfrauen die schönsten auszuwählen,
um sie zur Ausführung dieses Musterbildes weiblicher Schön-
heit als Modelle zu benutzen. Der Künstler aber war von
der Vortrefflichkeit seines Gemäldes so überzeugt, dass er
nicht nur für dessen Betrachtung von den Besuchern ein
Eintrittsgeld erhoben haben soll (woher diese Helena den
Spottnamen der Hetäre erhielt: Aelian v. h. IV, 12), sondern
dass er selbst darauf die Verse des Homer über die wirk-
liche Helena anwendete (Il. III, v. 156 etc.):

Ou nemesis, Troas kai euknemidas Akhaious
toied amphi gunaiki polun khronon algea paskhein;
ainos athanatesi thees eis opa eoiken. 1)

Ehrenvoller jedoch, als dieser Stolz, ist für Zeuxis die hohe
Anerkennung, welche der Maler Nikomachos diesem Bilde
zollte: Stob. Serm. 61; Aelian v. h. XIV, 47. -- Aus dem
Tempel der lakinischen Hera, wo nach Cicero sich auch noch
andere Werke des Zeuxis befanden, scheint die Helena spä-
ter nach Rom versetzt worden zu sein. Wenigstens sah
Plinius im Porticus des Philippus eine Helena von Zeuxis:

1) Dies erzählt auch Aristides: p. t. paraphth. II, p. 386.

haftiger Boreas oder Triton, wie sie Zeuxis malte.“ Ob
und welche bestimmte Werke des Zeuxis Lucian hier
im Auge haben mochte, vermögen wir nicht anzugeben.
Ihrem ganzen Charakter nach aber eignen sich Gestalten,
wie Boreas und Tritonen, vortrefflich zu Darstellungen der-
selben Art, wie wir sie in der Kentaurenfamilie kennen ge-
lernt haben.

Alkmene, welche er den Agrigentinern zum Geschenk
machte: Plin. 35, 62.

Herakles als Kind, wie er die Drachen erdrückt und
die Mutter Alkmene nebst Amphitryon erschrocken dabei-
stehen: Plin. 35, 63; vgl. Philostr. iun. 5.

Helena, für den Tempel der lakinischen Hera gemalt
im Auftrage der Krotoniaten, oder wie Plinius will, der Agri-
gentiner: Plin. 35, 64; Cicero de inv. II, 1; Dion. Hal. π. ἀϱχ.
λόγ. ἐξετάσ. p. 68 Sylb.; Valer. Max. III, 7, ext. 3. Einen
Theil seiner grossen Berühmtheit hat dieses Bild durch den
Umstand erhalten, dass die Stadt dem Künstler erlaubte, un-
ter den sämmtlichen Jungfrauen die schönsten auszuwählen,
um sie zur Ausführung dieses Musterbildes weiblicher Schön-
heit als Modelle zu benutzen. Der Künstler aber war von
der Vortrefflichkeit seines Gemäldes so überzeugt, dass er
nicht nur für dessen Betrachtung von den Besuchern ein
Eintrittsgeld erhoben haben soll (woher diese Helena den
Spottnamen der Hetäre erhielt: Aelian v. h. IV, 12), sondern
dass er selbst darauf die Verse des Homer über die wirk-
liche Helena anwendete (Il. III, v. 156 etc.):

Οὐ νέμεσις, Τϱῶας καὶ ἐϋκνήμιδας Ἀχαιούς
τοιῇδ̛ ἀμφὶ γυναικὶ πολὺν χϱόνον ἄλγεα πάσχειν·
αἰνῶς ἀϑανάτῃσι ϑεῇς εἰς ὦπα ἔοικεν. 1)

Ehrenvoller jedoch, als dieser Stolz, ist für Zeuxis die hohe
Anerkennung, welche der Maler Nikomachos diesem Bilde
zollte: Stob. Serm. 61; Aelian v. h. XIV, 47. — Aus dem
Tempel der lakinischen Hera, wo nach Cicero sich auch noch
andere Werke des Zeuxis befanden, scheint die Helena spä-
ter nach Rom versetzt worden zu sein. Wenigstens sah
Plinius im Porticus des Philippus eine Helena von Zeuxis:

1) Dies erzählt auch Aristides: π. τ. παϱαφϑ. II, p. 386.
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[80/0088] haftiger Boreas oder Triton, wie sie Zeuxis malte.“ Ob und welche bestimmte Werke des Zeuxis Lucian hier im Auge haben mochte, vermögen wir nicht anzugeben. Ihrem ganzen Charakter nach aber eignen sich Gestalten, wie Boreas und Tritonen, vortrefflich zu Darstellungen der- selben Art, wie wir sie in der Kentaurenfamilie kennen ge- lernt haben. Alkmene, welche er den Agrigentinern zum Geschenk machte: Plin. 35, 62. Herakles als Kind, wie er die Drachen erdrückt und die Mutter Alkmene nebst Amphitryon erschrocken dabei- stehen: Plin. 35, 63; vgl. Philostr. iun. 5. Helena, für den Tempel der lakinischen Hera gemalt im Auftrage der Krotoniaten, oder wie Plinius will, der Agri- gentiner: Plin. 35, 64; Cicero de inv. II, 1; Dion. Hal. π. ἀϱχ. λόγ. ἐξετάσ. p. 68 Sylb.; Valer. Max. III, 7, ext. 3. Einen Theil seiner grossen Berühmtheit hat dieses Bild durch den Umstand erhalten, dass die Stadt dem Künstler erlaubte, un- ter den sämmtlichen Jungfrauen die schönsten auszuwählen, um sie zur Ausführung dieses Musterbildes weiblicher Schön- heit als Modelle zu benutzen. Der Künstler aber war von der Vortrefflichkeit seines Gemäldes so überzeugt, dass er nicht nur für dessen Betrachtung von den Besuchern ein Eintrittsgeld erhoben haben soll (woher diese Helena den Spottnamen der Hetäre erhielt: Aelian v. h. IV, 12), sondern dass er selbst darauf die Verse des Homer über die wirk- liche Helena anwendete (Il. III, v. 156 etc.): Οὐ νέμεσις, Τϱῶας καὶ ἐϋκνήμιδας Ἀχαιούς τοιῇδ̛ ἀμφὶ γυναικὶ πολὺν χϱόνον ἄλγεα πάσχειν· αἰνῶς ἀϑανάτῃσι ϑεῇς εἰς ὦπα ἔοικεν. 1) Ehrenvoller jedoch, als dieser Stolz, ist für Zeuxis die hohe Anerkennung, welche der Maler Nikomachos diesem Bilde zollte: Stob. Serm. 61; Aelian v. h. XIV, 47. — Aus dem Tempel der lakinischen Hera, wo nach Cicero sich auch noch andere Werke des Zeuxis befanden, scheint die Helena spä- ter nach Rom versetzt worden zu sein. Wenigstens sah Plinius im Porticus des Philippus eine Helena von Zeuxis: 1) Dies erzählt auch Aristides: π. τ. παϱαφϑ. II, p. 386.

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen0201_1856/88>, abgerufen am 15.05.2024.