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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Erstes Buch.
Die anwesenden Knechte entblösseten ihn am gantzen Leibe/ und mit scharffen Geisseln stri-
chen sie ihn allenthalben/ daß das Blut von ihm flosse; Er aber stund an der Säule als ein
unempfindlicher Kloz/ biß er von Schmerzen in Ohnmacht fiel. Sie labeten ihn bald mit
kräfftigen Sachen/ und dräueten ihn weiter zu geisseln/ wo er nicht bekennen würde/ durch
wessen Anstifftung der mördliche überfall geschehen währe; kunten aber nicht das gering-
ste auß ihm bringen/ ohn daß er ein bitteres Gelächter anfing/ und zur Antwort gab; Er
müste wol ein verzagter Mensch seyn/ wann er seine eigene Zunge nicht bendigen/ und gute
Freunde zu verrahten abhalten könte; möchten sich derhalben umb nichts bekümmern/ als
wie sie das wenige übrige seines Lebens mit neuen Geisseln vollends herauß peitscheten/
dem er von herzen feind währe/ weil es ihm so ungehorsam/ und auff sein begehren nicht
willig außweichen wolte. Niemand kunte sich des Frevels gnug verwundern/ und sagte
Wenzesla: Ich weiß nicht/ ob ich heut grössere Tugend an unsern Helden/ oder an diesem
verwägenen Tropff steiffere Hartnäckigkeit gesehen habe; und wann ich wissen solte/ daß
die Bosheit in ihm könte gedämpffet werden/ wolte ich ihm das Leben helffen verbitten.
Worauff der verstokte Geta zur Antwort gab: Ich habe mir bißher steiff vorgenommen/
nimmermehr zu tuhn/ was die/ so man Tugendhaffte nennet/ gut heissen/ gläube auch noch
diese Stunde nicht/ daß ich meine Flecken oder Haut endern werde. Die Haut/ sagte Sa-
bihn/ wirstu ohn Zweiffel endern/ da du leben solt/ sintemahl die alte dir dergestalt zukerbet
ist/ das davon nicht viel mehr ubrig scheinet. Ey so reibet mich fein mit Salz/ antwortete
er/ und waschet mich mit Allaunwasser/ damit das alte gar hinweg gebeizet werde; alsdann
möchte ich mich vielleicht etwas bessern; aber die Bosheit/ wie jhrs nennet/ welche gar zu
tieff bey mir eingewurzelt ist/ wird der Tugend in meiner Seele nimmermehr Raum gön-
nen; dann ich fühle/ daß mein innerstes nichts als abgeschäumeter Frevel und begierige
Widerspenstigkeit ist/ dabey ichs dann werde bewenden lassen. Hierauff ruhete er ein we-
nig/ ob schlieffe er/ dann des Fleisches Schmerzen wahr überauß groß; ermunterte sich
aber bald wieder/ und sagte mit schwacher stimme: gute Nacht/ ich scheide von hinnen; so
erfüllet nun/ bitte ich/ meinen lezten Willen/ und schreibet mir diesen Grabe-Reim zu ewi-
ger Gedächtniß/ gilt gleich/ an die Galgen-Säule/ welches ich lieber wolte/ oder auff einen
Marmelstein:
[Spaltenumbruch]
Hier liegt Geta/ dessen Geist
Allen Frevel Tugend heist/
Der ihm Bosheit hat erkohren;
[Spaltenumbruch] Der nie gutes hat gewolt/
Darumb ist/ O schönster Sold!
Sein Gedächtniß unverlohren.

Mit dieser Rede gieng das lezte seiner Seele auß jhm/ also daß kein Zeichen einiger Unge-
bärde an ihm gesehen ward. Wenzesla nam sein fleissig wahr/ meynete nicht/ daß ihm der
Todt so nahe gewesen währe/ als er jhn aber keinen Finger mehr regen sahe/ fieng er zu den
Anwesenden an: Immer schade ist es/ daß dieser Mensch in seiner ersten Jugend nicht un-
ter die Hand guter Lehrmeister gerahten ist/ welche das zarte Gemüht bald anfangs zur
Erbarkeit hätten angehalten; Dann währe dieses Reiß recht gewehnet/ was vor herrli-
che Früchte solte der Baum zu seiner Zeit getragen haben. Ja/ sagte Sabihn/ hätte jhn
mein Herr damahls gekennet/ wie ich jhn bekam/ würde er ihn vor den ausrichtigsten Men-
schen gehalten haben; dann nebest den Fleiß und Wachsamkeit wuste er sich demühtig und

dienst-
B

Erſtes Buch.
Die anweſenden Knechte entbloͤſſeten ihn am gantzen Leibe/ und mit ſcharffen Geiſſeln ſtri-
chen ſie ihn allenthalben/ daß das Blut von ihm floſſe; Er aber ſtund an der Saͤule als ein
unempfindlicher Kloz/ biß eꝛ von Schmerzen in Ohnmacht fiel. Sie labeten ihn bald mit
kraͤfftigen Sachen/ und draͤueten ihn weiter zu geiſſeln/ wo er nicht bekennen wuͤrde/ durch
weſſen Anſtifftung der moͤrdliche uͤberfall geſchehen waͤhre; kunten abeꝛ nicht das gering-
ſte auß ihm bringen/ ohn daß er ein bitteres Gelaͤchter anfing/ und zur Antwort gab; Er
muͤſte wol ein verzagter Menſch ſeyn/ wann er ſeine eigene Zunge nicht bendigen/ und gute
Freunde zu verrahten abhalten koͤnte; moͤchten ſich derhalben umb nichts bekuͤmmeꝛn/ als
wie ſie das wenige uͤbrige ſeines Lebens mit neuen Geiſſeln vollends herauß peitſcheten/
dem er von herzen feind waͤhre/ weil es ihm ſo ungehorſam/ und auff ſein begehren nicht
willig außweichen wolte. Niemand kunte ſich des Frevels gnug verwundern/ und ſagte
Wenzeſla: Ich weiß nicht/ ob ich heut groͤſſere Tugend an unſern Helden/ oder an dieſem
verwaͤgenen Tropff ſteiffere Hartnaͤckigkeit geſehen habe; und wann ich wiſſen ſolte/ daß
die Bosheit in ihm koͤnte gedaͤmpffet werden/ wolte ich ihm das Leben helffen verbitten.
Worauff der verſtokte Geta zur Antwort gab: Ich habe mir bißher ſteiff vorgenommen/
nimmermehr zu tuhn/ was die/ ſo man Tugendhaffte nennet/ gut heiſſen/ glaͤube auch noch
dieſe Stunde nicht/ daß ich meine Flecken oder Haut endern werde. Die Haut/ ſagte Sa-
bihn/ wirſtu ohn Zweiffel endern/ da du leben ſolt/ ſintemahl die alte dir dergeſtalt zukerbet
iſt/ das davon nicht viel mehr ůbrig ſcheinet. Ey ſo reibet mich fein mit Salz/ antwortete
er/ und waſchet mich mit Allaunwaſſer/ damit das alte gar hinweg gebeizet werde; alsdañ
moͤchte ich mich vielleicht etwas beſſern; aber die Bosheit/ wie jhrs nennet/ welche gar zu
tieff bey mir eingewurzelt iſt/ wird der Tugend in meiner Seele nimmermehr Raum goͤn-
nen; dann ich fuͤhle/ daß mein innerſtes nichts als abgeſchaͤumeter Frevel und begierige
Widerſpenſtigkeit iſt/ dabey ichs dann werde bewenden laſſen. Hierauff ruhete er ein we-
nig/ ob ſchlieffe er/ dann des Fleiſches Schmerzen wahr uͤberauß groß; ermunterte ſich
aber bald wieder/ und ſagte mit ſchwacher ſtimme: gute Nacht/ ich ſcheide von hinnen; ſo
erfuͤllet nun/ bitte ich/ meinen lezten Willen/ und ſchreibet mir dieſen Grabe-Reim zu ewi-
ger Gedaͤchtniß/ gilt gleich/ an die Galgen-Saͤule/ welches ich lieber wolte/ oder auff einen
Marmelſtein:
[Spaltenumbruch]
Hier liegt Geta/ deſſen Geiſt
Allen Frevel Tugend heiſt/
Der ihm Bosheit hat erkohren;
[Spaltenumbruch] Der nie gutes hat gewolt/
Darumb iſt/ O ſchoͤnſter Sold!
Sein Gedaͤchtniß unverlohren.

Mit dieſer Rede gieng das lezte ſeiner Seele auß jhm/ alſo daß kein Zeichen einiger Unge-
baͤrde an ihm geſehen ward. Wenzeſla nam ſein fleiſſig wahr/ meynete nicht/ daß ihm der
Todt ſo nahe geweſen waͤhre/ als er jhn aber keinen Finger mehr regen ſahe/ fieng er zu den
Anweſenden an: Immer ſchade iſt es/ daß dieſer Menſch in ſeiner erſten Jugend nicht un-
ter die Hand guter Lehrmeiſter gerahten iſt/ welche das zarte Gemuͤht bald anfangs zur
Erbarkeit haͤtten angehalten; Dann waͤhre dieſes Reiß recht gewehnet/ was vor herrli-
che Fruͤchte ſolte der Baum zu ſeiner Zeit getragen haben. Ja/ ſagte Sabihn/ haͤtte jhn
mein Herr damahls gekennet/ wie ich jhn bekam/ wuͤrde er ihn vor den ausrichtigſten Men-
ſchen gehalten haben; dann nebeſt den Fleiß und Wachſamkeit wuſte er ſich demuͤhtig uñ

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[9/0047] Erſtes Buch. Die anweſenden Knechte entbloͤſſeten ihn am gantzen Leibe/ und mit ſcharffen Geiſſeln ſtri- chen ſie ihn allenthalben/ daß das Blut von ihm floſſe; Er aber ſtund an der Saͤule als ein unempfindlicher Kloz/ biß eꝛ von Schmerzen in Ohnmacht fiel. Sie labeten ihn bald mit kraͤfftigen Sachen/ und draͤueten ihn weiter zu geiſſeln/ wo er nicht bekennen wuͤrde/ durch weſſen Anſtifftung der moͤrdliche uͤberfall geſchehen waͤhre; kunten abeꝛ nicht das gering- ſte auß ihm bringen/ ohn daß er ein bitteres Gelaͤchter anfing/ und zur Antwort gab; Er muͤſte wol ein verzagter Menſch ſeyn/ wann er ſeine eigene Zunge nicht bendigen/ und gute Freunde zu verrahten abhalten koͤnte; moͤchten ſich derhalben umb nichts bekuͤmmeꝛn/ als wie ſie das wenige uͤbrige ſeines Lebens mit neuen Geiſſeln vollends herauß peitſcheten/ dem er von herzen feind waͤhre/ weil es ihm ſo ungehorſam/ und auff ſein begehren nicht willig außweichen wolte. Niemand kunte ſich des Frevels gnug verwundern/ und ſagte Wenzeſla: Ich weiß nicht/ ob ich heut groͤſſere Tugend an unſern Helden/ oder an dieſem verwaͤgenen Tropff ſteiffere Hartnaͤckigkeit geſehen habe; und wann ich wiſſen ſolte/ daß die Bosheit in ihm koͤnte gedaͤmpffet werden/ wolte ich ihm das Leben helffen verbitten. Worauff der verſtokte Geta zur Antwort gab: Ich habe mir bißher ſteiff vorgenommen/ nimmermehr zu tuhn/ was die/ ſo man Tugendhaffte nennet/ gut heiſſen/ glaͤube auch noch dieſe Stunde nicht/ daß ich meine Flecken oder Haut endern werde. Die Haut/ ſagte Sa- bihn/ wirſtu ohn Zweiffel endern/ da du leben ſolt/ ſintemahl die alte dir dergeſtalt zukerbet iſt/ das davon nicht viel mehr ůbrig ſcheinet. Ey ſo reibet mich fein mit Salz/ antwortete er/ und waſchet mich mit Allaunwaſſer/ damit das alte gar hinweg gebeizet werde; alsdañ moͤchte ich mich vielleicht etwas beſſern; aber die Bosheit/ wie jhrs nennet/ welche gar zu tieff bey mir eingewurzelt iſt/ wird der Tugend in meiner Seele nimmermehr Raum goͤn- nen; dann ich fuͤhle/ daß mein innerſtes nichts als abgeſchaͤumeter Frevel und begierige Widerſpenſtigkeit iſt/ dabey ichs dann werde bewenden laſſen. Hierauff ruhete er ein we- nig/ ob ſchlieffe er/ dann des Fleiſches Schmerzen wahr uͤberauß groß; ermunterte ſich aber bald wieder/ und ſagte mit ſchwacher ſtimme: gute Nacht/ ich ſcheide von hinnen; ſo erfuͤllet nun/ bitte ich/ meinen lezten Willen/ und ſchreibet mir dieſen Grabe-Reim zu ewi- ger Gedaͤchtniß/ gilt gleich/ an die Galgen-Saͤule/ welches ich lieber wolte/ oder auff einen Marmelſtein: Hier liegt Geta/ deſſen Geiſt Allen Frevel Tugend heiſt/ Der ihm Bosheit hat erkohren; Der nie gutes hat gewolt/ Darumb iſt/ O ſchoͤnſter Sold! Sein Gedaͤchtniß unverlohren. Mit dieſer Rede gieng das lezte ſeiner Seele auß jhm/ alſo daß kein Zeichen einiger Unge- baͤrde an ihm geſehen ward. Wenzeſla nam ſein fleiſſig wahr/ meynete nicht/ daß ihm der Todt ſo nahe geweſen waͤhre/ als er jhn aber keinen Finger mehr regen ſahe/ fieng er zu den Anweſenden an: Immer ſchade iſt es/ daß dieſer Menſch in ſeiner erſten Jugend nicht un- ter die Hand guter Lehrmeiſter gerahten iſt/ welche das zarte Gemuͤht bald anfangs zur Erbarkeit haͤtten angehalten; Dann waͤhre dieſes Reiß recht gewehnet/ was vor herrli- che Fruͤchte ſolte der Baum zu ſeiner Zeit getragen haben. Ja/ ſagte Sabihn/ haͤtte jhn mein Herr damahls gekennet/ wie ich jhn bekam/ wuͤrde er ihn vor den ausrichtigſten Men- ſchen gehalten haben; dann nebeſt den Fleiß und Wachſamkeit wuſte er ſich demuͤhtig uñ dienſt- B

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/47>, abgerufen am 28.04.2024.