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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Erstes Buch.
sich erklären wolte; so bedürffte es keines andern Bohten; Er wenzesta selbst solte fort-
gehen/ so bald er schwachheit halben schreiben könte. Dem Alten kam diese Antwort ver-
dächtig vor/ und hielt noch mahl an/ da Ihre Durchl. es zugeben könte/ wolte er deren Ge-
sundheit abwarten/ und Ihr in künfftig auff der Reise auffwärtig seyn; Aber Ladisla wolte
ihm nicht Wiederspiel halten/ weil er seinen Schluß bey sich schon gemacht hatte.

Des folgenden Tages/ da er mit seinem Herkules allein wahr/ und derselbe vor seinem
Bette saß/ redete er ihn also an: Herzlieber Bruder/ ich halte vor unnöhtig/ unser höchst-
vertrauliche Freundschafft und Liebe/ die von dem ersten Tage unser Kundschafft her/ aus-
ser dem neulich ertichteten Unwillen/ allemahl zwischen uns steiff und fest bestanden/ dich
weitläufftig zu erinnern; eines meyne ich/ dir allerdinge unverborgen zu seyn/ daß ich lieber
sterben/ als deiner angenehmen Gegenwart beraubet seyn wolte/ daher du keines weges
gedenken darffst/ ich werde mein Königreich antreten/ und dich von mir lassen; So ist dir
gnug bekant/ daß mir der Odem nach der Reichs Kron nicht stinket/ sondern gesonnen bin/
meine blühende Jugend in ritterlichen übungen/ und Erfahrung fremder Sitten/ auch be-
suchung abgelegener Länder anzuwenden; iedoch möchte ich gerne hierüber deine Mey-
nung vernehmen/ ob du lieber mit mir zugleich gewaltiger König in Böhmen seyn/ und
nach deines Herrn Vaters Absterben/ meiner Länder Macht/ zur Eroberung deines
Groß Fürstentuhms anwenden; oder aber/ welches ich lieber wolte/ unser genommenen
Abrede nach/ die Welt versuchen/ und deine Mannheit/ der ich keine zuvergleichen weiß/
in ritterlichen Tahten eine zeitlang neben mir üben und prüfen woltest. Hertules kunte
ihm nicht länger zuhören/ und antwortete: Davor behüte mich mein Gott/ daß dein Erb-
Königreich zugleich neben dir einen andern König haben und ernehren; oder ich wider
meines Vaters und des Landes Willen/ einen Fuß/ geschweige grosse feindliche Krieges-
heere in mein Vaterland bringen solte. O nein/ O nein! Herkules hat so viel Gnade und
Vergnügung von Gott/ daß er mit gutem Gewissen lieber im Elende/ ja in äusserster Ar-
mut und Dienstbarkeit sein Leben zubringen/ als wider Gewissen ichtwas besitzen und be-
herschen wil/ wie ich dessen schon anderthalb Jahr einen guten Beweistuhm abgelegt ha-
be. So kanstu nicht gläuben/ geliebter Bruder/ wie höchlich ich mich freue/ daß ich dich
erster Zeit einen gewaltigen herschenden König wissen sol; gelebe auch der gänzlichen Zu-
versicht/ du werdest durch solche Erhöhung/ und auff deinem stolzen Schlosse deines ge-
träuen Herkules nicht allerdinge vergessen/ sondern unser geschwornen Freundschafft ein-
gedencke seyn; Ich hingegen verspreche dir/ daß mein Herz und Gemüht nimmermehr
von dir absetzen sol/ sondern in allen Ländern/ da ich seyn und ehrlich leben werde (dann oh-
ne Ehre verderbe ich lieber)/ ich zu deiner Gedächtniß deinen und meinen Nahmen in ei-
ner füglichen Vermischung führen wil. Inzwischen wollestu/ bitte ich/ deiner Heilung
durch widrige Gedanken keine Hinderung geben/ sondern des Arztes vorgeschriebenen
Satzungen dich gemäß verhalten/ auff daß du desto zeitiger in dein Königreich zihen kön-
nest; mich wird mein Gott und Heyland schon führen/ wie ers gnädig versehen hat. Hie-
mit fiel er seinem liebsten Freunde umb den Halß/ und küssete ihn auß herzlicher Gewogen-
heit/ als einen/ mit dem er sich schier letzen würde. Ladisla empfand sein Herz vor Liebe
auffwallen/ daß zu befürchten wahr/ es möchte die gefährliche Seiten wunde/ die sich ein
wenig zugesezt hatte/ wieder auffbrechen; sahe doch seinen allerliebsten Freund gar lieblich

an/

Erſtes Buch.
ſich erklaͤren wolte; ſo beduͤrffte es keines andern Bohten; Er wenzeſta ſelbſt ſolte fort-
gehen/ ſo bald er ſchwachheit halben ſchreiben koͤnte. Dem Alten kam dieſe Antwort ver-
daͤchtig vor/ und hielt noch mahl an/ da Ihre Durchl. es zugeben koͤnte/ wolte er deren Ge-
ſundheit abwarten/ und Ihr in kuͤnfftig auff der Reiſe auffwaͤrtig ſeyn; Aber Ladiſla wolte
ihm nicht Wiederſpiel halten/ weil er ſeinen Schluß bey ſich ſchon gemacht hatte.

Des folgenden Tages/ da er mit ſeinem Herkules allein wahr/ und derſelbe vor ſeinem
Bette ſaß/ redete er ihn alſo an: Herzlieber Bruder/ ich halte vor unnoͤhtig/ unſer hoͤchſt-
vertrauliche Freundſchafft und Liebe/ die von dem erſten Tage unſer Kundſchafft her/ auſ-
ſer dem neulich ertichteten Unwillen/ allemahl zwiſchen uns ſteiff und feſt beſtanden/ dich
weitlaͤufftig zu erinnern; eines meyne ich/ dir allerdinge unverborgen zu ſeyn/ daß ich lieber
ſterben/ als deiner angenehmen Gegenwart beraubet ſeyn wolte/ daher du keines weges
gedenken darffſt/ ich werde mein Koͤnigreich antreten/ und dich von mir laſſen; So iſt dir
gnug bekant/ daß mir der Odem nach der Reichs Kron nicht ſtinket/ ſondern geſonnen bin/
meine bluͤhende Jugend in ritterlichen uͤbungen/ und Erfahrung fremder Sitten/ auch be-
ſuchung abgelegener Laͤnder anzuwenden; iedoch moͤchte ich gerne hieruͤber deine Mey-
nung vernehmen/ ob du lieber mit mir zugleich gewaltiger Koͤnig in Boͤhmen ſeyn/ und
nach deines Herrn Vaters Abſterben/ meiner Laͤnder Macht/ zur Eroberung deines
Groß Fuͤrſtentuhms anwenden; oder aber/ welches ich lieber wolte/ unſer genommenen
Abrede nach/ die Welt verſuchen/ und deine Mannheit/ der ich keine zuvergleichen weiß/
in ritterlichen Tahten eine zeitlang neben mir uͤben und pruͤfen wolteſt. Hertules kunte
ihm nicht laͤnger zuhoͤren/ und antwortete: Davor behuͤte mich mein Gott/ daß dein Erb-
Koͤnigreich zugleich neben dir einen andern Koͤnig haben und ernehren; oder ich wider
meines Vaters und des Landes Willen/ einen Fuß/ geſchweige groſſe feindliche Krieges-
heere in mein Vaterland bringen ſolte. O nein/ O nein! Herkules hat ſo viel Gnade und
Vergnuͤgung von Gott/ daß er mit gutem Gewiſſen lieber im Elende/ ja in aͤuſſerſter Ar-
mut und Dienſtbarkeit ſein Leben zubringen/ als wider Gewiſſen ichtwas beſitzen und be-
herſchen wil/ wie ich deſſen ſchon anderthalb Jahr einen guten Beweiſtuhm abgelegt ha-
be. So kanſtu nicht glaͤuben/ geliebter Bruder/ wie hoͤchlich ich mich freue/ daß ich dich
erſter Zeit einen gewaltigen herſchenden Koͤnig wiſſen ſol; gelebe auch der gaͤnzlichen Zu-
verſicht/ du werdeſt durch ſolche Erhoͤhung/ und auff deinem ſtolzen Schloſſe deines ge-
traͤuen Herkules nicht allerdinge vergeſſen/ ſondern unſer geſchwornen Freundſchafft ein-
gedencke ſeyn; Ich hingegen verſpreche dir/ daß mein Herz und Gemuͤht nimmermehr
von dir abſetzen ſol/ ſondern in allen Laͤndern/ da ich ſeyn und ehrlich leben werde (dann oh-
ne Ehre verderbe ich lieber)/ ich zu deiner Gedaͤchtniß deinen und meinen Nahmen in ei-
ner fuͤglichen Vermiſchung fuͤhren wil. Inzwiſchen wolleſtu/ bitte ich/ deiner Heilung
durch widrige Gedanken keine Hinderung geben/ ſondern des Arztes vorgeſchriebenen
Satzungen dich gemaͤß verhalten/ auff daß du deſto zeitiger in dein Koͤnigreich zihen koͤn-
neſt; mich wird mein Gott und Heyland ſchon fuͤhren/ wie ers gnaͤdig verſehen hat. Hie-
mit fiel er ſeinem liebſten Freunde umb den Halß/ und kuͤſſete ihn auß herzlicher Gewogen-
heit/ als einen/ mit dem er ſich ſchier letzen wuͤrde. Ladiſla empfand ſein Herz vor Liebe
auffwallen/ daß zu befuͤrchten wahr/ es moͤchte die gefaͤhrliche Seiten wunde/ die ſich ein
wenig zugeſezt hatte/ wieder auffbrechen; ſahe doch ſeinen allerliebſten Freund gar lieblich

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/50>, abgerufen am 27.04.2024.