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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Drittes Buch.
nommen zuwerden/ und etwa mit der Zeit mich verdienet zumachen/ daß mir als einem
Freygebohrnen mein Vaterland wieder zusuchen vergönnet würde; weil aber E. G F. D.
mich einem Gewaltigern zuzusenden gehalten ist/ muß ein solches ich mir billich gefallen las-
sen/ unter der Hoffnung/ der grosse König/ dem die mächtigsten Fürsten sich zum Gehorsam
untergeben/ werde nichts über die Tugend schätzen/ auch denen alle Gnade erzeigen/ die der-
selben sich gewidmet/ viel lieber tausend mahl sterben/ als eine Stunde unehrlich leben wol-
len; solte aber an meiner Gestalt ichtwas seyn/ das andere zu meinem Mißbrauch reizen
könte/ weiß ich schon gnugsame Mittel/ mich scheußlich zumachen; wiewol bey einem so
grossen Herrn ich mich solcher Schande nicht vermuhte/ währe auch Sünde/ es nur zu-
gedenken/ nach dem die Stathaltere Gottes auff dieser Unterwelt billich in dessen Fußstapf-
fen treten/ und nach aller Mögligkeit sich demselben gleich und ähnlich bezeigen. Der Groß-
Fürst ließ ihm diese Rede wolgefallen/ und sagte: Feiner Jüngling/ es solte billich so seyn/
wie du sagest/ währe auch zuwünschen/ daß die gröste Macht und Gewalt allemal den Tu-
gendreichesten verlihen würde; aber weistu nicht/ wie mannicher in Armuht und Nidrig-
keit die Tugend liebet/ und nach dem er durch dieselbe erhöhet ist/ sich undankbarlich von ihr
abwendet/ und nur dasselbe vor Tugend hält/ was ihm gefället/ und eben deucht; ja wol so
stoltz und verwägen wird/ daß er dasselbe/ was Gott und die gute Vernunfft als eine Tugend
eingesezt und gebohten hat/ zur Ungebühr machen/ und gar auffheben/ hingegen seine gar-
stigen Unzimligkeiten/ und freche Sünden wil geehret/ und andern zur Nachfolge vorge-
setzet haben? daher findet man mehr Erbarkeit in nidrigen Wohnungen/ als auff güldenen
Stülen; Dann ein Verständiger weiß wol/ daß wo er in der Niedrigkeit sich ungebühr-
lich bezeiget/ ihm bald Haß/ Neid/ und Verachtung zuwächset/ und der Weg zur Ehre und
Gewalt ihm verleget wird/ welches die höchsten Häupter nicht befürchten/ und daher ihre
Lüste und Begierden der Billigkeit nicht unterwerffen wollen; ja mannicher weiß den
Schalk dergestalt zubergen/ so lange er in bemüheter Nachsuchung ist; wann er aber das
vorgestekte Ziel erreichet hat/ dann bricht der Wilmuht aus den Schranken/ gleich wie der
Löue/ wann er lauschet/ die scharffen Klauen einzeuhet; wanns ihm aber zeit däucht/ so strec-
ket er sie hervor/ und übet Gewalt und Grausamkeit seines gefallens. Nicht rede ich solches
meinem grossen Könige zum Schimpf/ dessen Sitten ein jeder Untertahn ihm billich ge-
fallen lässet/ nur daß ich dir zeige/ daß Tugend und Macht nicht allemahl/ ja wol gar selten
an einem Joche zihen. Freylich redet E. G F. D. die lautere Wahrheit/ antwortete er/ und
ist leider der gemeine Weltbrauch/ daß Gewalt die Wollust/ Wollust aber die Frecheit ge-
bieret/ aller Tugend abgesagte Feindin; Nach dem aber die Tugend Gott selber/ oder ja des-
sen vornehmste Eigenschafft ist/ pfleget sie sich an den Frevelern/ wie groß die auch seyn mö-
gen/ härtiglich zurächen; dessen uns der unkeusche Tonoskonkoleros/ lezter Assyrischer Groß-
König/ von den Griechen Sardanapallus genennet/ ein lebendiges Beyspiel gibt/ welchen
vor ohngefehr 1100 Jahren/ E. G F. D. Vorfahr/ der Tugendliebende Fürst Arbazes
des Reichs beraubete/ und zusterben zwang/ weil er weder des Lebens/ noch als ein unfläti-
ger Weiber Narr/ herzhafften Männern zugebieten/ wirdig wahr. Geschikter Jüngling/
sagte der Groß Fürst/ woher sind dir diese unsere alten Geschichte in deiner weit abgelege-
nen Heimat kund worden? Aus der Griechen und Lateiner Büchern/ antwortete er/ in

welchen

Drittes Buch.
nommen zuwerden/ und etwa mit der Zeit mich verdienet zumachen/ daß mir als einem
Freygebohrnen mein Vaterland wieder zuſuchen vergoͤnnet wuͤrde; weil aber E. G F. D.
mich einem Gewaltigeꝛn zuzuſenden gehalten iſt/ muß ein ſolches ich mir billich gefallen laſ-
ſen/ unter der Hoffnung/ der groſſe Koͤnig/ dem die maͤchtigſten Fuͤꝛſten ſich zum Gehorſam
untergeben/ werde nichts uͤber die Tugend ſchaͤtzen/ auch denen alle Gnade erzeigen/ die deꝛ-
ſelben ſich gewidmet/ viel lieber tauſend mahl ſterben/ als eine Stunde unehrlich leben wol-
len; ſolte aber an meiner Geſtalt ichtwas ſeyn/ das andere zu meinem Mißbrauch reizen
koͤnte/ weiß ich ſchon gnugſame Mittel/ mich ſcheußlich zumachen; wiewol bey einem ſo
groſſen Herrn ich mich ſolcher Schande nicht vermuhte/ waͤhre auch Suͤnde/ es nur zu-
gedenken/ nach dem die Stathaltere Gottes auff dieſer Unterwelt billich in deſſen Fußſtapf-
fen treten/ und nach aller Moͤgligkeit ſich demſelben gleich uñ aͤhnlich bezeigen. Der Groß-
Fuͤrſt ließ ihm dieſe Rede wolgefallen/ und ſagte: Feiner Juͤngling/ es ſolte billich ſo ſeyn/
wie du ſageſt/ waͤhre auch zuwuͤnſchen/ daß die groͤſte Macht und Gewalt allemal den Tu-
gendreicheſten verlihen wuͤrde; aber weiſtu nicht/ wie mannicher in Armuht und Nidrig-
keit die Tugend liebet/ und nach dem eꝛ durch dieſelbe erhoͤhet iſt/ ſich undankbarlich von ihꝛ
abwendet/ und nur daſſelbe vor Tugend haͤlt/ was ihm gefaͤllet/ und eben deucht; ja wol ſo
ſtoltz und verwaͤgen wird/ daß er daſſelbe/ was Gott uñ die gute Vernunfft als eine Tugend
eingeſezt und gebohten hat/ zur Ungebuͤhr machen/ und gar auffheben/ hingegen ſeine gar-
ſtigen Unzimligkeiten/ und freche Suͤnden wil geehret/ und andern zur Nachfolge vorge-
ſetzet haben? daher findet man mehr Erbarkeit in nidrigen Wohnungen/ als auff guͤldenẽ
Stuͤlen; Dann ein Verſtaͤndiger weiß wol/ daß wo er in der Niedrigkeit ſich ungebuͤhr-
lich bezeiget/ ihm bald Haß/ Neid/ und Verachtung zuwaͤchſet/ und der Weg zur Ehre und
Gewalt ihm verleget wird/ welches die hoͤchſten Haͤupter nicht befuͤrchten/ und daher ihre
Luͤſte und Begierden der Billigkeit nicht unterwerffen wollen; ja mannicher weiß den
Schalk dergeſtalt zubergen/ ſo lange er in bemuͤheter Nachſuchung iſt; wann er aber das
vorgeſtekte Ziel erreichet hat/ dann bricht der Wilmuht aus den Schranken/ gleich wie deꝛ
Loͤue/ wann er lauſchet/ die ſcharffen Klauen einzeuhet; wañs ihm aber zeit daͤucht/ ſo ſtrec-
ket er ſie hervor/ und uͤbet Gewalt und Grauſamkeit ſeines gefallens. Nicht rede ich ſolches
meinem groſſen Koͤnige zum Schimpf/ deſſen Sitten ein jeder Untertahn ihm billich ge-
fallen laͤſſet/ nur daß ich dir zeige/ daß Tugend und Macht nicht allemahl/ ja wol gar ſelten
an einem Joche zihen. Freylich redet E. G F. D. die lautere Wahrheit/ antwortete er/ uñ
iſt leider der gemeine Weltbrauch/ daß Gewalt die Wolluſt/ Wolluſt aber die Frecheit ge-
bieret/ aller Tugend abgeſagte Feindin; Nach dem aber die Tugend Gott ſelber/ oder ja deſ-
ſen vornehmſte Eigenſchafft iſt/ pfleget ſie ſich an den Frevelern/ wie groß die auch ſeyn moͤ-
gen/ haͤrtiglich zuraͤchẽ; deſſen uns der unkeuſche Tonoſkonkoleros/ lezter Aſſyriſcher Groß-
Koͤnig/ von den Griechen Sardanapallus genennet/ ein lebendiges Beyſpiel gibt/ welchen
vor ohngefehr 1100 Jahren/ E. G F. D. Vorfahr/ der Tugendliebende Fuͤrſt Arbazes
des Reichs beraubete/ und zuſterben zwang/ weil er weder des Lebens/ noch als ein unflaͤti-
ger Weiber Narr/ herzhafften Maͤnnern zugebieten/ wirdig wahr. Geſchikter Juͤngling/
ſagte der Groß Fuͤrſt/ woher ſind dir dieſe unſere alten Geſchichte in deiner weit abgelege-
nen Heimat kund worden? Aus der Griechen und Lateiner Buͤchern/ antwortete er/ in

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 562. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/600>, abgerufen am 17.06.2024.