Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

Bild:
<< vorherige Seite

Sechstes Buch.
ses Pferd ihr nicht zugetrauet/ da sie es doch ungleich tapfferer und witziger als alle meine
Bereiter/ getummelt hat. Gleich da sahe er/ daß sie im vollen rennen herunter sprang/ und
sich gegen die anwesende höflich neigete. Herkules nam eben dasselbe Pferd/ und machte
ihr alles genaue nach was sie hatte sehen lassen/ ließ auch einsmahls seinen Huet mit gu-
tem Willen auff die Erde fallen/ und hueb ihn mit seinem Stäblein in vollem rennen auff.
Ladisla und die drey Fürsten tahten auch ihr bestes/ aber an die Amazonin und Herkules
kahmen sie nicht. Die Römischen Ritter verzageten alsbald/ hieselbst Ehre zugewinnen/
hätten viel lieber weit davon seyn mögen; aber ehrenhalben musten sie mit machen/ da der
junge Pupienus sich vor andern wol hielt. Als der junge Sulpitius in seiner übung war/
sihet die Amazonin Herkules ädlen Blänken stehen/ der von vier Dienern gehalten ward/
bedachte sich/ ob Verdacht zumeiden/ sie ihn unbeschritten solte lassen/ und ließ sich endlich
durch Begierde reizen/ daß sie hinzu trat/ den Zaum ergrif/ und sehr gerade hinauf sprang.
Das Pferd seinen ersten Reuter kennend/ hielt sich zahm und gehorsam/ ließ sich lenken und
kehren nach allem Wink/ und rante sie wie ein Pfeil auff demselben hin und wieder/ biß es
zimlich ermüdet war/ daher Ladisla von neuen gedachte/ es müste ohn zweifel seine Schwe-
ster seyn/ Gott gäbe/ wie sie auch unvermerket von der Schaubühne kommen währe/ und
mit der ihm wolbekanten Farbe sich verstellet hätte. Arbianes wankete auch/ und hätte sich
schier erkühnet/ Groß Fürsten Herkules seine Meinung zuentdecken/ hielt aber doch inne/
aus furcht/ sie zubeleidigen/ da sie es währe. Endlich ergriff sie ein ungesatteltes doch ge-
zäumetes sehr unbendiges Pferd/ sprengete damit hin und her/ und tummelte sich recht-
schaffen/ klemmete sich auch mit den Beinen so feste darauff/ daß sie keinen Wank taht/ un-
geachtet das Pferd nur immer sich bemühete/ sie abzuwerffen; welches dem Käyser und
andern Römern/ als eine unbekante übung fremd vorkam/ und sehr zweifelten/ ob auch ih-
rer Leute einer solches wagen dürffte; wie sie dann in Warheit sich dessen alle enthielten;
aber die Fürsten ingesamt braucheten sich in dieser ungesattelten Renne Schule sehr wol/
daß keiner dem andern nachgab. Nach Vollendung dieser übung/ welche anderthalb stun-
den wehrete/ nam die Amazonin ein Speer zum Ringelrennen/ taht den ersten Rit auff ih-
rem Schecken/ und nam den Ring artig hinweg. Herkules und Ladisla tahten desgleichen;
Baldrich stach ein wenig zu hoch. Siegward traff. Arbianes und die übrigen alle fehleten
zum ersten mahl/ ohn Skaurus brachte ihn davon. Nach diesem ward noch 20 mahl um-
gestochen/ da die Amazonin und Herkules kein mahl; Ladisla einmahl; Baldrich und Ar-
bianes viermahl; Siegward dreymahl/ wie auch Skaurus; die übrigen offter fehl stachen.
Sie hätten gerne noch etliche Ritte getahn/ aber weil die Sonne schon hoch stund ward
auch diese übung aufgeruffen; daher nam die Amazonin ihr stumpfes Schwert zur hand/
und foderte anfangs Herrn Skaurus aus/ mit dem sie drey zierliche Gänge hielt/ ihm auch
eines über die linke Schulter und das rechte Bein anbrachte/ da er sie doch nicht treffen
kunte. O nun verzweifele ich an allen übrigen Römern/ fing der Käyser an/ nachdem mein
Skaurus/ der seines gleichen in Rom nicht hat/ den kürzern zihen muß; kan auch nimmer-
mehr nicht gläuben/ daß sein Gegener ein Weibesbild sey; aber was vor ein treflicher A-
chilles muß doch immermehr unter diesem Amazonischen Kleide verborgen liegen? Der
Teutschen Fürsten ist es ja keiner/ als die ich alle vor mir in der übung sehe; ist demnach nit

anders/
g g g iij

Sechſtes Buch.
ſes Pferd ihr nicht zugetrauet/ da ſie es doch ungleich tapfferer und witziger als alle meine
Bereiter/ getummelt hat. Gleich da ſahe er/ daß ſie im vollen rennen herunter ſprang/ und
ſich gegen die anweſende hoͤflich neigete. Herkules nam eben daſſelbe Pferd/ und machte
ihr alles genaue nach was ſie hatte ſehen laſſen/ ließ auch einsmahls ſeinen Huet mit gu-
tem Willen auff die Erde fallen/ und hueb ihn mit ſeinem Staͤblein in vollem rennen auff.
Ladiſla und die drey Fuͤrſten tahten auch ihr beſtes/ aber an die Amazonin und Herkules
kahmen ſie nicht. Die Roͤmiſchen Ritter verzageten alsbald/ hieſelbſt Ehre zugewinnen/
haͤtten viel lieber weit davon ſeyn moͤgen; aber ehrenhalben muſten ſie mit machen/ da der
junge Pupienus ſich vor andern wol hielt. Als der junge Sulpitius in ſeiner uͤbung war/
ſihet die Amazonin Herkules aͤdlen Blaͤnken ſtehen/ der von vier Dienern gehalten ward/
bedachte ſich/ ob Verdacht zumeiden/ ſie ihn unbeſchritten ſolte laſſen/ und ließ ſich endlich
durch Begierde reizen/ daß ſie hinzu trat/ den Zaum ergrif/ und ſehr gerade hinauf ſprang.
Das Pferd ſeinen erſten Reuter kennend/ hielt ſich zahm und gehorſam/ ließ ſich lenken uñ
kehren nach allem Wink/ und rante ſie wie ein Pfeil auff demſelben hin und wieder/ biß es
zimlich ermuͤdet war/ daher Ladiſla von neuen gedachte/ es muͤſte ohn zweifel ſeine Schwe-
ſter ſeyn/ Gott gaͤbe/ wie ſie auch unvermerket von der Schaubühne kommen waͤhre/ und
mit der ihm wolbekanten Farbe ſich verſtellet haͤtte. Arbianes wankete auch/ und haͤtte ſich
ſchier erkuͤhnet/ Groß Fuͤrſten Herkules ſeine Meinung zuentdecken/ hielt aber doch inne/
aus furcht/ ſie zubeleidigen/ da ſie es waͤhre. Endlich ergriff ſie ein ungeſatteltes doch ge-
zaͤumetes ſehr unbendiges Pferd/ ſprengete damit hin und her/ und tummelte ſich recht-
ſchaffen/ klemmete ſich auch mit den Beinen ſo feſte darauff/ daß ſie keinen Wank taht/ un-
geachtet das Pferd nur immer ſich bemuͤhete/ ſie abzuwerffen; welches dem Kaͤyſer und
andern Roͤmern/ als eine unbekante uͤbung fremd vorkam/ und ſehr zweifelten/ ob auch ih-
rer Leute einer ſolches wagen duͤrffte; wie ſie dann in Warheit ſich deſſen alle enthielten;
aber die Fuͤrſten ingeſamt braucheten ſich in dieſer ungeſattelten Renne Schule ſehr wol/
daß keiner dem andern nachgab. Nach Vollendung dieſer uͤbung/ welche anderthalb ſtun-
den wehrete/ nam die Amazonin ein Speer zum Ringelrennen/ taht den erſten Rit auff ih-
rem Schecken/ und nam den Ring artig hinweg. Herkules und Ladiſla tahten desgleichẽ;
Baldrich ſtach ein wenig zu hoch. Siegward traff. Arbianes und die uͤbrigen alle fehleten
zum erſten mahl/ ohn Skaurus brachte ihn davon. Nach dieſem ward noch 20 mahl um-
geſtochen/ da die Amazonin und Herkules kein mahl; Ladiſla einmahl; Baldrich und Ar-
bianes viermahl; Siegward dreymahl/ wie auch Skaurus; die uͤbrigen offter fehl ſtachẽ.
Sie haͤtten gerne noch etliche Ritte getahn/ aber weil die Sonne ſchon hoch ſtund ward
auch dieſe uͤbung aufgeruffen; daher nam die Amazonin ihr ſtumpfes Schwert zur hand/
und foderte anfangs Herrn Skaurus aus/ mit dem ſie drey zierliche Gaͤnge hielt/ ihm auch
eines über die linke Schulter und das rechte Bein anbrachte/ da er ſie doch nicht treffen
kunte. O nun verzweifele ich an allen uͤbrigen Roͤmern/ fing der Kaͤyſer an/ nachdem mein
Skaurus/ der ſeines gleichen in Rom nicht hat/ den kuͤrzern zihen muß; kan auch nimmer-
mehr nicht glaͤuben/ daß ſein Gegener ein Weibesbild ſey; aber was vor ein treflicher A-
chilles muß doch immermehr unter dieſem Amazoniſchen Kleide verborgen liegen? Der
Teutſchen Fuͤrſten iſt es ja keiner/ als die ich alle vor mir in der uͤbung ſehe; iſt demnach nit

anders/
g g g iij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0427" n="421"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Sech&#x017F;tes Buch.</hi></fw><lb/>
&#x017F;es Pferd ihr nicht zugetrauet/ da &#x017F;ie es doch ungleich tapfferer und witziger als alle meine<lb/>
Bereiter/ getummelt hat. Gleich da &#x017F;ahe er/ daß &#x017F;ie im vollen rennen herunter &#x017F;prang/ und<lb/>
&#x017F;ich gegen die anwe&#x017F;ende ho&#x0364;flich neigete. Herkules nam eben da&#x017F;&#x017F;elbe Pferd/ und machte<lb/>
ihr alles genaue nach was &#x017F;ie hatte &#x017F;ehen la&#x017F;&#x017F;en/ ließ auch einsmahls &#x017F;einen Huet mit gu-<lb/>
tem Willen auff die Erde fallen/ und hueb ihn mit &#x017F;einem Sta&#x0364;blein in vollem rennen auff.<lb/>
Ladi&#x017F;la und die drey Fu&#x0364;r&#x017F;ten tahten auch ihr be&#x017F;tes/ aber an die Amazonin und Herkules<lb/>
kahmen &#x017F;ie nicht. Die Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Ritter verzageten alsbald/ hie&#x017F;elb&#x017F;t Ehre zugewinnen/<lb/>
ha&#x0364;tten viel lieber weit davon &#x017F;eyn mo&#x0364;gen; aber ehrenhalben mu&#x017F;ten &#x017F;ie mit machen/ da der<lb/>
junge Pupienus &#x017F;ich vor andern wol hielt. Als der junge Sulpitius in &#x017F;einer u&#x0364;bung war/<lb/>
&#x017F;ihet die Amazonin Herkules a&#x0364;dlen Bla&#x0364;nken &#x017F;tehen/ der von vier Dienern gehalten ward/<lb/>
bedachte &#x017F;ich/ ob Verdacht zumeiden/ &#x017F;ie ihn unbe&#x017F;chritten &#x017F;olte la&#x017F;&#x017F;en/ und ließ &#x017F;ich endlich<lb/>
durch Begierde reizen/ daß &#x017F;ie hinzu trat/ den Zaum ergrif/ und &#x017F;ehr gerade hinauf &#x017F;prang.<lb/>
Das Pferd &#x017F;einen er&#x017F;ten Reuter kennend/ hielt &#x017F;ich zahm und gehor&#x017F;am/ ließ &#x017F;ich lenken un&#x0303;<lb/>
kehren nach allem Wink/ und rante &#x017F;ie wie ein Pfeil auff dem&#x017F;elben hin und wieder/ biß es<lb/>
zimlich ermu&#x0364;det war/ daher Ladi&#x017F;la von neuen gedachte/ es mu&#x0364;&#x017F;te ohn zweifel &#x017F;eine Schwe-<lb/>
&#x017F;ter &#x017F;eyn/ Gott ga&#x0364;be/ wie &#x017F;ie auch unvermerket von der Schaubühne kommen wa&#x0364;hre/ und<lb/>
mit der ihm wolbekanten Farbe &#x017F;ich ver&#x017F;tellet ha&#x0364;tte. Arbianes wankete auch/ und ha&#x0364;tte &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;chier erku&#x0364;hnet/ Groß Fu&#x0364;r&#x017F;ten Herkules &#x017F;eine Meinung zuentdecken/ hielt aber doch inne/<lb/>
aus furcht/ &#x017F;ie zubeleidigen/ da &#x017F;ie es wa&#x0364;hre. Endlich ergriff &#x017F;ie ein unge&#x017F;atteltes doch ge-<lb/>
za&#x0364;umetes &#x017F;ehr unbendiges Pferd/ &#x017F;prengete damit hin und her/ und tummelte &#x017F;ich recht-<lb/>
&#x017F;chaffen/ klemmete &#x017F;ich auch mit den Beinen &#x017F;o fe&#x017F;te darauff/ daß &#x017F;ie keinen Wank taht/ un-<lb/>
geachtet das Pferd nur immer &#x017F;ich bemu&#x0364;hete/ &#x017F;ie abzuwerffen; welches dem Ka&#x0364;y&#x017F;er und<lb/>
andern Ro&#x0364;mern/ als eine unbekante u&#x0364;bung fremd vorkam/ und &#x017F;ehr zweifelten/ ob auch ih-<lb/>
rer Leute einer &#x017F;olches wagen du&#x0364;rffte; wie &#x017F;ie dann in Warheit &#x017F;ich de&#x017F;&#x017F;en alle enthielten;<lb/>
aber die Fu&#x0364;r&#x017F;ten inge&#x017F;amt braucheten &#x017F;ich in die&#x017F;er unge&#x017F;attelten Renne Schule &#x017F;ehr wol/<lb/>
daß keiner dem andern nachgab. Nach Vollendung die&#x017F;er u&#x0364;bung/ welche anderthalb &#x017F;tun-<lb/>
den wehrete/ nam die Amazonin ein Speer zum Ringelrennen/ taht den er&#x017F;ten Rit auff ih-<lb/>
rem Schecken/ und nam den Ring artig hinweg. Herkules und Ladi&#x017F;la tahten desgleiche&#x0303;;<lb/>
Baldrich &#x017F;tach ein wenig zu hoch. Siegward traff. Arbianes und die u&#x0364;brigen alle fehleten<lb/>
zum er&#x017F;ten mahl/ ohn Skaurus brachte ihn davon. Nach die&#x017F;em ward noch 20 mahl um-<lb/>
ge&#x017F;tochen/ da die Amazonin und Herkules kein mahl; Ladi&#x017F;la einmahl; Baldrich und Ar-<lb/>
bianes viermahl; Siegward dreymahl/ wie auch Skaurus; die u&#x0364;brigen offter fehl &#x017F;tache&#x0303;.<lb/>
Sie ha&#x0364;tten gerne noch etliche Ritte getahn/ aber weil die Sonne &#x017F;chon hoch &#x017F;tund ward<lb/>
auch die&#x017F;e u&#x0364;bung aufgeruffen; daher nam die Amazonin ihr &#x017F;tumpfes Schwert zur hand/<lb/>
und foderte anfangs Herrn Skaurus aus/ mit dem &#x017F;ie drey zierliche Ga&#x0364;nge hielt/ ihm auch<lb/>
eines über die linke Schulter und das rechte Bein anbrachte/ da er &#x017F;ie doch nicht treffen<lb/>
kunte. O nun verzweifele ich an allen u&#x0364;brigen Ro&#x0364;mern/ fing der Ka&#x0364;y&#x017F;er an/ nachdem mein<lb/>
Skaurus/ der &#x017F;eines gleichen in Rom nicht hat/ den ku&#x0364;rzern zihen muß; kan auch nimmer-<lb/>
mehr nicht gla&#x0364;uben/ daß &#x017F;ein Gegener ein Weibesbild &#x017F;ey; aber was vor ein treflicher A-<lb/>
chilles muß doch immermehr unter die&#x017F;em Amazoni&#x017F;chen Kleide verborgen liegen? Der<lb/>
Teut&#x017F;chen Fu&#x0364;r&#x017F;ten i&#x017F;t es ja keiner/ als die ich alle vor mir in der u&#x0364;bung &#x017F;ehe; i&#x017F;t demnach nit<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">g g g iij</fw><fw place="bottom" type="catch">anders/</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[421/0427] Sechſtes Buch. ſes Pferd ihr nicht zugetrauet/ da ſie es doch ungleich tapfferer und witziger als alle meine Bereiter/ getummelt hat. Gleich da ſahe er/ daß ſie im vollen rennen herunter ſprang/ und ſich gegen die anweſende hoͤflich neigete. Herkules nam eben daſſelbe Pferd/ und machte ihr alles genaue nach was ſie hatte ſehen laſſen/ ließ auch einsmahls ſeinen Huet mit gu- tem Willen auff die Erde fallen/ und hueb ihn mit ſeinem Staͤblein in vollem rennen auff. Ladiſla und die drey Fuͤrſten tahten auch ihr beſtes/ aber an die Amazonin und Herkules kahmen ſie nicht. Die Roͤmiſchen Ritter verzageten alsbald/ hieſelbſt Ehre zugewinnen/ haͤtten viel lieber weit davon ſeyn moͤgen; aber ehrenhalben muſten ſie mit machen/ da der junge Pupienus ſich vor andern wol hielt. Als der junge Sulpitius in ſeiner uͤbung war/ ſihet die Amazonin Herkules aͤdlen Blaͤnken ſtehen/ der von vier Dienern gehalten ward/ bedachte ſich/ ob Verdacht zumeiden/ ſie ihn unbeſchritten ſolte laſſen/ und ließ ſich endlich durch Begierde reizen/ daß ſie hinzu trat/ den Zaum ergrif/ und ſehr gerade hinauf ſprang. Das Pferd ſeinen erſten Reuter kennend/ hielt ſich zahm und gehorſam/ ließ ſich lenken uñ kehren nach allem Wink/ und rante ſie wie ein Pfeil auff demſelben hin und wieder/ biß es zimlich ermuͤdet war/ daher Ladiſla von neuen gedachte/ es muͤſte ohn zweifel ſeine Schwe- ſter ſeyn/ Gott gaͤbe/ wie ſie auch unvermerket von der Schaubühne kommen waͤhre/ und mit der ihm wolbekanten Farbe ſich verſtellet haͤtte. Arbianes wankete auch/ und haͤtte ſich ſchier erkuͤhnet/ Groß Fuͤrſten Herkules ſeine Meinung zuentdecken/ hielt aber doch inne/ aus furcht/ ſie zubeleidigen/ da ſie es waͤhre. Endlich ergriff ſie ein ungeſatteltes doch ge- zaͤumetes ſehr unbendiges Pferd/ ſprengete damit hin und her/ und tummelte ſich recht- ſchaffen/ klemmete ſich auch mit den Beinen ſo feſte darauff/ daß ſie keinen Wank taht/ un- geachtet das Pferd nur immer ſich bemuͤhete/ ſie abzuwerffen; welches dem Kaͤyſer und andern Roͤmern/ als eine unbekante uͤbung fremd vorkam/ und ſehr zweifelten/ ob auch ih- rer Leute einer ſolches wagen duͤrffte; wie ſie dann in Warheit ſich deſſen alle enthielten; aber die Fuͤrſten ingeſamt braucheten ſich in dieſer ungeſattelten Renne Schule ſehr wol/ daß keiner dem andern nachgab. Nach Vollendung dieſer uͤbung/ welche anderthalb ſtun- den wehrete/ nam die Amazonin ein Speer zum Ringelrennen/ taht den erſten Rit auff ih- rem Schecken/ und nam den Ring artig hinweg. Herkules und Ladiſla tahten desgleichẽ; Baldrich ſtach ein wenig zu hoch. Siegward traff. Arbianes und die uͤbrigen alle fehleten zum erſten mahl/ ohn Skaurus brachte ihn davon. Nach dieſem ward noch 20 mahl um- geſtochen/ da die Amazonin und Herkules kein mahl; Ladiſla einmahl; Baldrich und Ar- bianes viermahl; Siegward dreymahl/ wie auch Skaurus; die uͤbrigen offter fehl ſtachẽ. Sie haͤtten gerne noch etliche Ritte getahn/ aber weil die Sonne ſchon hoch ſtund ward auch dieſe uͤbung aufgeruffen; daher nam die Amazonin ihr ſtumpfes Schwert zur hand/ und foderte anfangs Herrn Skaurus aus/ mit dem ſie drey zierliche Gaͤnge hielt/ ihm auch eines über die linke Schulter und das rechte Bein anbrachte/ da er ſie doch nicht treffen kunte. O nun verzweifele ich an allen uͤbrigen Roͤmern/ fing der Kaͤyſer an/ nachdem mein Skaurus/ der ſeines gleichen in Rom nicht hat/ den kuͤrzern zihen muß; kan auch nimmer- mehr nicht glaͤuben/ daß ſein Gegener ein Weibesbild ſey; aber was vor ein treflicher A- chilles muß doch immermehr unter dieſem Amazoniſchen Kleide verborgen liegen? Der Teutſchen Fuͤrſten iſt es ja keiner/ als die ich alle vor mir in der uͤbung ſehe; iſt demnach nit anders/ g g g iij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/427
Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/427>, abgerufen am 02.05.2024.