Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

Bild:
<< vorherige Seite

Siebendes Buch.
Metze/ es wird dir wol gleich seyn/ ob du bey dem Rein oder bey der Elbe das Brod frissest;
hätte ich dir dieses nicht auff solche weise beygebracht/ würdestu dich in meine Dienste nit
eingelassen haben; hastu aber an der Elbe etwas Bettel-Erbschafft zugewarten/ kan dein
Baurflegel immer hinlauffen/ und es einfodern; du aber must bey mir bleiben/ und meine
Tochter im nähen unterweisen/ wovor du gebührlich in Speise und Trank solt gehalten
werden/ wie ich dann wol weiß/ was Mägden gebühret/ daß sie nicht Hungers sterben/
noch zu freche werden; und ist wol deine vorige Frau die rechte gewesen/ daß sie dir jungen
halbgewachsenen Balg das heyrahten schon gegönnet hat/ darzu du noch über 10 und mehr
Jahren früh gnug kommen währest; sie wird gewiß nicht gewust haben/ wie man sich der
Mägde mit Nuz gebrauchen sol. Das Fräulein zitterte vor Angst/ aber Wolffgang/ der
alles hörete/ und die Gefahr besser als sie betrachtete/ sagte zu ihr: Gebet euch zufrieden/
liebe Armgart/ ihr habt Gott Lob eine gute Fraubekommen/ bey welcher ihr wol werdet le-
ben können/ weil es Gott versehen/ daß wir in diesem Lande wohnen/ und unser Brod ver-
dienen sollen; es ist ohndas mit unser Reise nach dem Elbstrohme so eilig nicht; ich wil
euch vorerst ein Viertel Jahr in dieses Herrn Dienste Geselschafft leisten/ und hernach zu
euren Verwanten reisen; Und wann gleich dieser Herr meiner Dienste nicht benöhtiget
ist/ wil ich doch wol Arbeit finden/ daß ich mich ernähre/ nachdem ich vor euch nicht sorgen
darff. Das Fräulein begriff sich darauff alsbald/ stellete sich frölich/ und antwortete ihm:
Wol wol/ wann ihrs so vor gut ansehet/ wil ich auch zufrieden seyn/ vielleicht gefält mirs
bey dieser meiner Frauen also/ daß ich in viel Jahren nicht begehre von ihr zuscheiden. Ja
hältestu dich from/ fleissig und geträu/ sagte sie/ so wil ich dich hernähst befodern/ daß du ü-
ber mein Gesinde Altfrau seyn solt. Welches erbieten das Fräulein mit grosser Danksagung
annam. Sie hatten etliche Tagereisen hinter Köln ihr adeliches Gut/ und als sie daselbst
ankahmen/ muste das Fräulein die erste Stunde das Nähezeug hervor nehmen; da sie
dann alles/ umb Verdacht zumeiden/ auffs beste und schleunigste verfertigte; nur baht sie/
ihre Frau möchte ihr die überbliebenen Speisen von ihrem Tische zuessen geben/ sie wolte
sich an gar wenigem genügen lassen/ wann sie nur was verdauliches hätte; dann ihr Ma-
gen währe gar schwach/ daß sie die grobe Kost nicht vertragen könte. Aber sie durffte umb
ein weniges nicht bitten/ das filzige Weib gab ihr wenig gnung/ und hätte sie des Hungers
verschmachten müssen/ wann nicht die Tochter/ die ihr sehr geneigt wahr/ ihr bißweilen et-
was heimlich zugestecket hätte; welches ihr aber die gottlose Mutter endlich verboht/ und
Wolffgang es doch reichlich erstattete/ welcher alles/ was er an Lohn verdienete/ an gute
Bißlein legete/ und ihr solches zutrug; daher sie sich desto weniger umb Unterhalt beküm-
merte/ und nur geflissen wahr/ wie sie ihrer Frauen gute Gunst erlangen möchte/ welche
sich sehr hart gegen sie bezeigete/ und fast täglich eine ursach vom Zaune brach/ mit Ohrfei-
gen/ daß das Nasebluten drauff folgete/ sie anzugreiffen/ welches sie geduldig verschmerze-
te/ und in beständiger Hoffnung zu ihrem Gott verblieb/ derselbe würde sie mit den Augen
seiner Barmherzigkeit ansehen/ und die Schmach von ihr nehmen. Sonsten hielten die
drey Töchter sie so lieb und wert/ daß sie nimmer von ihr weg wolten/ und die Nähekunst in
kurzer Zeit zimlich von ihr fasseten/ trugen ihr insonderheit ein verborgenes Trinkgeschir
mit Wein zu/ damit nicht von dem blossen Wasser und sauren Kofend ihr Magen gar ver-

dürbe.
o o o o

Siebendes Buch.
Metze/ es wird dir wol gleich ſeyn/ ob du bey dem Rein oder bey der Elbe das Brod friſſeſt;
haͤtte ich dir dieſes nicht auff ſolche weiſe beygebracht/ wuͤrdeſtu dich in meine Dienſte nit
eingelaſſen haben; haſtu aber an der Elbe etwas Bettel-Erbſchafft zugewarten/ kan dein
Baurflegel immer hinlauffen/ und es einfodern; du aber muſt bey mir bleiben/ und meine
Tochter im naͤhen unterweiſen/ wovor du gebuͤhrlich in Speiſe und Trank ſolt gehalten
werden/ wie ich dann wol weiß/ was Maͤgden gebuͤhret/ daß ſie nicht Hungers ſterben/
noch zu freche werden; und iſt wol deine vorige Frau die rechte geweſen/ daß ſie dir jungen
halbgewachſenen Balg das heyrahten ſchon gegoͤnnet hat/ darzu du noch uͤber 10 uñ mehꝛ
Jahren fruͤh gnug kommen waͤhreſt; ſie wird gewiß nicht gewuſt haben/ wie man ſich der
Maͤgde mit Nuz gebrauchen ſol. Das Fraͤulein zitterte vor Angſt/ aber Wolffgang/ der
alles hoͤrete/ und die Gefahr beſſer als ſie betrachtete/ ſagte zu ihr: Gebet euch zufrieden/
liebe Armgart/ ihr habt Gott Lob eine gute Fraubekommen/ bey welcher ihr wol werdet le-
ben koͤnnen/ weil es Gott verſehen/ daß wir in dieſem Lande wohnen/ und unſer Brod ver-
dienen ſollen; es iſt ohndas mit unſer Reiſe nach dem Elbſtrohme ſo eilig nicht; ich wil
euch vorerſt ein Viertel Jahr in dieſes Herrn Dienſte Geſelſchafft leiſten/ und hernach zu
euren Verwanten reiſen; Und wann gleich dieſer Herr meiner Dienſte nicht benoͤhtiget
iſt/ wil ich doch wol Arbeit finden/ daß ich mich ernaͤhre/ nachdem ich vor euch nicht ſorgẽ
darff. Das Fraͤulein begriff ſich darauff alsbald/ ſtellete ſich froͤlich/ und antwortete ihm:
Wol wol/ wann ihrs ſo vor gut anſehet/ wil ich auch zufrieden ſeyn/ vielleicht gefaͤlt mirs
bey dieſer meiner Frauen alſo/ daß ich in viel Jahren nicht begehre von ihr zuſcheiden. Ja
haͤlteſtu dich from/ fleiſſig und getraͤu/ ſagte ſie/ ſo wil ich dich hernaͤhſt befodern/ daß du uͤ-
ber mein Geſinde Altfrau ſeyn ſolt. Welches erbietẽ das Fraͤulein mit groſſer Dankſagung
annam. Sie hatten etliche Tagereiſen hinter Koͤln ihr adeliches Gut/ und als ſie daſelbſt
ankahmen/ muſte das Fraͤulein die erſte Stunde das Naͤhezeug hervor nehmen; da ſie
dann alles/ umb Verdacht zumeidẽ/ auffs beſte und ſchleunigſte verfertigte; nur baht ſie/
ihre Frau moͤchte ihr die uͤberbliebenen Speiſen von ihrem Tiſche zueſſen geben/ ſie wolte
ſich an gar wenigem genuͤgen laſſen/ wann ſie nur was verdauliches haͤtte; dann ihr Ma-
gen waͤhre gar ſchwach/ daß ſie die grobe Koſt nicht vertragen koͤnte. Aber ſie durffte umb
ein weniges nicht bitten/ das filzige Weib gab ihr wenig gnung/ und haͤtte ſie des Hungers
verſchmachten muͤſſen/ wann nicht die Tochter/ die ihr ſehr geneigt wahr/ ihr bißweilen et-
was heimlich zugeſtecket haͤtte; welches ihr aber die gottloſe Mutter endlich verboht/ und
Wolffgang es doch reichlich erſtattete/ welcher alles/ was er an Lohn verdienete/ an gute
Bißlein legete/ und ihr ſolches zutrug; daher ſie ſich deſto weniger umb Unterhalt bekuͤm-
merte/ und nur gefliſſen wahr/ wie ſie ihrer Frauen gute Gunſt erlangen moͤchte/ welche
ſich ſehr hart gegen ſie bezeigete/ und faſt taͤglich eine urſach vom Zaune brach/ mit Ohrfei-
gen/ daß das Naſebluten drauff folgete/ ſie anzugreiffen/ welches ſie geduldig verſchmerze-
te/ und in beſtaͤndiger Hoffnung zu ihrem Gott verblieb/ derſelbe wuͤrde ſie mit den Augen
ſeiner Barmherzigkeit anſehen/ und die Schmach von ihr nehmen. Sonſten hielten die
drey Toͤchter ſie ſo lieb und wert/ daß ſie nimmer von ihr weg wolten/ und die Naͤhekunſt in
kurzer Zeit zimlich von ihr faſſeten/ trugen ihr inſonderheit ein verborgenes Trinkgeſchir
mit Wein zu/ damit nicht von dem bloſſen Waſſer und ſauren Kofend ihr Magen gar veꝛ-

duͤrbe.
o o o o
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0663" n="657"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Siebendes Buch.</hi></fw><lb/>
Metze/ es wird dir wol gleich &#x017F;eyn/ ob du bey dem Rein oder bey der Elbe das Brod fri&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t;<lb/>
ha&#x0364;tte ich dir die&#x017F;es nicht auff &#x017F;olche wei&#x017F;e beygebracht/ wu&#x0364;rde&#x017F;tu dich in meine Dien&#x017F;te nit<lb/>
eingela&#x017F;&#x017F;en haben; ha&#x017F;tu aber an der Elbe etwas Bettel-Erb&#x017F;chafft zugewarten/ kan dein<lb/>
Baurflegel immer hinlauffen/ und es einfodern; du aber mu&#x017F;t bey mir bleiben/ und meine<lb/>
Tochter im na&#x0364;hen unterwei&#x017F;en/ wovor du gebu&#x0364;hrlich in Spei&#x017F;e und Trank &#x017F;olt gehalten<lb/>
werden/ wie ich dann wol weiß/ was Ma&#x0364;gden gebu&#x0364;hret/ daß &#x017F;ie nicht Hungers &#x017F;terben/<lb/>
noch zu freche werden; und i&#x017F;t wol deine vorige Frau die rechte gewe&#x017F;en/ daß &#x017F;ie dir jungen<lb/>
halbgewach&#x017F;enen Balg das heyrahten &#x017F;chon gego&#x0364;nnet hat/ darzu du noch u&#x0364;ber 10 un&#x0303; meh&#xA75B;<lb/>
Jahren fru&#x0364;h gnug kommen wa&#x0364;hre&#x017F;t; &#x017F;ie wird gewiß nicht gewu&#x017F;t haben/ wie man &#x017F;ich der<lb/>
Ma&#x0364;gde mit Nuz gebrauchen &#x017F;ol. Das Fra&#x0364;ulein zitterte vor Ang&#x017F;t/ aber Wolffgang/ der<lb/>
alles ho&#x0364;rete/ und die Gefahr be&#x017F;&#x017F;er als &#x017F;ie betrachtete/ &#x017F;agte zu ihr: Gebet euch zufrieden/<lb/>
liebe Armgart/ ihr habt Gott Lob eine gute Fraubekommen/ bey welcher ihr wol werdet le-<lb/>
ben ko&#x0364;nnen/ weil es Gott ver&#x017F;ehen/ daß wir in die&#x017F;em Lande wohnen/ und un&#x017F;er Brod ver-<lb/>
dienen &#x017F;ollen; es i&#x017F;t ohndas mit un&#x017F;er Rei&#x017F;e nach dem Elb&#x017F;trohme &#x017F;o eilig nicht; ich wil<lb/>
euch vorer&#x017F;t ein Viertel Jahr in die&#x017F;es Herrn Dien&#x017F;te Ge&#x017F;el&#x017F;chafft lei&#x017F;ten/ und hernach zu<lb/>
euren Verwanten rei&#x017F;en; Und wann gleich die&#x017F;er Herr meiner Dien&#x017F;te nicht beno&#x0364;htiget<lb/>
i&#x017F;t/ wil ich doch wol Arbeit finden/ daß ich mich erna&#x0364;hre/ nachdem ich vor euch nicht &#x017F;orge&#x0303;<lb/>
darff. Das Fra&#x0364;ulein begriff &#x017F;ich darauff alsbald/ &#x017F;tellete &#x017F;ich fro&#x0364;lich/ und antwortete ihm:<lb/>
Wol wol/ wann ihrs &#x017F;o vor gut an&#x017F;ehet/ wil ich auch zufrieden &#x017F;eyn/ vielleicht gefa&#x0364;lt mirs<lb/>
bey die&#x017F;er meiner Frauen al&#x017F;o/ daß ich in viel Jahren nicht begehre von ihr zu&#x017F;cheiden. Ja<lb/>
ha&#x0364;lte&#x017F;tu dich from/ flei&#x017F;&#x017F;ig und getra&#x0364;u/ &#x017F;agte &#x017F;ie/ &#x017F;o wil ich dich herna&#x0364;h&#x017F;t befodern/ daß du u&#x0364;-<lb/>
ber mein Ge&#x017F;inde Altfrau &#x017F;eyn &#x017F;olt. Welches erbiete&#x0303; das Fra&#x0364;ulein mit gro&#x017F;&#x017F;er Dank&#x017F;agung<lb/>
annam. Sie hatten etliche Tagerei&#x017F;en hinter Ko&#x0364;ln ihr adeliches Gut/ und als &#x017F;ie da&#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
ankahmen/ mu&#x017F;te das Fra&#x0364;ulein die er&#x017F;te Stunde das Na&#x0364;hezeug hervor nehmen; da &#x017F;ie<lb/>
dann alles/ umb Verdacht zumeide&#x0303;/ auffs be&#x017F;te und &#x017F;chleunig&#x017F;te verfertigte; nur baht &#x017F;ie/<lb/>
ihre Frau mo&#x0364;chte ihr die u&#x0364;berbliebenen Spei&#x017F;en von ihrem Ti&#x017F;che zue&#x017F;&#x017F;en geben/ &#x017F;ie wolte<lb/>
&#x017F;ich an gar wenigem genu&#x0364;gen la&#x017F;&#x017F;en/ wann &#x017F;ie nur was verdauliches ha&#x0364;tte; dann ihr Ma-<lb/>
gen wa&#x0364;hre gar &#x017F;chwach/ daß &#x017F;ie die grobe Ko&#x017F;t nicht vertragen ko&#x0364;nte. Aber &#x017F;ie durffte umb<lb/>
ein weniges nicht bitten/ das filzige Weib gab ihr wenig gnung/ und ha&#x0364;tte &#x017F;ie des Hungers<lb/>
ver&#x017F;chmachten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ wann nicht die Tochter/ die ihr &#x017F;ehr geneigt wahr/ ihr bißweilen et-<lb/>
was heimlich zuge&#x017F;tecket ha&#x0364;tte; welches ihr aber die gottlo&#x017F;e Mutter endlich verboht/ und<lb/>
Wolffgang es doch reichlich er&#x017F;tattete/ welcher alles/ was er an Lohn verdienete/ an gute<lb/>
Bißlein legete/ und ihr &#x017F;olches zutrug; daher &#x017F;ie &#x017F;ich de&#x017F;to weniger umb Unterhalt beku&#x0364;m-<lb/>
merte/ und nur gefli&#x017F;&#x017F;en wahr/ wie &#x017F;ie ihrer Frauen gute Gun&#x017F;t erlangen mo&#x0364;chte/ welche<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;ehr hart gegen &#x017F;ie bezeigete/ und fa&#x017F;t ta&#x0364;glich eine ur&#x017F;ach vom Zaune brach/ mit Ohrfei-<lb/>
gen/ daß das Na&#x017F;ebluten drauff folgete/ &#x017F;ie anzugreiffen/ welches &#x017F;ie geduldig ver&#x017F;chmerze-<lb/>
te/ und in be&#x017F;ta&#x0364;ndiger Hoffnung zu ihrem Gott verblieb/ der&#x017F;elbe wu&#x0364;rde &#x017F;ie mit den Augen<lb/>
&#x017F;einer Barmherzigkeit an&#x017F;ehen/ und die Schmach von ihr nehmen. Son&#x017F;ten hielten die<lb/>
drey To&#x0364;chter &#x017F;ie &#x017F;o lieb und wert/ daß &#x017F;ie nimmer von ihr weg wolten/ und die Na&#x0364;hekun&#x017F;t in<lb/>
kurzer Zeit zimlich von ihr fa&#x017F;&#x017F;eten/ trugen ihr in&#x017F;onderheit ein verborgenes Trinkge&#x017F;chir<lb/>
mit Wein zu/ damit nicht von dem blo&#x017F;&#x017F;en Wa&#x017F;&#x017F;er und &#x017F;auren Kofend ihr Magen gar ve&#xA75B;-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">o o o o</fw><fw place="bottom" type="catch">du&#x0364;rbe.</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[657/0663] Siebendes Buch. Metze/ es wird dir wol gleich ſeyn/ ob du bey dem Rein oder bey der Elbe das Brod friſſeſt; haͤtte ich dir dieſes nicht auff ſolche weiſe beygebracht/ wuͤrdeſtu dich in meine Dienſte nit eingelaſſen haben; haſtu aber an der Elbe etwas Bettel-Erbſchafft zugewarten/ kan dein Baurflegel immer hinlauffen/ und es einfodern; du aber muſt bey mir bleiben/ und meine Tochter im naͤhen unterweiſen/ wovor du gebuͤhrlich in Speiſe und Trank ſolt gehalten werden/ wie ich dann wol weiß/ was Maͤgden gebuͤhret/ daß ſie nicht Hungers ſterben/ noch zu freche werden; und iſt wol deine vorige Frau die rechte geweſen/ daß ſie dir jungen halbgewachſenen Balg das heyrahten ſchon gegoͤnnet hat/ darzu du noch uͤber 10 uñ mehꝛ Jahren fruͤh gnug kommen waͤhreſt; ſie wird gewiß nicht gewuſt haben/ wie man ſich der Maͤgde mit Nuz gebrauchen ſol. Das Fraͤulein zitterte vor Angſt/ aber Wolffgang/ der alles hoͤrete/ und die Gefahr beſſer als ſie betrachtete/ ſagte zu ihr: Gebet euch zufrieden/ liebe Armgart/ ihr habt Gott Lob eine gute Fraubekommen/ bey welcher ihr wol werdet le- ben koͤnnen/ weil es Gott verſehen/ daß wir in dieſem Lande wohnen/ und unſer Brod ver- dienen ſollen; es iſt ohndas mit unſer Reiſe nach dem Elbſtrohme ſo eilig nicht; ich wil euch vorerſt ein Viertel Jahr in dieſes Herrn Dienſte Geſelſchafft leiſten/ und hernach zu euren Verwanten reiſen; Und wann gleich dieſer Herr meiner Dienſte nicht benoͤhtiget iſt/ wil ich doch wol Arbeit finden/ daß ich mich ernaͤhre/ nachdem ich vor euch nicht ſorgẽ darff. Das Fraͤulein begriff ſich darauff alsbald/ ſtellete ſich froͤlich/ und antwortete ihm: Wol wol/ wann ihrs ſo vor gut anſehet/ wil ich auch zufrieden ſeyn/ vielleicht gefaͤlt mirs bey dieſer meiner Frauen alſo/ daß ich in viel Jahren nicht begehre von ihr zuſcheiden. Ja haͤlteſtu dich from/ fleiſſig und getraͤu/ ſagte ſie/ ſo wil ich dich hernaͤhſt befodern/ daß du uͤ- ber mein Geſinde Altfrau ſeyn ſolt. Welches erbietẽ das Fraͤulein mit groſſer Dankſagung annam. Sie hatten etliche Tagereiſen hinter Koͤln ihr adeliches Gut/ und als ſie daſelbſt ankahmen/ muſte das Fraͤulein die erſte Stunde das Naͤhezeug hervor nehmen; da ſie dann alles/ umb Verdacht zumeidẽ/ auffs beſte und ſchleunigſte verfertigte; nur baht ſie/ ihre Frau moͤchte ihr die uͤberbliebenen Speiſen von ihrem Tiſche zueſſen geben/ ſie wolte ſich an gar wenigem genuͤgen laſſen/ wann ſie nur was verdauliches haͤtte; dann ihr Ma- gen waͤhre gar ſchwach/ daß ſie die grobe Koſt nicht vertragen koͤnte. Aber ſie durffte umb ein weniges nicht bitten/ das filzige Weib gab ihr wenig gnung/ und haͤtte ſie des Hungers verſchmachten muͤſſen/ wann nicht die Tochter/ die ihr ſehr geneigt wahr/ ihr bißweilen et- was heimlich zugeſtecket haͤtte; welches ihr aber die gottloſe Mutter endlich verboht/ und Wolffgang es doch reichlich erſtattete/ welcher alles/ was er an Lohn verdienete/ an gute Bißlein legete/ und ihr ſolches zutrug; daher ſie ſich deſto weniger umb Unterhalt bekuͤm- merte/ und nur gefliſſen wahr/ wie ſie ihrer Frauen gute Gunſt erlangen moͤchte/ welche ſich ſehr hart gegen ſie bezeigete/ und faſt taͤglich eine urſach vom Zaune brach/ mit Ohrfei- gen/ daß das Naſebluten drauff folgete/ ſie anzugreiffen/ welches ſie geduldig verſchmerze- te/ und in beſtaͤndiger Hoffnung zu ihrem Gott verblieb/ derſelbe wuͤrde ſie mit den Augen ſeiner Barmherzigkeit anſehen/ und die Schmach von ihr nehmen. Sonſten hielten die drey Toͤchter ſie ſo lieb und wert/ daß ſie nimmer von ihr weg wolten/ und die Naͤhekunſt in kurzer Zeit zimlich von ihr faſſeten/ trugen ihr inſonderheit ein verborgenes Trinkgeſchir mit Wein zu/ damit nicht von dem bloſſen Waſſer und ſauren Kofend ihr Magen gar veꝛ- duͤrbe. o o o o

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/663
Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 657. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/663>, abgerufen am 31.05.2024.