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Buri, Maximilian von: Ueber Causalität und deren Verantwortung. Leipzig, 1873.

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Begriff dahin mutirt, daß der Thäter die Ausführungs-
handlung unternehme. Aber was unter einer Ausführungs-
handlung im Gegensatz zu einer Unterstützungshandlung, die
dem Gehülfen zufallen soll, zu verstehen sei, ob man es hier
mit einem subjectiven oder objectiven Begriff zu thun habe,
ob ein Erfolg nur eine (Haupthandlung) oder mehrere solcher
Ausführungshandlungen aufzeigen könne -- über das Alles
erfährt man nichts. Und es ist jedenfalls kein sonderlicher
Trost für die Praxis, wenn sich Sch. hier damit beruhigt (§. 47
N. 4), sie werde sich schon in dem einzelnen Falle zu helfen
wissen. Meiner Ansicht nach ist jede mitwirksame Handlung
eine den Erfolg ausführende Handlung -- also eine Aus-
führungshandlung. -- Von dem Gehülfen meint Sch. S. 158,
es falle demselben ein minder großer, der Selbstbegehung
(des Thäters) nicht gleichkommender Ursachantheil zur Last.
Aber man weiß nicht, was unter Selbstbegehung verstanden
werden soll, und wird mit dieser Unterscheidung auf das alte
Criterium von Haupt- und Nebenursachen zurückgeworfen.
Darum erklärt es sich auch nicht, warum Sch. die Eintheilung
der Beihülfe in wesentliche und außerwesentliche verwirft. --
Mitthäter ist derjenige, welcher als Thäter mit einem
andern Thäter in gemeinsamem Bewußtsein und Willen die
Ausführungshandlung unternommen hat. Wenn Mehrere
die Ausführungshandlung unternommen haben, so fällt an
und für sich dem Einzelnen nur ein Theil dieser Handlung
zu. Das gemeinsame Bewußtsein und Wollen soll also --
wie das möglich ist, wird nicht erklärt -- die Vereinigung
der einzelnen Thatantheile der Ausführungshandlung auf
jeden Einzelnen bewerkstelligen. Warum aber in der Definition
gesagt wird "als Thäter", ist unverständlich, wenn nicht
hiermit auf ein weiteres, subjectives, Erforderniß hingewiesen
werden soll. Denn wer die Ausführungshandlung unter-

Begriff dahin mutirt, daß der Thäter die Ausführungs-
handlung unternehme. Aber was unter einer Ausführungs-
handlung im Gegenſatz zu einer Unterſtützungshandlung, die
dem Gehülfen zufallen ſoll, zu verſtehen ſei, ob man es hier
mit einem ſubjectiven oder objectiven Begriff zu thun habe,
ob ein Erfolg nur eine (Haupthandlung) oder mehrere ſolcher
Ausführungshandlungen aufzeigen könne — über das Alles
erfährt man nichts. Und es iſt jedenfalls kein ſonderlicher
Troſt für die Praxis, wenn ſich Sch. hier damit beruhigt (§. 47
N. 4), ſie werde ſich ſchon in dem einzelnen Falle zu helfen
wiſſen. Meiner Anſicht nach iſt jede mitwirkſame Handlung
eine den Erfolg ausführende Handlung — alſo eine Aus-
führungshandlung. — Von dem Gehülfen meint Sch. S. 158,
es falle demſelben ein minder großer, der Selbſtbegehung
(des Thäters) nicht gleichkommender Urſachantheil zur Laſt.
Aber man weiß nicht, was unter Selbſtbegehung verſtanden
werden ſoll, und wird mit dieſer Unterſcheidung auf das alte
Criterium von Haupt- und Nebenurſachen zurückgeworfen.
Darum erklärt es ſich auch nicht, warum Sch. die Eintheilung
der Beihülfe in weſentliche und außerweſentliche verwirft. —
Mitthäter iſt derjenige, welcher als Thäter mit einem
andern Thäter in gemeinſamem Bewußtſein und Willen die
Ausführungshandlung unternommen hat. Wenn Mehrere
die Ausführungshandlung unternommen haben, ſo fällt an
und für ſich dem Einzelnen nur ein Theil dieſer Handlung
zu. Das gemeinſame Bewußtſein und Wollen ſoll alſo —
wie das möglich iſt, wird nicht erklärt — die Vereinigung
der einzelnen Thatantheile der Ausführungshandlung auf
jeden Einzelnen bewerkſtelligen. Warum aber in der Definition
geſagt wird „als Thäter“, iſt unverſtändlich, wenn nicht
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[111/0115] Begriff dahin mutirt, daß der Thäter die Ausführungs- handlung unternehme. Aber was unter einer Ausführungs- handlung im Gegenſatz zu einer Unterſtützungshandlung, die dem Gehülfen zufallen ſoll, zu verſtehen ſei, ob man es hier mit einem ſubjectiven oder objectiven Begriff zu thun habe, ob ein Erfolg nur eine (Haupthandlung) oder mehrere ſolcher Ausführungshandlungen aufzeigen könne — über das Alles erfährt man nichts. Und es iſt jedenfalls kein ſonderlicher Troſt für die Praxis, wenn ſich Sch. hier damit beruhigt (§. 47 N. 4), ſie werde ſich ſchon in dem einzelnen Falle zu helfen wiſſen. Meiner Anſicht nach iſt jede mitwirkſame Handlung eine den Erfolg ausführende Handlung — alſo eine Aus- führungshandlung. — Von dem Gehülfen meint Sch. S. 158, es falle demſelben ein minder großer, der Selbſtbegehung (des Thäters) nicht gleichkommender Urſachantheil zur Laſt. Aber man weiß nicht, was unter Selbſtbegehung verſtanden werden ſoll, und wird mit dieſer Unterſcheidung auf das alte Criterium von Haupt- und Nebenurſachen zurückgeworfen. Darum erklärt es ſich auch nicht, warum Sch. die Eintheilung der Beihülfe in weſentliche und außerweſentliche verwirft. — Mitthäter iſt derjenige, welcher als Thäter mit einem andern Thäter in gemeinſamem Bewußtſein und Willen die Ausführungshandlung unternommen hat. Wenn Mehrere die Ausführungshandlung unternommen haben, ſo fällt an und für ſich dem Einzelnen nur ein Theil dieſer Handlung zu. Das gemeinſame Bewußtſein und Wollen ſoll alſo — wie das möglich iſt, wird nicht erklärt — die Vereinigung der einzelnen Thatantheile der Ausführungshandlung auf jeden Einzelnen bewerkſtelligen. Warum aber in der Definition geſagt wird „als Thäter“, iſt unverſtändlich, wenn nicht hiermit auf ein weiteres, ſubjectives, Erforderniß hingewieſen werden ſoll. Denn wer die Ausführungshandlung unter-

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Zitationshilfe: Buri, Maximilian von: Ueber Causalität und deren Verantwortung. Leipzig, 1873, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buri_causalitaet_1873/115>, abgerufen am 05.05.2024.