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Buri, Maximilian von: Ueber Causalität und deren Verantwortung. Leipzig, 1873.

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auch zur Anwendung gebracht werden müsse, sollten selbst
zugleich die Criterien für die Anwendbarkeit des §. 257
vorhanden sein, wird zwar bestritten und vielmehr ange-
nommen werden müssen, daß, wenn in dem aus eigenem
Vortheil stattgefundenen Ankauf der gestohlenen oder geraubten
Sache zugleich eine Sicherstellung der Vortheile der That für
den Dieb oder Räuber zu finden ist, §. 257 und beziehungs-
weise §. 258 Abs. 2 zur Anwendung zu kommen hat, weil
es sich eben dann um ein schwereres Verbrechen handelt.
Jmmerhin involvirt es aber doch ein großes Mißverhältniß,
daß, wenn ein solcher eigennütziger Ankauf ohne gleichzeitige
Sicherstellung der Vortheile der That stattfindet, die Strafe
nur Gefängniß beträgt, während, im Falle diese Sicherstellung
concurrirt, nach §. 258 Abs. 2 Zuchthaus erkannt werden
muß.

Es dürfte durch diese Ausführungen der Nachweis
erbracht worden sein, daß die zweite Form der Begünstigung
-- die Sicherstellung der Vortheile der That, in der
Gestalt, in welcher sie das Gesetz, in wesentlicher Ueber-
einstimmung mit der gegenwärtigen Theorie, vorführt, als
ein Verbrechen nicht bezeichnet werden kann, sondern nur
als ein Nebeneinanderstehen einzelner mit Strafe bedrohter
Handlungen. Ein gemeinschaftlich zutreffender Gesichtspunkt
läßt sich auch für diese einzelnen Handlungen nur dann auf-
finden, wenn man sie in ihrer causalen Beziehung zu der zu
Grunde liegenden Rechtsverletzung betrachtet.

Bei den durch strafbare Handlungen angerichteten Rechts-
verletzungen lassen sich zwei Stadien unterscheiden -- die
Entstehung derselben und die Fortdauer derselben. Urheber
und Gehülfen sind durch ihre Thätigkeit von selbst nach
beiden Richtungen hin wirksam, und werden darum auch
dafür bestraft, daß der Verletzte längere Zeit krank und

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auch zur Anwendung gebracht werden müſſe, ſollten ſelbſt
zugleich die Criterien für die Anwendbarkeit des §. 257
vorhanden ſein, wird zwar beſtritten und vielmehr ange-
nommen werden müſſen, daß, wenn in dem aus eigenem
Vortheil ſtattgefundenen Ankauf der geſtohlenen oder geraubten
Sache zugleich eine Sicherſtellung der Vortheile der That für
den Dieb oder Räuber zu finden iſt, §. 257 und beziehungs-
weiſe §. 258 Abſ. 2 zur Anwendung zu kommen hat, weil
es ſich eben dann um ein ſchwereres Verbrechen handelt.
Jmmerhin involvirt es aber doch ein großes Mißverhältniß,
daß, wenn ein ſolcher eigennütziger Ankauf ohne gleichzeitige
Sicherſtellung der Vortheile der That ſtattfindet, die Strafe
nur Gefängniß beträgt, während, im Falle dieſe Sicherſtellung
concurrirt, nach §. 258 Abſ. 2 Zuchthaus erkannt werden
muß.

Es dürfte durch dieſe Ausführungen der Nachweis
erbracht worden ſein, daß die zweite Form der Begünſtigung
— die Sicherſtellung der Vortheile der That, in der
Geſtalt, in welcher ſie das Geſetz, in weſentlicher Ueber-
einſtimmung mit der gegenwärtigen Theorie, vorführt, als
ein Verbrechen nicht bezeichnet werden kann, ſondern nur
als ein Nebeneinanderſtehen einzelner mit Strafe bedrohter
Handlungen. Ein gemeinſchaftlich zutreffender Geſichtspunkt
läßt ſich auch für dieſe einzelnen Handlungen nur dann auf-
finden, wenn man ſie in ihrer cauſalen Beziehung zu der zu
Grunde liegenden Rechtsverletzung betrachtet.

Bei den durch ſtrafbare Handlungen angerichteten Rechts-
verletzungen laſſen ſich zwei Stadien unterſcheiden — die
Entſtehung derſelben und die Fortdauer derſelben. Urheber
und Gehülfen ſind durch ihre Thätigkeit von ſelbſt nach
beiden Richtungen hin wirkſam, und werden darum auch
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[147/0151] auch zur Anwendung gebracht werden müſſe, ſollten ſelbſt zugleich die Criterien für die Anwendbarkeit des §. 257 vorhanden ſein, wird zwar beſtritten und vielmehr ange- nommen werden müſſen, daß, wenn in dem aus eigenem Vortheil ſtattgefundenen Ankauf der geſtohlenen oder geraubten Sache zugleich eine Sicherſtellung der Vortheile der That für den Dieb oder Räuber zu finden iſt, §. 257 und beziehungs- weiſe §. 258 Abſ. 2 zur Anwendung zu kommen hat, weil es ſich eben dann um ein ſchwereres Verbrechen handelt. Jmmerhin involvirt es aber doch ein großes Mißverhältniß, daß, wenn ein ſolcher eigennütziger Ankauf ohne gleichzeitige Sicherſtellung der Vortheile der That ſtattfindet, die Strafe nur Gefängniß beträgt, während, im Falle dieſe Sicherſtellung concurrirt, nach §. 258 Abſ. 2 Zuchthaus erkannt werden muß. Es dürfte durch dieſe Ausführungen der Nachweis erbracht worden ſein, daß die zweite Form der Begünſtigung — die Sicherſtellung der Vortheile der That, in der Geſtalt, in welcher ſie das Geſetz, in weſentlicher Ueber- einſtimmung mit der gegenwärtigen Theorie, vorführt, als ein Verbrechen nicht bezeichnet werden kann, ſondern nur als ein Nebeneinanderſtehen einzelner mit Strafe bedrohter Handlungen. Ein gemeinſchaftlich zutreffender Geſichtspunkt läßt ſich auch für dieſe einzelnen Handlungen nur dann auf- finden, wenn man ſie in ihrer cauſalen Beziehung zu der zu Grunde liegenden Rechtsverletzung betrachtet. Bei den durch ſtrafbare Handlungen angerichteten Rechts- verletzungen laſſen ſich zwei Stadien unterſcheiden — die Entſtehung derſelben und die Fortdauer derſelben. Urheber und Gehülfen ſind durch ihre Thätigkeit von ſelbſt nach beiden Richtungen hin wirkſam, und werden darum auch dafür beſtraft, daß der Verletzte längere Zeit krank und 10*

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Zitationshilfe: Buri, Maximilian von: Ueber Causalität und deren Verantwortung. Leipzig, 1873, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buri_causalitaet_1873/151>, abgerufen am 29.04.2024.