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Calvi, François de: Beutelschneider/ Oder Neue/ warhaffte/ und eigentliche Beschreibung Der Diebs Historien. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1627.

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Beutelschneider/ oder
ster zubesuchen/ vnd derselbigen gemachtes Testa-
ment vnd letzten willen zu erkennen vnd demselbi-
gen genügen zu thun: Wie sie dann nicht anders
meyneten/ als daß er warhafftig gestorben were.
Welches dann ein über alle massen grosser Betrug
ist gewesen: Dann sehet da begeben sich zwo Perso-
nen auff dem Weg/ sie seyn alle beyde noch im
Leben/ vnd meinen sie seyn all beyde/ (einer von dem
andern/) todt vnd gestorben: Ein jeglicher bawet
jhm in seinen Sinn grosse Schlösser inn Spani-
en. Es dencket jeglicher bey sich selber/ wie er es mit
der Erbschafft vnd andern sachen wölle anfangen/
vnnd ist keiner vnter jhnen beyden/ der solchen Be-
trug kan oder wil schmecken.

Aber der jenige/ was noch weiters darauff erfol-
get/ ist noch wunderlicher zu hören. Dann nach dem
es mit deß Charles Destampes seinem Eheweib wi-
derumb etwas besser wurde/ name er jm vor er wol-
te gen Chartres ziehen/ damit er wegen seines Bru-
ders sachen richtigkeit machte/ welcher aber hinge-
gen auch auff seiner seiten sich schon hatte auff den
Weg nach Paris begeben/ damit er dergleichen mit
seines Bruders sachen vornehme vnd thete.

Nun truge es sich zu/ daß der Bruder/ so zu
Chartres wohnete/ sich nicht allein mit seiner Mut-
ter auff den weg machte/ sondern/ weil er entweder
besser beritten ware/ oder weil sie vielleicht einen
halben Tag eher/ als der ander/ sich hatten auff den
Weg gemacht/ kamen sie bey guter Zeit in eine her-
berg/ welche gerad mitten auff den Weg liget/ vnd
weil sie nicht weiter den Tag begehreten zu reysen/

dieweil

Beutelſchneider/ oder
ſter zubeſuchen/ vnd derſelbigen gemachtes Teſta-
ment vnd letzten willen zu erkennen vnd demſelbi-
gen genuͤgen zu thun: Wie ſie dann nicht anders
meyneten/ als daß er warhafftig geſtorben were.
Welches dann ein uͤber alle maſſen groſſer Betrug
iſt geweſen: Dann ſehet da begeben ſich zwo Perſo-
nen auff dem Weg/ ſie ſeyn alle beyde noch im
Leben/ vnd meinen ſie ſeyn all beyde/ (eineꝛ von dem
andern/) todt vnd geſtorben: Ein jeglicher bawet
jhm in ſeinen Sinn groſſe Schloͤſſer inn Spani-
en. Es dencket jeglicher bey ſich ſelber/ wie er es mit
der Erbſchafft vnd andern ſachen woͤlle anfangen/
vnnd iſt keiner vnter jhnen beyden/ der ſolchen Be-
trug kan oder wil ſchmecken.

Aber der jenige/ was noch weiters darauff erfol-
get/ iſt noch wunderlicher zu hoͤren. Dañ nach dem
es mit deß Charles Deſtampes ſeinem Eheweib wi-
derumb etwas beſſer wurde/ name er jm vor er wol-
te gen Chartres ziehen/ damit er wegen ſeines Bꝛu-
ders ſachen richtigkeit machte/ welcher aber hinge-
gen auch auff ſeiner ſeiten ſich ſchon hatte auff den
Weg nach Paꝛis begeben/ damit er deꝛgleichen mit
ſeines Bruders ſachen vornehme vnd thete.

Nun truge es ſich zu/ daß der Bruder/ ſo zu
Chartres wohnete/ ſich nicht allein mit ſeineꝛ Mut-
ter auff den weg machte/ ſondern/ weil er entweder
beſſer beritten ware/ oder weil ſie vielleicht einen
halben Tag eher/ als der ander/ ſich hatten auff den
Weg gemacht/ kamen ſie bey guter Zeit in eine her-
berg/ welche gerad mitten auff den Weg liget/ vnd
weil ſie nicht weiter den Tag begehreten zu reyſen/

dieweil
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[106/0116] Beutelſchneider/ oder ſter zubeſuchen/ vnd derſelbigen gemachtes Teſta- ment vnd letzten willen zu erkennen vnd demſelbi- gen genuͤgen zu thun: Wie ſie dann nicht anders meyneten/ als daß er warhafftig geſtorben were. Welches dann ein uͤber alle maſſen groſſer Betrug iſt geweſen: Dann ſehet da begeben ſich zwo Perſo- nen auff dem Weg/ ſie ſeyn alle beyde noch im Leben/ vnd meinen ſie ſeyn all beyde/ (eineꝛ von dem andern/) todt vnd geſtorben: Ein jeglicher bawet jhm in ſeinen Sinn groſſe Schloͤſſer inn Spani- en. Es dencket jeglicher bey ſich ſelber/ wie er es mit der Erbſchafft vnd andern ſachen woͤlle anfangen/ vnnd iſt keiner vnter jhnen beyden/ der ſolchen Be- trug kan oder wil ſchmecken. Aber der jenige/ was noch weiters darauff erfol- get/ iſt noch wunderlicher zu hoͤren. Dañ nach dem es mit deß Charles Deſtampes ſeinem Eheweib wi- derumb etwas beſſer wurde/ name er jm vor er wol- te gen Chartres ziehen/ damit er wegen ſeines Bꝛu- ders ſachen richtigkeit machte/ welcher aber hinge- gen auch auff ſeiner ſeiten ſich ſchon hatte auff den Weg nach Paꝛis begeben/ damit er deꝛgleichen mit ſeines Bruders ſachen vornehme vnd thete. Nun truge es ſich zu/ daß der Bruder/ ſo zu Chartres wohnete/ ſich nicht allein mit ſeineꝛ Mut- ter auff den weg machte/ ſondern/ weil er entweder beſſer beritten ware/ oder weil ſie vielleicht einen halben Tag eher/ als der ander/ ſich hatten auff den Weg gemacht/ kamen ſie bey guter Zeit in eine her- berg/ welche gerad mitten auff den Weg liget/ vnd weil ſie nicht weiter den Tag begehreten zu reyſen/ dieweil

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Zitationshilfe: Calvi, François de: Beutelschneider/ Oder Neue/ warhaffte/ und eigentliche Beschreibung Der Diebs Historien. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1627, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/calvi_beutelschneider02_1627/116>, abgerufen am 28.04.2024.