Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Calvi, François de: Beutelschneider/ Oder Neue/ warhaffte/ und eigentliche Beschreibung Der Diebs Historien. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1627.

Bild:
<< vorherige Seite

Beutelschneider/ oder
Herrn/ den er jhm mit Nahmen nennete: Der
Gärtner welcher niemals mit Brieffen vnd ande-
rer Sachen halben wahre verschicket worden/ sa-
get/ er wölle sich schon fertig machen/ wann es dem
Herrn gefällig sein werde/ kundte aber jhm nicht
einbilden/ daß sein Herr so eine schreckliche böse
That solte vorgenommen haben: Leget sich auch
darauff so bald zu Bett/ auff daß er deß morgends
desto früher möge auff seyn.

Alß es aber nun gantz stich finster wahre/ nim-
met der vnmenschliche Tyrann auß einer verzweif-
felten Vnsinnigkeit/ ein Dolchen heimlich bey sich/
gehet hin mit seinem Labqueyen in das Gefängnuß
hinein/ da der arme Diener/ welcher den gantzen
langen Tag kein Bissen in sein Leib gebracht hatte/
lage: Nehmen sich an/ sie wollen jhm etwas zu es-
sen vnd zu trincken geben: Aber Aminte nimbt der
Zeit wol in acht/ thut sein Hand in seinen Hosen-
sack nach dem Dolchen zugreiffen/ aber er hel[t]
doch ein darmit: Dann er dencket bey sich selber al-
so: Wann er jhm den Dolch ins Hertz oder in den
Leib hinein stosse/ so werde man das Blut an dem
Ort sehen/ vnd werde dannenhero jederman ein
Argwohn auff jhn haben.

In dem er sich aber also bedencket/ was er doch
seinem Diener vor ein Todt wölle anthun/ damit
er seiner abkomme/ sihet der Diener seinem Herrn in
das Angesicht/ vnd sihet/ daß er gantz schrecklich
außsihet/ daß er wunderliche grillen muß im Kopff
haben vnd ahnet jm/ es werde sein Herr jhme das
Leben nemen: Dann die grosse Finsternuß solcher

Nacht/

Beutelſchneider/ oder
Herꝛn/ den er jhm mit Nahmen nennete: Der
Gaͤrtner welcher niemals mit Brieffen vnd ande-
rer Sachen halben wahre verſchicket worden/ ſa-
get/ er woͤlle ſich ſchon fertig machen/ wann es dem
Herꝛn gefaͤllig ſein werde/ kundte aber jhm nicht
einbilden/ daß ſein Herꝛ ſo eine ſchreckliche boͤſe
That ſolte vorgenommen haben: Leget ſich auch
darauff ſo bald zu Bett/ auff daß er deß morgends
deſto fruͤher moͤge auff ſeyn.

Alß es aber nun gantz ſtich finſter wahre/ nim-
met der vnmenſchliche Tyrann auß einer verzweif-
felten Vnſinnigkeit/ ein Dolchen heimlich bey ſich/
gehet hin mit ſeinem Labqueyen in das Gefaͤngnuß
hinein/ da der arme Diener/ welcher den gantzen
langen Tag kein Biſſen in ſein Leib gebracht hatte/
lage: Nehmen ſich an/ ſie wollen jhm etwas zu eſ-
ſen vnd zu trincken geben: Aber Aminte nimbt der
Zeit wol in acht/ thut ſein Hand in ſeinen Hoſen-
ſack nach dem Dolchen zugreiffen/ aber er hel[t]
doch ein darmit: Dann er dencket bey ſich ſelber al-
ſo: Wann er jhm den Dolch ins Hertz oder in den
Leib hinein ſtoſſe/ ſo werde man das Blut an dem
Ort ſehen/ vnd werde dannenhero jederman ein
Argwohn auff jhn haben.

In dem er ſich aber alſo bedencket/ was er doch
ſeinem Diener vor ein Todt woͤlle anthun/ damit
er ſeiner abkom̃e/ ſihet der Diener ſeinem Herꝛn in
das Angeſicht/ vnd ſihet/ daß er gantz ſchrecklich
außſihet/ daß er wunderliche grillen muß im Kopff
haben vnd ahnet jm/ es werde ſein Herꝛ jhme das
Leben nemen: Dann die groſſe Finſternuß ſolcher

Nacht/
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0148" n="138"/><fw place="top" type="header">Beutel&#x017F;chneider/ oder</fw><lb/>
Her&#xA75B;n/ den er jhm mit Nahmen nennete: Der<lb/>
Ga&#x0364;rtner welcher niemals mit Brieffen vnd ande-<lb/>
rer Sachen halben wahre ver&#x017F;chicket worden/ &#x017F;a-<lb/>
get/ er wo&#x0364;lle &#x017F;ich &#x017F;chon fertig machen/ wann es dem<lb/>
Her&#xA75B;n gefa&#x0364;llig &#x017F;ein werde/ kundte aber jhm nicht<lb/>
einbilden/ daß &#x017F;ein Her&#xA75B; &#x017F;o eine &#x017F;chreckliche bo&#x0364;&#x017F;e<lb/>
That &#x017F;olte vorgenommen haben: Leget &#x017F;ich auch<lb/>
darauff &#x017F;o bald zu Bett/ auff daß er deß morgends<lb/>
de&#x017F;to fru&#x0364;her mo&#x0364;ge auff &#x017F;eyn.</p><lb/>
          <p>Alß es aber nun gantz &#x017F;tich fin&#x017F;ter wahre/ nim-<lb/>
met der vnmen&#x017F;chliche Tyrann auß einer verzweif-<lb/>
felten Vn&#x017F;innigkeit/ ein Dolchen heimlich bey &#x017F;ich/<lb/>
gehet hin mit &#x017F;einem Labqueyen in das Gefa&#x0364;ngnuß<lb/>
hinein/ da der arme Diener/ welcher den gantzen<lb/>
langen Tag kein Bi&#x017F;&#x017F;en in &#x017F;ein Leib gebracht hatte/<lb/>
lage: Nehmen &#x017F;ich an/ &#x017F;ie wollen jhm etwas zu e&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en vnd zu trincken geben: Aber <hi rendition="#aq">Aminte</hi> nimbt der<lb/>
Zeit wol in acht/ thut &#x017F;ein Hand in &#x017F;einen Ho&#x017F;en-<lb/>
&#x017F;ack nach dem Dolchen zugreiffen/ aber er hel<supplied>t</supplied><lb/>
doch ein darmit: Dann er dencket bey &#x017F;ich &#x017F;elber al-<lb/>
&#x017F;o: Wann er jhm den Dolch ins Hertz oder in den<lb/>
Leib hinein &#x017F;to&#x017F;&#x017F;e/ &#x017F;o werde man das Blut an dem<lb/>
Ort &#x017F;ehen/ vnd werde dannenhero jederman ein<lb/>
Argwohn auff jhn haben.</p><lb/>
          <p>In dem er &#x017F;ich aber al&#x017F;o bedencket/ was er doch<lb/>
&#x017F;einem Diener vor ein Todt wo&#x0364;lle anthun/ damit<lb/>
er &#x017F;einer abkom&#x0303;e/ &#x017F;ihet der Diener &#x017F;einem Her&#xA75B;n in<lb/>
das Ange&#x017F;icht/ vnd &#x017F;ihet/ daß er gantz &#x017F;chrecklich<lb/>
auß&#x017F;ihet/ daß er wunderliche grillen muß im Kopff<lb/>
haben vnd ahnet jm/ es werde &#x017F;ein Her&#xA75B; jhme das<lb/>
Leben nemen: Dann die gro&#x017F;&#x017F;e Fin&#x017F;ternuß &#x017F;olcher<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Nacht/</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[138/0148] Beutelſchneider/ oder Herꝛn/ den er jhm mit Nahmen nennete: Der Gaͤrtner welcher niemals mit Brieffen vnd ande- rer Sachen halben wahre verſchicket worden/ ſa- get/ er woͤlle ſich ſchon fertig machen/ wann es dem Herꝛn gefaͤllig ſein werde/ kundte aber jhm nicht einbilden/ daß ſein Herꝛ ſo eine ſchreckliche boͤſe That ſolte vorgenommen haben: Leget ſich auch darauff ſo bald zu Bett/ auff daß er deß morgends deſto fruͤher moͤge auff ſeyn. Alß es aber nun gantz ſtich finſter wahre/ nim- met der vnmenſchliche Tyrann auß einer verzweif- felten Vnſinnigkeit/ ein Dolchen heimlich bey ſich/ gehet hin mit ſeinem Labqueyen in das Gefaͤngnuß hinein/ da der arme Diener/ welcher den gantzen langen Tag kein Biſſen in ſein Leib gebracht hatte/ lage: Nehmen ſich an/ ſie wollen jhm etwas zu eſ- ſen vnd zu trincken geben: Aber Aminte nimbt der Zeit wol in acht/ thut ſein Hand in ſeinen Hoſen- ſack nach dem Dolchen zugreiffen/ aber er helt doch ein darmit: Dann er dencket bey ſich ſelber al- ſo: Wann er jhm den Dolch ins Hertz oder in den Leib hinein ſtoſſe/ ſo werde man das Blut an dem Ort ſehen/ vnd werde dannenhero jederman ein Argwohn auff jhn haben. In dem er ſich aber alſo bedencket/ was er doch ſeinem Diener vor ein Todt woͤlle anthun/ damit er ſeiner abkom̃e/ ſihet der Diener ſeinem Herꝛn in das Angeſicht/ vnd ſihet/ daß er gantz ſchrecklich außſihet/ daß er wunderliche grillen muß im Kopff haben vnd ahnet jm/ es werde ſein Herꝛ jhme das Leben nemen: Dann die groſſe Finſternuß ſolcher Nacht/

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/calvi_beutelschneider02_1627
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/calvi_beutelschneider02_1627/148
Zitationshilfe: Calvi, François de: Beutelschneider/ Oder Neue/ warhaffte/ und eigentliche Beschreibung Der Diebs Historien. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1627, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/calvi_beutelschneider02_1627/148>, abgerufen am 29.04.2024.