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Calvi, François de: Beutelschneider/ Oder Neue/ warhaffte/ und eigentliche Beschreibung Der Diebs Historien. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1627.

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Beutelschneider/ oder

Als nun Cratilis sihet/ daß er sie nicht zur Ehe
kan haben/ weil jhr Ehemann noch im leben ist wie-
wol er weltlicher weise todt ware/ vnd sie gleichwol
vor kurtzer zeit von jhm newe Zeitung angehöret
hatten: Erdencket er einen fund (ob solches aber mit
wissen vnd willen der Clione sey geschehen/ weiß ich
nicht/ dann die Weiber seyn bißweilen auch gar
böß/ wann sie jhren Kopff auffsetzen) vnd schreibet
einen Brieff/ als wann er von einem Kauffmann
von Machillen komme/ an Filandre, vnnd zeiget
jhm an/ daß weil Arcandre solcher lufft vnd arbeit
nicht seye gewobnet gewesen/ seye er gestorben vnd
nach dem Gebrauch/ so man auff den Galten hal-
te begraben worden/ an einen solchen Ort/ welchen
er jm mit Namen nennet/ vnd nah am Hafen seye.

Als nun der Clione Vatter solches Schreiben
bekommet sampt dem Zeugnuß deß Meßvriesters/
welcher jhn hatte begraben lassen/ vnd welches alles
von dem Eratilis/ (wiewol kein Mensch auff der
Welt mehr/ als er/ etwas darvon wuste) angestellet
ware/ zeigt er es seinen Freunden/ läst jhnen sagen/
sein Tochtermann sey gestorben: Die Tochter/ sein
Weib Clione trauet jhme auch (ob sie aber etwas
von solchem Betrug gewust/ weiß ich nicht) man
läst auch etliche Messen zu S. Eustache für Alcan-
dre
lesen/ wiewol er noch im Leben ware. Vnter
dessen aber in wehrender solcher traur Zeit meidet
Cratilis der Clione Hauß/ auff daß man ja den
Betrug desto weniger mercke: Oder wann er sie
schon besuchte/ so geschahe es deß Nachts: Zween
oder drey Monat verlauffen sich also/ nach welcher

zeit
Beutelſchneider/ oder

Als nun Cratilis ſihet/ daß er ſie nicht zur Ehe
kan haben/ weil jhr Ehemann noch im leben iſt wie-
wol er weltlicher weiſe todt ware/ vnd ſie gleichwol
vor kurtzer zeit von jhm newe Zeitung angehoͤret
hatten: Erdencket er einen fund (ob ſolches aber mit
wiſſen vnd willen der Clione ſey geſchehen/ weiß ich
nicht/ dann die Weiber ſeyn bißweilen auch gar
boͤß/ wann ſie jhren Kopff auffſetzen) vnd ſchreibet
einen Brieff/ als wann er von einem Kauffmann
von Machillen komme/ an Filandre, vnnd zeiget
jhm an/ daß weil Arcandre ſolcher lufft vnd arbeit
nicht ſeye gewobnet geweſen/ ſeye er geſtorben vnd
nach dem Gebrauch/ ſo man auff den Galten hal-
te begraben worden/ an einen ſolchen Ort/ welchen
er jm mit Namen nennet/ vnd nah am Hafen ſeye.

Als nun der Clione Vatter ſolches Schreiben
bekommet ſampt dem Zeugnuß deß Meßvrieſters/
welcher jhn hatte begraben laſſen/ vnd welches alles
von dem Eratilis/ (wiewol kein Menſch auff der
Welt mehr/ als er/ etwas darvon wuſte) angeſtellet
ware/ zeigt er es ſeinen Freunden/ laͤſt jhnen ſagen/
ſein Tochtermann ſey geſtorben: Die Tochter/ ſein
Weib Clione trauet jhme auch (ob ſie aber etwas
von ſolchem Betrug gewuſt/ weiß ich nicht) man
laͤſt auch etliche Meſſen zu S. Euſtache fuͤr Alcan-
dre
leſen/ wiewol er noch im Leben ware. Vnter
deſſen aber in wehrender ſolcher traur Zeit meidet
Cratilis der Clione Hauß/ auff daß man ja den
Betrug deſto weniger mercke: Oder wann er ſie
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oder drey Monat verlauffen ſich alſo/ nach welcher

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[360[340]/0350] Beutelſchneider/ oder Als nun Cratilis ſihet/ daß er ſie nicht zur Ehe kan haben/ weil jhr Ehemann noch im leben iſt wie- wol er weltlicher weiſe todt ware/ vnd ſie gleichwol vor kurtzer zeit von jhm newe Zeitung angehoͤret hatten: Erdencket er einen fund (ob ſolches aber mit wiſſen vnd willen der Clione ſey geſchehen/ weiß ich nicht/ dann die Weiber ſeyn bißweilen auch gar boͤß/ wann ſie jhren Kopff auffſetzen) vnd ſchreibet einen Brieff/ als wann er von einem Kauffmann von Machillen komme/ an Filandre, vnnd zeiget jhm an/ daß weil Arcandre ſolcher lufft vnd arbeit nicht ſeye gewobnet geweſen/ ſeye er geſtorben vnd nach dem Gebrauch/ ſo man auff den Galten hal- te begraben worden/ an einen ſolchen Ort/ welchen er jm mit Namen nennet/ vnd nah am Hafen ſeye. Als nun der Clione Vatter ſolches Schreiben bekommet ſampt dem Zeugnuß deß Meßvrieſters/ welcher jhn hatte begraben laſſen/ vnd welches alles von dem Eratilis/ (wiewol kein Menſch auff der Welt mehr/ als er/ etwas darvon wuſte) angeſtellet ware/ zeigt er es ſeinen Freunden/ laͤſt jhnen ſagen/ ſein Tochtermann ſey geſtorben: Die Tochter/ ſein Weib Clione trauet jhme auch (ob ſie aber etwas von ſolchem Betrug gewuſt/ weiß ich nicht) man laͤſt auch etliche Meſſen zu S. Euſtache fuͤr Alcan- dre leſen/ wiewol er noch im Leben ware. Vnter deſſen aber in wehrender ſolcher traur Zeit meidet Cratilis der Clione Hauß/ auff daß man ja den Betrug deſto weniger mercke: Oder wann er ſie ſchon beſuchte/ ſo geſchahe es deß Nachts: Zween oder drey Monat verlauffen ſich alſo/ nach welcher zeit

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Zitationshilfe: Calvi, François de: Beutelschneider/ Oder Neue/ warhaffte/ und eigentliche Beschreibung Der Diebs Historien. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1627, S. 360[340]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/calvi_beutelschneider02_1627/350>, abgerufen am 14.05.2024.