Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Chamberlain, Houston Stewart: Die Grundlagen des Neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. München 1899.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Erben.
werde es, dank seiner Kenntnis dieses Naturgesetzes, die sich ewig
vermischenden Stämme der Gegenwart überleben.1)

Was sollen uns die weitläufigen wissenschaftlichen Unter-
suchungen, ob es unterschiedliche Rassen gebe? ob Rasse einen
Wert habe? wie das möglich sei und so weiter? Wir kehren den
Spiess um und sagen: dass es welche giebt, ist evident; dass die
Qualität der Rasse entscheidende Wichtigkeit besitzt, ist eine That-
sache der unmittelbaren Erfahrung; Euch kommt nur zu, das Wie
und das Warum zu erforschen, nicht Eurer Unwissenheit zu Lieb
die Thatsachen selbst abzuleugnen. Einer der bedeutendsten Ethno-
logen des heutigen Tages, Adolf Bastian, bezeugt: "Was wir in der
Geschichte bemerken, ist keine Umwandlung, kein Übergehen der
Rassen ineinander, sondern es sind neue und vollkommene
Schöpfungen,
die die ewig junge Produktionskraft der Natur aus
dem Unsichtbaren des Hades hervortreten lässt".2) Wer die kleine Strecke
von Calais nach Dover zurückgelegt hat, glaubt sich auf einem anderen
Gestirn angekommen, so tief ist der Unterschied zwischen den doch
so vielfach verwandten Engländern und Franzosen. Zugleich kann
der Beobachter an diesem Beispiel den Wert der reineren "Inzüchtung"
kennen lernen. England ist durch seine Insellage so gut wie ab-
geschnitten; die letzte (nicht sehr zahlreiche) Invasion fand vor
800 Jahren statt, seitdem sind nur einige Tausend Niederländer,
später einige Tausend Hugenotten hinübergesiedelt (alles Stammes-
verwandte), und so ist die augenblicklich unzweifelhaft stärkste
Rasse Europas gezüchtet worden.3)

Die unmittelbare Erfahrung bietet uns aber eine Reihe ganz
andersgearteter Beobachtungen über Rasse, durch die wir nach und
nach unser Wissen erweitern und bestimmter gestalten können. Im

1) Siehe die Romane Tancred und Coningsby. In letzterem sagt Sidonia:
"Rasse ist alles; es giebt keine andere Wahrheit. Und jede Rasse muss zu Grunde
gehen, die ihr Blut sorglos Vermischungen hingiebt".
2) Das Beständige in den Menschenrassen und die Spielweite ihrer Ver-
änderlichkeit,
1868, S. 26.
3) Hier wäre auch Japan zu nennen, wo ebenfalls eine glückliche Ver-
mischung, und nachher inselhafte Abgeschiedenheit zur Bildung einer sehr merk-
würdigen Rasse geführt hat, viel stärker und (innerhalb der mongoloiden Möglich-
keitssphäre) viel tiefer beanlagt als die meisten Europäer es ahnen. Vielleicht die
einzigen Bücher, in denen man die japanische Seele kennen lernt, sind die des
Lafcadio Hearn: Kokoro, hints and echoes of Japanese inner life; Gleanings in
Buddha fields;
u. A.

Die Erben.
werde es, dank seiner Kenntnis dieses Naturgesetzes, die sich ewig
vermischenden Stämme der Gegenwart überleben.1)

Was sollen uns die weitläufigen wissenschaftlichen Unter-
suchungen, ob es unterschiedliche Rassen gebe? ob Rasse einen
Wert habe? wie das möglich sei und so weiter? Wir kehren den
Spiess um und sagen: dass es welche giebt, ist evident; dass die
Qualität der Rasse entscheidende Wichtigkeit besitzt, ist eine That-
sache der unmittelbaren Erfahrung; Euch kommt nur zu, das Wie
und das Warum zu erforschen, nicht Eurer Unwissenheit zu Lieb
die Thatsachen selbst abzuleugnen. Einer der bedeutendsten Ethno-
logen des heutigen Tages, Adolf Bastian, bezeugt: »Was wir in der
Geschichte bemerken, ist keine Umwandlung, kein Übergehen der
Rassen ineinander, sondern es sind neue und vollkommene
Schöpfungen,
die die ewig junge Produktionskraft der Natur aus
dem Unsichtbaren des Hades hervortreten lässt«.2) Wer die kleine Strecke
von Calais nach Dover zurückgelegt hat, glaubt sich auf einem anderen
Gestirn angekommen, so tief ist der Unterschied zwischen den doch
so vielfach verwandten Engländern und Franzosen. Zugleich kann
der Beobachter an diesem Beispiel den Wert der reineren »Inzüchtung«
kennen lernen. England ist durch seine Insellage so gut wie ab-
geschnitten; die letzte (nicht sehr zahlreiche) Invasion fand vor
800 Jahren statt, seitdem sind nur einige Tausend Niederländer,
später einige Tausend Hugenotten hinübergesiedelt (alles Stammes-
verwandte), und so ist die augenblicklich unzweifelhaft stärkste
Rasse Europas gezüchtet worden.3)

Die unmittelbare Erfahrung bietet uns aber eine Reihe ganz
andersgearteter Beobachtungen über Rasse, durch die wir nach und
nach unser Wissen erweitern und bestimmter gestalten können. Im

1) Siehe die Romane Tancred und Coningsby. In letzterem sagt Sidonia:
»Rasse ist alles; es giebt keine andere Wahrheit. Und jede Rasse muss zu Grunde
gehen, die ihr Blut sorglos Vermischungen hingiebt«.
2) Das Beständige in den Menschenrassen und die Spielweite ihrer Ver-
änderlichkeit,
1868, S. 26.
3) Hier wäre auch Japan zu nennen, wo ebenfalls eine glückliche Ver-
mischung, und nachher inselhafte Abgeschiedenheit zur Bildung einer sehr merk-
würdigen Rasse geführt hat, viel stärker und (innerhalb der mongoloiden Möglich-
keitssphäre) viel tiefer beanlagt als die meisten Europäer es ahnen. Vielleicht die
einzigen Bücher, in denen man die japanische Seele kennen lernt, sind die des
Lafcadio Hearn: Kokoro, hints and echoes of Japanese inner life; Gleanings in
Buddha fields;
u. A.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0297" n="274"/><fw place="top" type="header">Die Erben.</fw><lb/>
werde es, dank seiner Kenntnis dieses Naturgesetzes, die sich ewig<lb/>
vermischenden Stämme der Gegenwart überleben.<note place="foot" n="1)">Siehe die Romane <hi rendition="#i">Tancred</hi> und <hi rendition="#i">Coningsby.</hi> In letzterem sagt Sidonia:<lb/>
»Rasse ist alles; es giebt keine andere Wahrheit. Und jede Rasse muss zu Grunde<lb/>
gehen, die ihr Blut sorglos Vermischungen hingiebt«.</note></p><lb/>
            <p>Was sollen uns die weitläufigen wissenschaftlichen Unter-<lb/>
suchungen, <hi rendition="#g">ob</hi> es unterschiedliche Rassen gebe? ob Rasse einen<lb/>
Wert habe? wie das möglich sei und so weiter? Wir kehren den<lb/>
Spiess um und sagen: dass es welche giebt, ist evident; dass die<lb/>
Qualität der Rasse entscheidende Wichtigkeit besitzt, ist eine That-<lb/>
sache der unmittelbaren Erfahrung; Euch kommt nur zu, das Wie<lb/>
und das Warum zu erforschen, nicht Eurer Unwissenheit zu Lieb<lb/>
die Thatsachen selbst abzuleugnen. Einer der bedeutendsten Ethno-<lb/>
logen des heutigen Tages, Adolf Bastian, bezeugt: »Was wir in der<lb/>
Geschichte bemerken, ist keine Umwandlung, kein Übergehen der<lb/>
Rassen ineinander, sondern es sind <hi rendition="#g">neue und vollkommene<lb/>
Schöpfungen,</hi> die die ewig junge Produktionskraft der Natur aus<lb/>
dem Unsichtbaren des Hades hervortreten lässt«.<note place="foot" n="2)"><hi rendition="#i">Das Beständige in den Menschenrassen und die Spielweite ihrer Ver-<lb/>
änderlichkeit,</hi> 1868, S. 26.</note> Wer die kleine Strecke<lb/>
von Calais nach Dover zurückgelegt hat, glaubt sich auf einem anderen<lb/>
Gestirn angekommen, so tief ist der Unterschied zwischen den doch<lb/>
so vielfach verwandten Engländern und Franzosen. Zugleich kann<lb/>
der Beobachter an diesem Beispiel den Wert der reineren »Inzüchtung«<lb/>
kennen lernen. England ist durch seine Insellage so gut wie ab-<lb/>
geschnitten; die letzte (nicht sehr zahlreiche) Invasion fand vor<lb/>
800 Jahren statt, seitdem sind nur einige Tausend Niederländer,<lb/>
später einige Tausend Hugenotten hinübergesiedelt (alles Stammes-<lb/>
verwandte), und so ist die augenblicklich unzweifelhaft <hi rendition="#g">stärkste</hi><lb/>
Rasse Europas gezüchtet worden.<note place="foot" n="3)">Hier wäre auch Japan zu nennen, wo ebenfalls eine glückliche Ver-<lb/>
mischung, und nachher inselhafte Abgeschiedenheit zur Bildung einer sehr merk-<lb/>
würdigen Rasse geführt hat, viel stärker und (innerhalb der mongoloiden Möglich-<lb/>
keitssphäre) viel tiefer beanlagt als die meisten Europäer es ahnen. Vielleicht die<lb/>
einzigen Bücher, in denen man die japanische Seele kennen lernt, sind die des<lb/><hi rendition="#g">Lafcadio Hearn:</hi> <hi rendition="#i">Kokoro, hints and echoes of Japanese inner life; Gleanings in<lb/>
Buddha fields;</hi> u. A.</note></p><lb/>
            <p>Die unmittelbare Erfahrung bietet uns aber eine Reihe ganz<lb/>
andersgearteter Beobachtungen über Rasse, durch die wir nach und<lb/>
nach unser Wissen erweitern und bestimmter gestalten können. Im<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[274/0297] Die Erben. werde es, dank seiner Kenntnis dieses Naturgesetzes, die sich ewig vermischenden Stämme der Gegenwart überleben. 1) Was sollen uns die weitläufigen wissenschaftlichen Unter- suchungen, ob es unterschiedliche Rassen gebe? ob Rasse einen Wert habe? wie das möglich sei und so weiter? Wir kehren den Spiess um und sagen: dass es welche giebt, ist evident; dass die Qualität der Rasse entscheidende Wichtigkeit besitzt, ist eine That- sache der unmittelbaren Erfahrung; Euch kommt nur zu, das Wie und das Warum zu erforschen, nicht Eurer Unwissenheit zu Lieb die Thatsachen selbst abzuleugnen. Einer der bedeutendsten Ethno- logen des heutigen Tages, Adolf Bastian, bezeugt: »Was wir in der Geschichte bemerken, ist keine Umwandlung, kein Übergehen der Rassen ineinander, sondern es sind neue und vollkommene Schöpfungen, die die ewig junge Produktionskraft der Natur aus dem Unsichtbaren des Hades hervortreten lässt«. 2) Wer die kleine Strecke von Calais nach Dover zurückgelegt hat, glaubt sich auf einem anderen Gestirn angekommen, so tief ist der Unterschied zwischen den doch so vielfach verwandten Engländern und Franzosen. Zugleich kann der Beobachter an diesem Beispiel den Wert der reineren »Inzüchtung« kennen lernen. England ist durch seine Insellage so gut wie ab- geschnitten; die letzte (nicht sehr zahlreiche) Invasion fand vor 800 Jahren statt, seitdem sind nur einige Tausend Niederländer, später einige Tausend Hugenotten hinübergesiedelt (alles Stammes- verwandte), und so ist die augenblicklich unzweifelhaft stärkste Rasse Europas gezüchtet worden. 3) Die unmittelbare Erfahrung bietet uns aber eine Reihe ganz andersgearteter Beobachtungen über Rasse, durch die wir nach und nach unser Wissen erweitern und bestimmter gestalten können. Im 1) Siehe die Romane Tancred und Coningsby. In letzterem sagt Sidonia: »Rasse ist alles; es giebt keine andere Wahrheit. Und jede Rasse muss zu Grunde gehen, die ihr Blut sorglos Vermischungen hingiebt«. 2) Das Beständige in den Menschenrassen und die Spielweite ihrer Ver- änderlichkeit, 1868, S. 26. 3) Hier wäre auch Japan zu nennen, wo ebenfalls eine glückliche Ver- mischung, und nachher inselhafte Abgeschiedenheit zur Bildung einer sehr merk- würdigen Rasse geführt hat, viel stärker und (innerhalb der mongoloiden Möglich- keitssphäre) viel tiefer beanlagt als die meisten Europäer es ahnen. Vielleicht die einzigen Bücher, in denen man die japanische Seele kennen lernt, sind die des Lafcadio Hearn: Kokoro, hints and echoes of Japanese inner life; Gleanings in Buddha fields; u. A.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/chamberlain_grundlagen01_1899
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/chamberlain_grundlagen01_1899/297
Zitationshilfe: Chamberlain, Houston Stewart: Die Grundlagen des Neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. München 1899, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chamberlain_grundlagen01_1899/297>, abgerufen am 03.05.2024.