Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl's wundersame Geschichte. Nürnberg, 1814.Und dieser Auftritt, lieber Freund, mitten Und dieſer Auftritt, lieber Freund, mitten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0059" n="39"/> <p>Und dieſer Auftritt, lieber Freund, mitten<lb/> in der Sonne, — ſie kniete noch immer zwei<lb/> Schritte vor mir, und ich, ohne Schatten, konnte<lb/> die Kluft nicht uͤberſpringen, nicht wieder vor<lb/> dem Engel auf die Knie fallen. O, was haͤtt’<lb/> ich nicht da fuͤr einen Schatten gegeben. Ich<lb/> mußte meine Schaam, meine Angſt, meine Ver¬<lb/> zweiflung tief in den Grund meines Wagens ver¬<lb/> bergen. <hi rendition="#g">Bendel</hi> beſann ſich endlich fuͤr mich,<lb/> er ſprang von der andern Seite aus dem Wagen<lb/> heraus, ich rief ihn noch zuruͤck und reichte ihm<lb/> aus meinem Kaͤſtchen, das mir eben zur Hand<lb/> lag, eine reiche diamantene Krone, die die ſchoͤne<lb/><hi rendition="#g">Fanny</hi> hatte zieren ſollen. Er trat vor, und<lb/> ſprach im Namen ſeines Herrn, welcher ſolche Eh¬<lb/> renbezeugungen nicht annehmen koͤnne noch wolle;<lb/> es muͤſſe hier ein Irrthum vorwalten, jedoch ſeien<lb/> die guten Einwohner der Stadt fuͤr ihren guten<lb/> Willen bedankt. Er nahm indeß den dargehalte¬<lb/> nen Kranz von ſeinem Ort, und legte den bril¬<lb/> lantenen Reif an deſſen Stelle; dann reichte er<lb/> ehrerbietig der ſchoͤnen Jungfrau die Hand zum<lb/> Aufſtehen, entfernte mit einem Wink Geiſtlich¬<lb/> keit, <hi rendition="#aq">Magistratus</hi> und alle Deputationen. Nie¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [39/0059]
Und dieſer Auftritt, lieber Freund, mitten
in der Sonne, — ſie kniete noch immer zwei
Schritte vor mir, und ich, ohne Schatten, konnte
die Kluft nicht uͤberſpringen, nicht wieder vor
dem Engel auf die Knie fallen. O, was haͤtt’
ich nicht da fuͤr einen Schatten gegeben. Ich
mußte meine Schaam, meine Angſt, meine Ver¬
zweiflung tief in den Grund meines Wagens ver¬
bergen. Bendel beſann ſich endlich fuͤr mich,
er ſprang von der andern Seite aus dem Wagen
heraus, ich rief ihn noch zuruͤck und reichte ihm
aus meinem Kaͤſtchen, das mir eben zur Hand
lag, eine reiche diamantene Krone, die die ſchoͤne
Fanny hatte zieren ſollen. Er trat vor, und
ſprach im Namen ſeines Herrn, welcher ſolche Eh¬
renbezeugungen nicht annehmen koͤnne noch wolle;
es muͤſſe hier ein Irrthum vorwalten, jedoch ſeien
die guten Einwohner der Stadt fuͤr ihren guten
Willen bedankt. Er nahm indeß den dargehalte¬
nen Kranz von ſeinem Ort, und legte den bril¬
lantenen Reif an deſſen Stelle; dann reichte er
ehrerbietig der ſchoͤnen Jungfrau die Hand zum
Aufſtehen, entfernte mit einem Wink Geiſtlich¬
keit, Magistratus und alle Deputationen. Nie¬
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