Vertheidigungsprinzip in Verbindung tretenden individuel- len Umstände in Betrachtung kommen.
275. Je weiter man sich in einem Gesammtgefecht das Vertheidigungsprinzip hinu[n]tersteigend denkt bis zu den kleinsten Gliedern und je allgemeiner auf alle Glieder aus- dehnt, um so passiver wird der ganze Widerstand, um so mehr würde sich die Vertheidigung jener Linie eines abso- luten Leidens nähern die wir als ein Absurdum ansehn.
276. Wo in dieser Richtung der Vortheil des Ab- wartens für den Vertheidiger aufhört, d. h. seine Wirk- samkeit erschöpft ist, wo gewissermaßen der Sättigungs- punkt eintritt, werden wir erst in der Folge näher betrach- ten können.
277. Für jetzt ziehen wir nur den Schluß aus dem Bisherigen daß die Absicht von Angriff oder Vertheidi- gung nicht blos über den Anfang eines Gefechtes Etwas bestimmt, sondern dasselbe auch in seinem Verlaufe durch- dringen kann, daß also dadurch wirklich zwei verschiedene Arten des Gefechts gegeben werden.
278. Der Plan des Gefechts hat also in jedem Falle für das Ganze zu bestimmen ob dasselbe Angriffs- oder Vertheidigungsgefecht sein soll.
279. Eben diese Bestimmung muß er für diejenigen Theile enthalten die er einer von ihrem Ganzen abwei- chenden Bestimmung unterwerfen will.
280. Lassen wir alle individuelle Verhältnisse welche über die Wahl von Angriff und Vertheidigung entschei- den können jetzt noch unberücksichtigt, so ergiebt sich nur ein Gesetz, nämlich daß man da wo man die Entscheidung aufhalten will vertheidigend, da wo man sie sucht angriffs- weise geht.
281. Wir werden diesen Grundsatz gleich mit einem
Vertheidigungsprinzip in Verbindung tretenden individuel- len Umſtaͤnde in Betrachtung kommen.
275. Je weiter man ſich in einem Geſammtgefecht das Vertheidigungsprinzip hinu[n]terſteigend denkt bis zu den kleinſten Gliedern und je allgemeiner auf alle Glieder aus- dehnt, um ſo paſſiver wird der ganze Widerſtand, um ſo mehr wuͤrde ſich die Vertheidigung jener Linie eines abſo- luten Leidens naͤhern die wir als ein Abſurdum anſehn.
276. Wo in dieſer Richtung der Vortheil des Ab- wartens fuͤr den Vertheidiger aufhoͤrt, d. h. ſeine Wirk- ſamkeit erſchoͤpft iſt, wo gewiſſermaßen der Saͤttigungs- punkt eintritt, werden wir erſt in der Folge naͤher betrach- ten koͤnnen.
277. Fuͤr jetzt ziehen wir nur den Schluß aus dem Bisherigen daß die Abſicht von Angriff oder Vertheidi- gung nicht blos uͤber den Anfang eines Gefechtes Etwas beſtimmt, ſondern daſſelbe auch in ſeinem Verlaufe durch- dringen kann, daß alſo dadurch wirklich zwei verſchiedene Arten des Gefechts gegeben werden.
278. Der Plan des Gefechts hat alſo in jedem Falle fuͤr das Ganze zu beſtimmen ob daſſelbe Angriffs- oder Vertheidigungsgefecht ſein ſoll.
279. Eben dieſe Beſtimmung muß er fuͤr diejenigen Theile enthalten die er einer von ihrem Ganzen abwei- chenden Beſtimmung unterwerfen will.
280. Laſſen wir alle individuelle Verhaͤltniſſe welche uͤber die Wahl von Angriff und Vertheidigung entſchei- den koͤnnen jetzt noch unberuͤckſichtigt, ſo ergiebt ſich nur ein Geſetz, naͤmlich daß man da wo man die Entſcheidung aufhalten will vertheidigend, da wo man ſie ſucht angriffs- weiſe geht.
281. Wir werden dieſen Grundſatz gleich mit einem
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Vertheidigungsprinzip in Verbindung tretenden individuel-
len Umſtaͤnde in Betrachtung kommen.
275. Je weiter man ſich in einem Geſammtgefecht
das Vertheidigungsprinzip hinunterſteigend denkt bis zu den
kleinſten Gliedern und je allgemeiner auf alle Glieder aus-
dehnt, um ſo paſſiver wird der ganze Widerſtand, um ſo
mehr wuͤrde ſich die Vertheidigung jener Linie eines abſo-
luten Leidens naͤhern die wir als ein Abſurdum anſehn.
276. Wo in dieſer Richtung der Vortheil des Ab-
wartens fuͤr den Vertheidiger aufhoͤrt, d. h. ſeine Wirk-
ſamkeit erſchoͤpft iſt, wo gewiſſermaßen der Saͤttigungs-
punkt eintritt, werden wir erſt in der Folge naͤher betrach-
ten koͤnnen.
277. Fuͤr jetzt ziehen wir nur den Schluß aus dem
Bisherigen daß die Abſicht von Angriff oder Vertheidi-
gung nicht blos uͤber den Anfang eines Gefechtes Etwas
beſtimmt, ſondern daſſelbe auch in ſeinem Verlaufe durch-
dringen kann, daß alſo dadurch wirklich zwei verſchiedene
Arten des Gefechts gegeben werden.
278. Der Plan des Gefechts hat alſo in jedem Falle
fuͤr das Ganze zu beſtimmen ob daſſelbe Angriffs- oder
Vertheidigungsgefecht ſein ſoll.
279. Eben dieſe Beſtimmung muß er fuͤr diejenigen
Theile enthalten die er einer von ihrem Ganzen abwei-
chenden Beſtimmung unterwerfen will.
280. Laſſen wir alle individuelle Verhaͤltniſſe welche
uͤber die Wahl von Angriff und Vertheidigung entſchei-
den koͤnnen jetzt noch unberuͤckſichtigt, ſo ergiebt ſich nur
ein Geſetz, naͤmlich daß man da wo man die Entſcheidung
aufhalten will vertheidigend, da wo man ſie ſucht angriffs-
weiſe geht.
281. Wir werden dieſen Grundſatz gleich mit einem
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/345>, abgerufen am 29.06.2022.
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