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Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896.

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Mary Astell zugeschrieben. Diese Schrift "Eine Abhandlung
zur Vertheidigung des weiblichen Geschlechts" ist eine Satire
auf das männliche Geschlecht, in welcher die Verfasserin eine
Reihe von männlichen Charaktertypen - einen Pedanten, einen
Landedelmann, einen Gecken, einen Virtuosen, einen Poetaster
u. s. w. - schildert, um an deren Eigenschaften zu zeigen,
daß die dem weiblichen Geschlechte vorgeworfenen Eigenschaften
sich bei dem männlichen Geschlechte gerade so und noch stärker
finden. "Sie hängen uns eine lange Liste von Fehlern an
und scheinen in der That nur einen Catalog ihrer eigenen Thor-
heiten und Laster angefertigt zu haben, nicht mit der Absicht
sie zu bessern, sondern auf uns den Vorwurf abzuwälzen."

Wie man sieht, ist dieses eine andere Tendenz, als die
wir in den beiden früheren Schriften kennen lernten. Aber
es zeigt an seinem Theile, daß damals von solchen Dingen
viel die Rede war.

Auch in Deutschland hört man damals von ähnlichen
Plänen. Zu Anfang des achtzehnten Jahrhunderts wird in
deutschen Zeitschriften der Gedanke einer "Jungfer-Akademie"
öfters erörtert. Manche Wendungen in diesen Projecten er-
innern an die englischen Vorschläge.*) Da heißt es unter
Anderem: "Wir meinen, die Wissenschaften sind dem Frauen-
zimmer nichts nutze, es werde dieselben nach seiner natürlichen
Schwachheit mißbrauchen, und lassen deswegen mit Fleiß unsere

liegen und so handelt es sich bei der scheinbaren zweiten Ausgabe
nur um einen neuen Titel oder eine neue Jahreszahl.
Der Titel lautet: An essay in defense of the female Sex...
in a letter to a Lady, written by a Lady. London, for A. Roper
and E. Wilkinson, Fleetstreet
, 1696. Jm selben Verlage die Aus-
gabe von 1967.
*) G. Steinhausen a. a. O.
6*

Mary Astell zugeschrieben. Diese Schrift „Eine Abhandlung
zur Vertheidigung des weiblichen Geschlechts“ ist eine Satire
auf das männliche Geschlecht, in welcher die Verfasserin eine
Reihe von männlichen Charaktertypen – einen Pedanten, einen
Landedelmann, einen Gecken, einen Virtuosen, einen Poetaster
u. s. w. – schildert, um an deren Eigenschaften zu zeigen,
daß die dem weiblichen Geschlechte vorgeworfenen Eigenschaften
sich bei dem männlichen Geschlechte gerade so und noch stärker
finden. „Sie hängen uns eine lange Liste von Fehlern an
und scheinen in der That nur einen Catalog ihrer eigenen Thor-
heiten und Laster angefertigt zu haben, nicht mit der Absicht
sie zu bessern, sondern auf uns den Vorwurf abzuwälzen.“

Wie man sieht, ist dieses eine andere Tendenz, als die
wir in den beiden früheren Schriften kennen lernten. Aber
es zeigt an seinem Theile, daß damals von solchen Dingen
viel die Rede war.

Auch in Deutschland hört man damals von ähnlichen
Plänen. Zu Anfang des achtzehnten Jahrhunderts wird in
deutschen Zeitschriften der Gedanke einer „Jungfer-Akademie“
öfters erörtert. Manche Wendungen in diesen Projecten er-
innern an die englischen Vorschläge.*) Da heißt es unter
Anderem: „Wir meinen, die Wissenschaften sind dem Frauen-
zimmer nichts nutze, es werde dieselben nach seiner natürlichen
Schwachheit mißbrauchen, und lassen deswegen mit Fleiß unsere

liegen und so handelt es sich bei der scheinbaren zweiten Ausgabe
nur um einen neuen Titel oder eine neue Jahreszahl.
Der Titel lautet: An essay in defense of the female Sex…
in a letter to a Lady, written by a Lady. London, for A. Roper
and E. Wilkinson, Fleetstreet
, 1696. Jm selben Verlage die Aus-
gabe von 1967.
*) G. Steinhausen a. a. O.
6*
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[83/0099] Mary Astell zugeschrieben. Diese Schrift „Eine Abhandlung zur Vertheidigung des weiblichen Geschlechts“ ist eine Satire auf das männliche Geschlecht, in welcher die Verfasserin eine Reihe von männlichen Charaktertypen – einen Pedanten, einen Landedelmann, einen Gecken, einen Virtuosen, einen Poetaster u. s. w. – schildert, um an deren Eigenschaften zu zeigen, daß die dem weiblichen Geschlechte vorgeworfenen Eigenschaften sich bei dem männlichen Geschlechte gerade so und noch stärker finden. „Sie hängen uns eine lange Liste von Fehlern an und scheinen in der That nur einen Catalog ihrer eigenen Thor- heiten und Laster angefertigt zu haben, nicht mit der Absicht sie zu bessern, sondern auf uns den Vorwurf abzuwälzen.“ Wie man sieht, ist dieses eine andere Tendenz, als die wir in den beiden früheren Schriften kennen lernten. Aber es zeigt an seinem Theile, daß damals von solchen Dingen viel die Rede war. Auch in Deutschland hört man damals von ähnlichen Plänen. Zu Anfang des achtzehnten Jahrhunderts wird in deutschen Zeitschriften der Gedanke einer „Jungfer-Akademie“ öfters erörtert. Manche Wendungen in diesen Projecten er- innern an die englischen Vorschläge. *) Da heißt es unter Anderem: „Wir meinen, die Wissenschaften sind dem Frauen- zimmer nichts nutze, es werde dieselben nach seiner natürlichen Schwachheit mißbrauchen, und lassen deswegen mit Fleiß unsere **) *) G. Steinhausen a. a. O. **) liegen und so handelt es sich bei der scheinbaren zweiten Ausgabe nur um einen neuen Titel oder eine neue Jahreszahl. Der Titel lautet: An essay in defense of the female Sex… in a letter to a Lady, written by a Lady. London, for A. Roper and E. Wilkinson, Fleetstreet, 1696. Jm selben Verlage die Aus- gabe von 1967. 6*

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Zitationshilfe: Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cohn_frauenbewegung_1896/99>, abgerufen am 26.04.2024.