"Werth des Lebens" ausbat. Ihr Gesicht trug wieder denselben Doppelausdruck, den es im Cafe Caesar anzunehmen pflegte.
Adam bestellte flugs ein Exemplar desselben Werkes. Das mußte doch auffallen. Und es schien auch Fräulein Irmer aufzufallen. Sie wandte sich zu ihrem Nachbar um, schlug die braunen ernsten Augen groß auf .. und fragte mit ihnen eine stumme, tiefe Frage, auf die Adam nur eine gleiche, stumme Antwort wußte, die für ihn plötzlich nicht minder tiefen Inhalts war.
Das Werk fand sich natürlich nicht auf Lager. Der Gehilfe erbat sich die Adressen und versprach die Exemplare in spätestens acht Tagen besorgt zu haben.
"Hedwig Irmer -- oder senden sie das Buch bitte direct an meinen Vater: Dr. Leonhard Irmer, Herderstraße 7 III. .."
"Danke verbindlichst, mein gnädiges Fräulein -- soll geschehen! Und Sie, mein Herr --?"
"Dr. Adam Mensch, Gartenstraße 14 II. .."
Der Herr Doctor erhielt jetzt zwei verwunderte Blicke. Dem Gehilfen schien ein Mensch, der Adam Mensch heißen könnte, bisher unmöglich gewesen zu sein.
Auch Fräulein Irmer war betroffen. Adam gab ihren Blick mit einem diskret-ironischen Lächeln zurück. Die Dame wurde vorwiegend verlegen.
Nun wandten sich die beiden zum Gehen. Adam öffnete die Thür und ließ das gnädige Fräulein zuerst hinaustreten. Dann folgte er schnell.
„Werth des Lebens“ ausbat. Ihr Geſicht trug wieder denſelben Doppelausdruck, den es im Café Caeſar anzunehmen pflegte.
Adam beſtellte flugs ein Exemplar deſſelben Werkes. Das mußte doch auffallen. Und es ſchien auch Fräulein Irmer aufzufallen. Sie wandte ſich zu ihrem Nachbar um, ſchlug die braunen ernſten Augen groß auf .. und fragte mit ihnen eine ſtumme, tiefe Frage, auf die Adam nur eine gleiche, ſtumme Antwort wußte, die für ihn plötzlich nicht minder tiefen Inhalts war.
Das Werk fand ſich natürlich nicht auf Lager. Der Gehilfe erbat ſich die Adreſſen und verſprach die Exemplare in ſpäteſtens acht Tagen beſorgt zu haben.
„Hedwig Irmer — oder ſenden ſie das Buch bitte direct an meinen Vater: Dr. Leonhard Irmer, Herderſtraße 7 III. ..“
Der Herr Doctor erhielt jetzt zwei verwunderte Blicke. Dem Gehilfen ſchien ein Menſch, der Adam Menſch heißen könnte, bisher unmöglich geweſen zu ſein.
Auch Fräulein Irmer war betroffen. Adam gab ihren Blick mit einem diskret-ironiſchen Lächeln zurück. Die Dame wurde vorwiegend verlegen.
Nun wandten ſich die beiden zum Gehen. Adam öffnete die Thür und ließ das gnädige Fräulein zuerſt hinaustreten. Dann folgte er ſchnell.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0014"n="6"/>„Werth des Lebens“ ausbat. Ihr Geſicht trug<lb/>
wieder denſelben Doppelausdruck, den es im Caf<hirendition="#aq">é</hi><lb/>
Caeſar anzunehmen pflegte.</p><lb/><p>Adam beſtellte flugs ein Exemplar deſſelben<lb/>
Werkes. Das mußte doch auffallen. Und es ſchien<lb/>
auch Fräulein Irmer aufzufallen. Sie wandte ſich<lb/>
zu ihrem Nachbar um, ſchlug die braunen ernſten<lb/>
Augen groß auf .. und fragte mit ihnen eine ſtumme,<lb/>
tiefe Frage, auf die Adam nur eine gleiche, ſtumme<lb/>
Antwort wußte, die für ihn plötzlich nicht minder<lb/>
tiefen Inhalts war.</p><lb/><p>Das Werk fand ſich natürlich nicht auf Lager.<lb/>
Der Gehilfe erbat ſich die Adreſſen und verſprach die<lb/>
Exemplare in ſpäteſtens acht Tagen beſorgt zu haben.</p><lb/><p>„Hedwig Irmer — oder ſenden ſie das Buch<lb/>
bitte direct an meinen Vater: <hirendition="#aq">Dr.</hi> Leonhard Irmer,<lb/>
Herderſtraße 7 <hirendition="#aq">III.</hi> ..“</p><lb/><p>„Danke verbindlichſt, mein gnädiges Fräulein —<lb/>ſoll geſchehen! Und Sie, mein Herr —?“</p><lb/><p>„<hirendition="#aq">Dr.</hi> Adam Menſch, Gartenſtraße 14 <hirendition="#aq">II.</hi> ..“</p><lb/><p>Der Herr Doctor erhielt jetzt zwei verwunderte<lb/>
Blicke. Dem Gehilfen ſchien ein Menſch, der Adam<lb/>
Menſch heißen könnte, bisher unmöglich geweſen<lb/>
zu ſein.</p><lb/><p>Auch Fräulein Irmer war betroffen. Adam gab<lb/>
ihren Blick mit einem diskret-ironiſchen Lächeln<lb/>
zurück. Die Dame wurde vorwiegend verlegen.</p><lb/><p>Nun wandten ſich die beiden zum Gehen. Adam<lb/>
öffnete die Thür und ließ das gnädige Fräulein<lb/>
zuerſt hinaustreten. Dann folgte er ſchnell.</p><lb/></div></body></text></TEI>
[6/0014]
„Werth des Lebens“ ausbat. Ihr Geſicht trug
wieder denſelben Doppelausdruck, den es im Café
Caeſar anzunehmen pflegte.
Adam beſtellte flugs ein Exemplar deſſelben
Werkes. Das mußte doch auffallen. Und es ſchien
auch Fräulein Irmer aufzufallen. Sie wandte ſich
zu ihrem Nachbar um, ſchlug die braunen ernſten
Augen groß auf .. und fragte mit ihnen eine ſtumme,
tiefe Frage, auf die Adam nur eine gleiche, ſtumme
Antwort wußte, die für ihn plötzlich nicht minder
tiefen Inhalts war.
Das Werk fand ſich natürlich nicht auf Lager.
Der Gehilfe erbat ſich die Adreſſen und verſprach die
Exemplare in ſpäteſtens acht Tagen beſorgt zu haben.
„Hedwig Irmer — oder ſenden ſie das Buch
bitte direct an meinen Vater: Dr. Leonhard Irmer,
Herderſtraße 7 III. ..“
„Danke verbindlichſt, mein gnädiges Fräulein —
ſoll geſchehen! Und Sie, mein Herr —?“
„Dr. Adam Menſch, Gartenſtraße 14 II. ..“
Der Herr Doctor erhielt jetzt zwei verwunderte
Blicke. Dem Gehilfen ſchien ein Menſch, der Adam
Menſch heißen könnte, bisher unmöglich geweſen
zu ſein.
Auch Fräulein Irmer war betroffen. Adam gab
ihren Blick mit einem diskret-ironiſchen Lächeln
zurück. Die Dame wurde vorwiegend verlegen.
Nun wandten ſich die beiden zum Gehen. Adam
öffnete die Thür und ließ das gnädige Fräulein
zuerſt hinaustreten. Dann folgte er ſchnell.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/14>, abgerufen am 09.10.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.