Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889].

Bild:
<< vorherige Seite

Aermel und dem bräunlich gelben Glacehandschuh --
Donnerwetter! war sie nicht zum Küssen --? Das
schwarze, wellige Haar, am Hinterkopfe zu einem
vollen, schweren Knoten zusammengeflochten, unter
dem Hute noch deutlich sichtbar, mit selbständiger
Plastik hingestellt, ergänzte prachtvoll die scharfen
und doch feinen Züge des Profils.

Die beiden schienen sich nicht viel zu sagen zu
haben. Das kleine Weib sog öfter durch die zarten,
sauberen Strohröhrchen an seinem Eiskaffee und
schaute sich sonst fleißig im Saale um. Adam be-
merkte, wie der Dame von einigen Herren, die
hinten in der einen Ecke des Zimmers saßen, zu-
genickt wurde. Die Cumpane grinsten geärgert-
amüsirt. Nun ja doch! Was wunderte er sich denn?
Immer wieder das alte Erstaunen und der alte
Unmuth .. das alte Bedauern? Nun erhielt auch
Adam einmal das volle Gesicht seiner Nachbarin und
einen kurzen, scharfen Blick dazu. Jetzt wurde er
von dem Herrn, dem Ritter und Liebhaber der
reizenden Donna, nachdrücklich fixirt. Der Her Doctor
ließ sich nicht aus der "Contenance" bringen. Er
bereitete sich sehr ruhig seinen Absynth, der unter-
weilen vor ihm hingeschoben war, that einen vollen
Zug und brannte sich nachlässig-herausfordernd eine
Cigarette an. Die erste Ladung Rauch blies er
seinem Gegenüber etwas unhöflich in's Gesicht. Der
hustete ein Wenig, wurde etwas roth, ließ es auch
an einem ziemlich wüthigen Blicke nicht fehlen,
begnügte sich sodann aber sehr praktisch damit, nach

Aermel und dem bräunlich gelben Glacéhandſchuh —
Donnerwetter! war ſie nicht zum Küſſen —? Das
ſchwarze, wellige Haar, am Hinterkopfe zu einem
vollen, ſchweren Knoten zuſammengeflochten, unter
dem Hute noch deutlich ſichtbar, mit ſelbſtändiger
Plaſtik hingeſtellt, ergänzte prachtvoll die ſcharfen
und doch feinen Züge des Profils.

Die beiden ſchienen ſich nicht viel zu ſagen zu
haben. Das kleine Weib ſog öfter durch die zarten,
ſauberen Strohröhrchen an ſeinem Eiskaffee und
ſchaute ſich ſonſt fleißig im Saale um. Adam be-
merkte, wie der Dame von einigen Herren, die
hinten in der einen Ecke des Zimmers ſaßen, zu-
genickt wurde. Die Cumpane grinſten geärgert-
amüſirt. Nun ja doch! Was wunderte er ſich denn?
Immer wieder das alte Erſtaunen und der alte
Unmuth .. das alte Bedauern? Nun erhielt auch
Adam einmal das volle Geſicht ſeiner Nachbarin und
einen kurzen, ſcharfen Blick dazu. Jetzt wurde er
von dem Herrn, dem Ritter und Liebhaber der
reizenden Donna, nachdrücklich fixirt. Der Her Doctor
ließ ſich nicht aus der „Contenance“ bringen. Er
bereitete ſich ſehr ruhig ſeinen Abſynth, der unter-
weilen vor ihm hingeſchoben war, that einen vollen
Zug und brannte ſich nachläſſig-herausfordernd eine
Cigarette an. Die erſte Ladung Rauch blies er
ſeinem Gegenüber etwas unhöflich in's Geſicht. Der
huſtete ein Wenig, wurde etwas roth, ließ es auch
an einem ziemlich wüthigen Blicke nicht fehlen,
begnügte ſich ſodann aber ſehr praktiſch damit, nach

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0176" n="168"/>
Aermel und dem bräunlich gelben Glac<hi rendition="#aq">é</hi>hand&#x017F;chuh &#x2014;<lb/>
Donnerwetter! war &#x017F;ie nicht zum Kü&#x017F;&#x017F;en &#x2014;? Das<lb/>
&#x017F;chwarze, wellige Haar, am Hinterkopfe zu einem<lb/>
vollen, &#x017F;chweren Knoten zu&#x017F;ammengeflochten, unter<lb/>
dem Hute noch deutlich &#x017F;ichtbar, mit &#x017F;elb&#x017F;tändiger<lb/>
Pla&#x017F;tik hinge&#x017F;tellt, ergänzte prachtvoll die &#x017F;charfen<lb/>
und doch feinen Züge des Profils.</p><lb/>
        <p>Die beiden &#x017F;chienen &#x017F;ich nicht viel zu &#x017F;agen zu<lb/>
haben. Das kleine Weib &#x017F;og öfter durch die zarten,<lb/>
&#x017F;auberen Strohröhrchen an &#x017F;einem Eiskaffee und<lb/>
&#x017F;chaute &#x017F;ich &#x017F;on&#x017F;t fleißig im Saale um. Adam be-<lb/>
merkte, wie der Dame von einigen Herren, die<lb/>
hinten in der einen Ecke des Zimmers &#x017F;aßen, zu-<lb/>
genickt wurde. Die Cumpane grin&#x017F;ten geärgert-<lb/>
amü&#x017F;irt. Nun ja doch! Was wunderte er &#x017F;ich denn?<lb/>
Immer wieder das alte Er&#x017F;taunen und der alte<lb/>
Unmuth .. das alte Bedauern? Nun erhielt auch<lb/>
Adam einmal das volle Ge&#x017F;icht &#x017F;einer Nachbarin und<lb/>
einen kurzen, &#x017F;charfen Blick dazu. Jetzt wurde er<lb/>
von dem Herrn, dem Ritter und Liebhaber der<lb/>
reizenden Donna, nachdrücklich fixirt. Der Her Doctor<lb/>
ließ &#x017F;ich nicht aus der &#x201E;Contenance&#x201C; bringen. Er<lb/>
bereitete &#x017F;ich &#x017F;ehr ruhig &#x017F;einen Ab&#x017F;ynth, der unter-<lb/>
weilen vor ihm hinge&#x017F;choben war, that einen vollen<lb/>
Zug und brannte &#x017F;ich nachlä&#x017F;&#x017F;ig-herausfordernd eine<lb/>
Cigarette an. Die er&#x017F;te Ladung Rauch blies er<lb/>
&#x017F;einem Gegenüber etwas unhöflich in's Ge&#x017F;icht. Der<lb/>
hu&#x017F;tete ein Wenig, wurde etwas roth, ließ es auch<lb/>
an einem ziemlich wüthigen Blicke nicht fehlen,<lb/>
begnügte &#x017F;ich &#x017F;odann aber &#x017F;ehr prakti&#x017F;ch damit, nach<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[168/0176] Aermel und dem bräunlich gelben Glacéhandſchuh — Donnerwetter! war ſie nicht zum Küſſen —? Das ſchwarze, wellige Haar, am Hinterkopfe zu einem vollen, ſchweren Knoten zuſammengeflochten, unter dem Hute noch deutlich ſichtbar, mit ſelbſtändiger Plaſtik hingeſtellt, ergänzte prachtvoll die ſcharfen und doch feinen Züge des Profils. Die beiden ſchienen ſich nicht viel zu ſagen zu haben. Das kleine Weib ſog öfter durch die zarten, ſauberen Strohröhrchen an ſeinem Eiskaffee und ſchaute ſich ſonſt fleißig im Saale um. Adam be- merkte, wie der Dame von einigen Herren, die hinten in der einen Ecke des Zimmers ſaßen, zu- genickt wurde. Die Cumpane grinſten geärgert- amüſirt. Nun ja doch! Was wunderte er ſich denn? Immer wieder das alte Erſtaunen und der alte Unmuth .. das alte Bedauern? Nun erhielt auch Adam einmal das volle Geſicht ſeiner Nachbarin und einen kurzen, ſcharfen Blick dazu. Jetzt wurde er von dem Herrn, dem Ritter und Liebhaber der reizenden Donna, nachdrücklich fixirt. Der Her Doctor ließ ſich nicht aus der „Contenance“ bringen. Er bereitete ſich ſehr ruhig ſeinen Abſynth, der unter- weilen vor ihm hingeſchoben war, that einen vollen Zug und brannte ſich nachläſſig-herausfordernd eine Cigarette an. Die erſte Ladung Rauch blies er ſeinem Gegenüber etwas unhöflich in's Geſicht. Der huſtete ein Wenig, wurde etwas roth, ließ es auch an einem ziemlich wüthigen Blicke nicht fehlen, begnügte ſich ſodann aber ſehr praktiſch damit, nach

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/176
Zitationshilfe: Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/176>, abgerufen am 01.05.2024.