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Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874.

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ten haben kann und in Wirklichkeit recht oft hat.
Wir haben hier nicht jene allgemeinen Schwierigkei-
ten im Auge, welche das wahrhaft christliche Leben
immer und für alle mit sich führt; vielmehr sprechen
wir hier von gewissen besondern Schwierigkeiten,
welche eben mehr oder weniger ausschließlich für den
Vater bestehen. Sie liegen theils in seiner männ-
lichen Eigenart, theils in der besondern Aufgabe und
in den Verhältnissen seines Lebens.

Wird die Muter schon durch ihr natürliches
Wesen zur Frömmigkeit hingezogen, so ist das beim
Vater oft weniger der Fall. Bei ihm herrscht durch-
weg mehr der kalte Verstand vor; er hat das, was
die Mutter auch nach dem Zuge ihres Gefühles thut,
mehr in Berechnung des Verstandes und im Pflicht-
gefühl zu thun. Es ist leicht so viel schwerer. -
Er findet im Allgemeinen in den Uebungen des
christlichen Lebens nicht so große Genüge, wie die
Mutter; wiederum etwas, was ihm dieselben er-
schwert. - Er ist fast immer in viel höherm Grade
von der Arbeit und den Geschäften des Lebens, von
ihren Sorgen und Zerstreuungen in Anspruch ge-
nommen; dadurch wird's oft schwer genug, die Rich-
tung auf Gott, den Sinn für's Höhere, den Eifer
des christlichen Lebens zu behaupten. - Dazu kommt,
daß das Leben des Mannes an Gefahren und Ver-
suchungen der manchfachsten Art so viel reicher zu
sein pflegt, als das doch vorwiegend in viel engerm
Kreise beschlossene Leben der Mutter! Wird's ihn
nicht hinreißen zu gar zu häufigem Lebensgenuß, zu
unzeitigem Wirthshausbesuch, zur Unmäßigkeit im
Trinken, zu Verstößen wider die christliche Gerech-
tigkeit, zu Verstößen gegen die Keuschheit? - Und

ten haben kann und in Wirklichkeit recht oft hat.
Wir haben hier nicht jene allgemeinen Schwierigkei-
ten im Auge, welche das wahrhaft christliche Leben
immer und für alle mit sich führt; vielmehr sprechen
wir hier von gewissen besondern Schwierigkeiten,
welche eben mehr oder weniger ausschließlich für den
Vater bestehen. Sie liegen theils in seiner männ-
lichen Eigenart, theils in der besondern Aufgabe und
in den Verhältnissen seines Lebens.

Wird die Muter schon durch ihr natürliches
Wesen zur Frömmigkeit hingezogen, so ist das beim
Vater oft weniger der Fall. Bei ihm herrscht durch-
weg mehr der kalte Verstand vor; er hat das, was
die Mutter auch nach dem Zuge ihres Gefühles thut,
mehr in Berechnung des Verstandes und im Pflicht-
gefühl zu thun. Es ist leicht so viel schwerer. -
Er findet im Allgemeinen in den Uebungen des
christlichen Lebens nicht so große Genüge, wie die
Mutter; wiederum etwas, was ihm dieselben er-
schwert. – Er ist fast immer in viel höherm Grade
von der Arbeit und den Geschäften des Lebens, von
ihren Sorgen und Zerstreuungen in Anspruch ge-
nommen; dadurch wird's oft schwer genug, die Rich-
tung auf Gott, den Sinn für's Höhere, den Eifer
des christlichen Lebens zu behaupten. – Dazu kommt,
daß das Leben des Mannes an Gefahren und Ver-
suchungen der manchfachsten Art so viel reicher zu
sein pflegt, als das doch vorwiegend in viel engerm
Kreise beschlossene Leben der Mutter! Wird's ihn
nicht hinreißen zu gar zu häufigem Lebensgenuß, zu
unzeitigem Wirthshausbesuch, zur Unmäßigkeit im
Trinken, zu Verstößen wider die christliche Gerech-
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[57/0060] ten haben kann und in Wirklichkeit recht oft hat. Wir haben hier nicht jene allgemeinen Schwierigkei- ten im Auge, welche das wahrhaft christliche Leben immer und für alle mit sich führt; vielmehr sprechen wir hier von gewissen besondern Schwierigkeiten, welche eben mehr oder weniger ausschließlich für den Vater bestehen. Sie liegen theils in seiner männ- lichen Eigenart, theils in der besondern Aufgabe und in den Verhältnissen seines Lebens. Wird die Muter schon durch ihr natürliches Wesen zur Frömmigkeit hingezogen, so ist das beim Vater oft weniger der Fall. Bei ihm herrscht durch- weg mehr der kalte Verstand vor; er hat das, was die Mutter auch nach dem Zuge ihres Gefühles thut, mehr in Berechnung des Verstandes und im Pflicht- gefühl zu thun. Es ist leicht so viel schwerer. - Er findet im Allgemeinen in den Uebungen des christlichen Lebens nicht so große Genüge, wie die Mutter; wiederum etwas, was ihm dieselben er- schwert. – Er ist fast immer in viel höherm Grade von der Arbeit und den Geschäften des Lebens, von ihren Sorgen und Zerstreuungen in Anspruch ge- nommen; dadurch wird's oft schwer genug, die Rich- tung auf Gott, den Sinn für's Höhere, den Eifer des christlichen Lebens zu behaupten. – Dazu kommt, daß das Leben des Mannes an Gefahren und Ver- suchungen der manchfachsten Art so viel reicher zu sein pflegt, als das doch vorwiegend in viel engerm Kreise beschlossene Leben der Mutter! Wird's ihn nicht hinreißen zu gar zu häufigem Lebensgenuß, zu unzeitigem Wirthshausbesuch, zur Unmäßigkeit im Trinken, zu Verstößen wider die christliche Gerech- tigkeit, zu Verstößen gegen die Keuschheit? – Und

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Zitationshilfe: Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_mutter_1874/60>, abgerufen am 26.04.2024.