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Frau von D.: Die in der Liebe herumschweifende oder bestrafte Untreue. 1763.

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von ihrem Manne empfieng, die wie-
derhohlten Küsse, das Stillschweigen
bey dergleichen Gelegenheit, die un-
gleich dergleichen Gelegenheit, die un-
gleich grössere Munterkeit und Bemü-
hung, bey ihr einen Argwohn, so
bald die erste Verblendung der Wol-
lust vorbey war. Auf der andern Sei-
te befand sich der Edelknabe in einem
grausamen Zustande; er glaube all
Augenblicke seinen Herrn mit einem
Dolche ankommen zu sehen, mit wel-
chem er ihm nach hundert Stössen das
Leben nähme; er unterstand sich nicht,
seine Frau um Vergebung zu bitten,
und ihr die Wahrheit zu entdecken:
Er sahe die Schwierigkeiten, sie zu ver-
lassen, ohne ihr etwas zu sagen: Er
befürchtete, Donne Marie möch-
te ihrem Mann wider ihren Willen
durch die blosse Erzehlung dessen, was
vorgegangen wäre, davon Nachricht
geben. Kurtz, er sahe sich vielleicht
eben so sehr durch die Unruhe gemar-
tert, als er von seinen Ergötzungen
bezaubert war. Nach alle dieser Un-
schlüßigkeit nahm er sich vor, zu ihr
zu reden, als wäre er bey der Chi

mene,
B

von ihrem Manne empfieng, die wie-
derhohlten Kuͤſſe, das Stillſchweigen
bey dergleichen Gelegenheit, die un-
gleich dergleichen Gelegenheit, die un-
gleich groͤſſere Munterkeit und Bemuͤ-
hung, bey ihr einen Argwohn, ſo
bald die erſte Verblendung der Wol-
luſt vorbey war. Auf der andern Sei-
te befand ſich der Edelknabe in einem
grauſamen Zuſtande; er glaube all
Augenblicke ſeinen Herrn mit einem
Dolche ankommen zu ſehen, mit wel-
chem er ihm nach hundert Stoͤſſen das
Leben naͤhme; er unterſtand ſich nicht,
ſeine Frau um Vergebung zu bitten,
und ihr die Wahrheit zu entdecken:
Er ſahe die Schwierigkeiten, ſie zu ver-
laſſen, ohne ihr etwas zu ſagen: Er
befuͤrchtete, Donne Marie moͤch-
te ihrem Mann wider ihren Willen
durch die bloſſe Erzehlung deſſen, was
vorgegangen waͤre, davon Nachricht
geben. Kurtz, er ſahe ſich vielleicht
eben ſo ſehr durch die Unruhe gemar-
tert, als er von ſeinen Ergoͤtzungen
bezaubert war. Nach alle dieſer Un-
ſchluͤßigkeit nahm er ſich vor, zu ihr
zu reden, als waͤre er bey der Chi

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[17/0019] von ihrem Manne empfieng, die wie- derhohlten Kuͤſſe, das Stillſchweigen bey dergleichen Gelegenheit, die un- gleich dergleichen Gelegenheit, die un- gleich groͤſſere Munterkeit und Bemuͤ- hung, bey ihr einen Argwohn, ſo bald die erſte Verblendung der Wol- luſt vorbey war. Auf der andern Sei- te befand ſich der Edelknabe in einem grauſamen Zuſtande; er glaube all Augenblicke ſeinen Herrn mit einem Dolche ankommen zu ſehen, mit wel- chem er ihm nach hundert Stoͤſſen das Leben naͤhme; er unterſtand ſich nicht, ſeine Frau um Vergebung zu bitten, und ihr die Wahrheit zu entdecken: Er ſahe die Schwierigkeiten, ſie zu ver- laſſen, ohne ihr etwas zu ſagen: Er befuͤrchtete, Donne Marie moͤch- te ihrem Mann wider ihren Willen durch die bloſſe Erzehlung deſſen, was vorgegangen waͤre, davon Nachricht geben. Kurtz, er ſahe ſich vielleicht eben ſo ſehr durch die Unruhe gemar- tert, als er von ſeinen Ergoͤtzungen bezaubert war. Nach alle dieſer Un- ſchluͤßigkeit nahm er ſich vor, zu ihr zu reden, als waͤre er bey der Chi mene, B

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Zitationshilfe: Frau von D.: Die in der Liebe herumschweifende oder bestrafte Untreue. 1763, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/d_untreue_1763/19>, abgerufen am 26.04.2024.