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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 5. Straßburg, 1654.

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Die Zwey vnd dreysigste
len schröcklichen das schröcklichste einem Heiden/ aber einem Christen vnter
allen tröstlichen das tröstlichste/ wann er bedenckt/ daß es ihme kein tod heis-
se vnd seyn solle/ wie Christus von ihm selbs saget: Jch bin das Brod/
Ioh. 6, 50.das von Himmel kommet/ auff daß wer davon isset/ nit sterbe.
sondern ein süsser Schlaff/ eine Thür vnd Thor ins ewige himmlische Vat-
terland/ ein reicher vnd ansehenlicher Gewinn.

Was thut ein guter Hertzens-Freund mehr/ wann er von dem tode
seines gleich guten lieben Hertzens-Freundes höret? commoritur, er stir-
bet mit ihm/
wo nicht in effectu vnd in der That/ doch in affectu vnd im
Hertzen/ stunnde es bey ihm/ so wer er bereit mit demselben zusterben vnd in der
Todten-fahrt Gesellschafft zu leisten; ein Freund ist seines Freundes halbe
August. de
Amico. l.
4. Confess.
c.
6.
Seele/ spricht Augustinus; dahero wunderte ich mich/ daß ich/ der ich des-
selbigen ander war/ lebete/ da mein Freund gestorben war; sintemahl ich
gleichsam empfunden/ daß meine Seele vnnd seine Seele gewesen sey einig
in zweyen Leibern/ deßwegen schewete ich mich zuleben/ weil ich nicht halb le-
ben wolte.

Teste Coel. Rhodig. l. 28, 15. vide exempla amicorum commorientium apud
Valer. Max. l. 2, 6. Caesar, de bello Gallico l. 3, 22. Tacit de morib. Germ. c. 14.
Virgil. l. 9. de Niso & Euryalo. Erasm. in Chiliad. p. m.
740.

Bey den Thraciern wurde von den nehesten Freunden entscheiden vnd an-
gezeiget/ welche ihrem Ehemann im leben am liebsten gewesen; dieselbe wurd
auß den andern herfür gezogen/ vnd bey ihres Mannes Grabe geschlachtet
vnd also von ihrem nehesten Freunde einem auffgeopffert; die andern aber
weineten darüber vnd hieltens ihnen für eine grosse schande/ daß sie solches
lobs vnd ruhms beraubt seyn müßten. Nun Christus ist vnser bester Freund;
Ey so last vns auch mit ihm sterben! das geschicht/ wann wir der sünden ab-
Rom. 6, 2.
2. Cor.
5, 15.
sterben/ Wie solten wir in Sünden wollen leben/ der wir abgestor-
ben sind?
wie dann Christus darumb für alle gestorben/ auff daß
die/ so da leben/ hinfort nicht ihnen selbs leben/ sondern dem/

Gal. 2, 19.
20.
der für sie gestorben vnd aufferstanden ist. Jch bin mit Chri-
sto gecreutziget/ ich lebe aber/ doch nun nicht ich/ sondern
Christus lebet in mir; denn was ich jetzt im Fleisch lebe/ das
lebe ich in dem Glauben deß Sohnes Gottes/ der mich geliebet

Gal. 6, 14.hat/ vnd sich selbs für mich dargegeben. Es seye aber ferne von

mir

Die Zwey vnd dreyſigſte
len ſchroͤcklichen das ſchroͤcklichſte einem Heiden/ aber einem Chriſten vnter
allen troͤſtlichen das troͤſtlichſte/ wann er bedenckt/ daß es ihme kein tod heiſ-
ſe vnd ſeyn ſolle/ wie Chriſtus von ihm ſelbs ſaget: Jch bin das Brod/
Ioh. 6, 50.das von Himmel kommet/ auff daß wer davon iſſet/ nit ſterbe.
ſondern ein ſuͤſſer Schlaff/ eine Thuͤr vnd Thor ins ewige him̃liſche Vat-
terland/ ein reicher vnd anſehenlicher Gewinn.

Was thut ein guter Hertzens-Freund mehr/ wann er von dem tode
ſeines gleich guten lieben Hertzens-Freundes hoͤret? commoritur, er ſtir-
bet mit ihm/
wo nicht in effectu vnd in der That/ doch in affectu vnd im
Hertzen/ ſtũnde es bey ihm/ ſo wer er bereit mit demſelben zuſterben vnd in der
Todten-fahrt Geſellſchafft zu leiſten; ein Freund iſt ſeines Freundes halbe
Auguſt. de
Amico. l.
4. Confeſſ.
c.
6.
Seele/ ſpricht Auguſtinus; dahero wunderte ich mich/ daß ich/ der ich deſ-
ſelbigen ander war/ lebete/ da mein Freund geſtorben war; ſintemahl ich
gleichſam empfunden/ daß meine Seele vnnd ſeine Seele geweſen ſey einig
in zweyen Leibern/ deßwegen ſchewete ich mich zuleben/ weil ich nicht halb le-
ben wolte.

Teſte Cœl. Rhodig. l. 28, 15. vide exempla amicorum commorientium apud
Valer. Max. l. 2, 6. Cæſar, de bello Gallico l. 3, 22. Tacit de morib. Germ. c. 14.
Virgil. l. 9. de Niſo & Euryalo. Eraſm. in Chiliad. p. m.
740.

Bey den Thraciern wurde von den neheſten Freunden entſcheiden vnd an-
gezeiget/ welche ihrem Ehemann im leben am liebſten geweſen; dieſelbe wurd
auß den andern herfuͤr gezogen/ vnd bey ihres Mannes Grabe geſchlachtet
vnd alſo von ihrem neheſten Freunde einem auffgeopffert; die andern aber
weineten daruͤber vnd hieltens ihnen fuͤr eine groſſe ſchande/ daß ſie ſolches
lobs vnd ruhms beraubt ſeyn muͤßtẽ. Nun Chriſtus iſt vnſer beſter Freund;
Ey ſo laſt vns auch mit ihm ſterben! das geſchicht/ wann wir der ſuͤnden ab-
Rom. 6, 2.
2. Cor.
5, 15.
ſterbẽ/ Wie ſolten wir in Suͤnden wollen leben/ der wir abgeſtor-
ben ſind?
wie dann Chriſtus darumb fuͤr alle geſtorben/ auff daß
die/ ſo da leben/ hinfort nicht ihnen ſelbs leben/ ſondern dem/

Gal. 2, 19.
20.
der fuͤr ſie geſtorben vnd aufferſtanden iſt. Jch bin mit Chri-
ſto gecreutziget/ ich lebe aber/ doch nun nicht ich/ ſondern
Chriſtus lebet in mir; denn was ich jetzt im Fleiſch lebe/ das
lebe ich in dem Glauben deß Sohnes Gottes/ der mich geliebet

Gal. 6, 14.hat/ vnd ſich ſelbs fuͤr mich dargegeben. Es ſeye aber ferne von

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[990/0474] Die Zwey vnd dreyſigſte len ſchroͤcklichen das ſchroͤcklichſte einem Heiden/ aber einem Chriſten vnter allen troͤſtlichen das troͤſtlichſte/ wann er bedenckt/ daß es ihme kein tod heiſ- ſe vnd ſeyn ſolle/ wie Chriſtus von ihm ſelbs ſaget: Jch bin das Brod/ das von Himmel kommet/ auff daß wer davon iſſet/ nit ſterbe. ſondern ein ſuͤſſer Schlaff/ eine Thuͤr vnd Thor ins ewige him̃liſche Vat- terland/ ein reicher vnd anſehenlicher Gewinn. Ioh. 6, 50. Was thut ein guter Hertzens-Freund mehr/ wann er von dem tode ſeines gleich guten lieben Hertzens-Freundes hoͤret? commoritur, er ſtir- bet mit ihm/ wo nicht in effectu vnd in der That/ doch in affectu vnd im Hertzen/ ſtũnde es bey ihm/ ſo wer er bereit mit demſelben zuſterben vnd in der Todten-fahrt Geſellſchafft zu leiſten; ein Freund iſt ſeines Freundes halbe Seele/ ſpricht Auguſtinus; dahero wunderte ich mich/ daß ich/ der ich deſ- ſelbigen ander war/ lebete/ da mein Freund geſtorben war; ſintemahl ich gleichſam empfunden/ daß meine Seele vnnd ſeine Seele geweſen ſey einig in zweyen Leibern/ deßwegen ſchewete ich mich zuleben/ weil ich nicht halb le- ben wolte. Auguſt. de Amico. l. 4. Confeſſ. c. 6. Teſte Cœl. Rhodig. l. 28, 15. vide exempla amicorum commorientium apud Valer. Max. l. 2, 6. Cæſar, de bello Gallico l. 3, 22. Tacit de morib. Germ. c. 14. Virgil. l. 9. de Niſo & Euryalo. Eraſm. in Chiliad. p. m. 740. Bey den Thraciern wurde von den neheſten Freunden entſcheiden vnd an- gezeiget/ welche ihrem Ehemann im leben am liebſten geweſen; dieſelbe wurd auß den andern herfuͤr gezogen/ vnd bey ihres Mannes Grabe geſchlachtet vnd alſo von ihrem neheſten Freunde einem auffgeopffert; die andern aber weineten daruͤber vnd hieltens ihnen fuͤr eine groſſe ſchande/ daß ſie ſolches lobs vnd ruhms beraubt ſeyn muͤßtẽ. Nun Chriſtus iſt vnſer beſter Freund; Ey ſo laſt vns auch mit ihm ſterben! das geſchicht/ wann wir der ſuͤnden ab- ſterbẽ/ Wie ſolten wir in Suͤnden wollen leben/ der wir abgeſtor- ben ſind? wie dann Chriſtus darumb fuͤr alle geſtorben/ auff daß die/ ſo da leben/ hinfort nicht ihnen ſelbs leben/ ſondern dem/ der fuͤr ſie geſtorben vnd aufferſtanden iſt. Jch bin mit Chri- ſto gecreutziget/ ich lebe aber/ doch nun nicht ich/ ſondern Chriſtus lebet in mir; denn was ich jetzt im Fleiſch lebe/ das lebe ich in dem Glauben deß Sohnes Gottes/ der mich geliebet hat/ vnd ſich ſelbs fuͤr mich dargegeben. Es ſeye aber ferne von mir Rom. 6, 2. 2. Cor. 5, 15. Gal. 2, 19. 20. Gal. 6, 14.

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 5. Straßburg, 1654, S. 990. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus05_1654/474>, abgerufen am 29.04.2024.