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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 9. Straßburg, 1672.

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Die Dritte
Göttlichen Wort (Du solt essen von allerley Bäumen im Gar-
ten. Aber von dem Baum des Erkäntnüß Guten und Bö-
sen soltu nicht essen/ denn welches Tages du davon issest/ wirst
du des Todes sterben.
Gen. II. 16. 17.) in Zweiffel gezogen. Siehet
demnach Paulus 1. auff seine panourgian des Satans Gauckeley/ Ver-
blendung und Zauberey/ damit er das Hertz des Glaubens/ die Erkänt-
nüß Göttliches Worts/ als mit einem schleichenden Gifft angegriffen/
negando sensum verbi, das Wort konte er nicht umstossen/ darum
machte er sich an den Verstand der Wort: Ja solte auch GOtt wol
gesagt haben/ ihr solt nicht essen von allerley Bäumen im
Garten?
Du hasts nicht recht verstanden/ du bist gar zu alber und ein-
fältig meine liebe Eva/ es müssen die Wort eine andere Bedeutung ha-
ben: Sintemal der Buchstäbige Verstand laufft 1. wider GOttes Ehr
und Gunst/ Gott ist das höchste Gut/ hat euch in den Garten gesetzt/
denselben zu bauen/ wie solt er euch den Genuß dieses Baums denn nicht
auch gönnen? Gott hat euch zu Herrn über alle Thier gemacht/ keines
außgenommen/ wie vielmehr über alle Bäume? Laufft 2. wider euern
Nutzen/ Gott meynts ja wieder gut mit euch/ hat um euert willen alles
erschaffen/ wie solt er euch dann diesen Baum versagen? 3. contra ratio-
nem paritatis.
Solt Gott wol gesagt haben: Jhr solt nicht essen von
allerley Bäumen/ hat er euch die Gattung vergönnt/ warum nicht auch
diese? par ratio. 4. Contra nominis impositionem, wider des Baums
Benamsung. Es hat ja der Baum den Namen nicht vergebens/ daß
er der Baum des Erkäntnüß Guten und Bösen genennet wird/ sondern
eben darum/ daß er klug macht/ zur Englischen ja Göttlichen Erkäntnüß
führet. Das war nun die schöne Abend-Predigt/ die ihnen der Teuffel
gehalten. Damit er dann ihren Sinn verwirrt/ daß da sie hätten den
Knopff gleichsam mit dem Schwerd aufflösen und zerhauen sollen/ sie
sich verstrickt/ und angefangen zu zweiffeln per ne forte. Eva wider-
spricht/ aber mit zweiffeln/ Wir essen von den Früchten der Bäu-
me im Garten/ aber von den Früchten des Baums mitten im
Garten hat GOtt gesagt: Esset nicht davon/ rührets auch
nicht an/ daß ihr
([fremdsprachliches Material - 2 Zeichen fehlen] ne forte) vielleicht nicht sterbet. Gen. III, 4.
Eva gedachte/ Gott werde ja so streng nicht seyn/ daß er sie um eines
einigen Apffel-Bisses willen tödten würde; Es werde ja Gott an einem
Apffel nicht viel liegen/ es werde so viel nicht zu bedeuten haben/ es wäre
keine Sach von so grosser importanz. War also der Beyfall und Zu-

versicht

Die Dritte
Goͤttlichen Wort (Du ſolt eſſen von allerley Baͤumen im Gar-
ten. Aber von dem Baum des Erkaͤntnuͤß Guten und Boͤ-
ſen ſoltu nicht eſſen/ denn welches Tages du davon iſſeſt/ wirſt
du des Todes ſterben.
Gen. II. 16. 17.) in Zweiffel gezogen. Siehet
demnach Paulus 1. auff ſeine πανουργίαν des Satans Gauckeley/ Ver-
blendung und Zauberey/ damit er das Hertz des Glaubens/ die Erkaͤnt-
nuͤß Goͤttliches Worts/ als mit einem ſchleichenden Gifft angegriffen/
negando ſenſum verbi, das Wort konte er nicht umſtoſſen/ darum
machte er ſich an den Verſtand der Wort: Ja ſolte auch GOtt wol
geſagt haben/ ihr ſolt nicht eſſen von allerley Baͤumen im
Garten?
Du haſts nicht recht verſtanden/ du biſt gar zu alber und ein-
faͤltig meine liebe Eva/ es muͤſſen die Wort eine andere Bedeutung ha-
ben: Sintemal der Buchſtaͤbige Verſtand laufft 1. wider GOttes Ehr
und Gunſt/ Gott iſt das hoͤchſte Gut/ hat euch in den Garten geſetzt/
denſelben zu bauen/ wie ſolt er euch den Genuß dieſes Baums denn nicht
auch goͤnnen? Gott hat euch zu Herꝛn uͤber alle Thier gemacht/ keines
außgenommen/ wie vielmehr uͤber alle Baͤume? Laufft 2. wider euern
Nutzen/ Gott meynts ja wieder gut mit euch/ hat um euert willen alles
erſchaffen/ wie ſolt er euch dann dieſen Baum verſagen? 3. contra ratio-
nem paritatis.
Solt Gott wol geſagt haben: Jhr ſolt nicht eſſen von
allerley Baͤumen/ hat er euch die Gattung vergoͤnnt/ warum nicht auch
dieſe? par ratio. 4. Contrà nominis impoſitionem, wider des Baums
Benamſung. Es hat ja der Baum den Namen nicht vergebens/ daß
er der Baum des Erkaͤntnuͤß Guten und Boͤſen genennet wird/ ſondern
eben darum/ daß er klug macht/ zur Engliſchen ja Goͤttlichen Erkaͤntnuͤß
fuͤhret. Das war nun die ſchoͤne Abend-Predigt/ die ihnen der Teuffel
gehalten. Damit er dann ihren Sinn verwirꝛt/ daß da ſie haͤtten den
Knopff gleichſam mit dem Schwerd auffloͤſen und zerhauen ſollen/ ſie
ſich verſtrickt/ und angefangen zu zweiffeln per ne fortè. Eva wider-
ſpricht/ aber mit zweiffeln/ Wir eſſen von den Fruͤchten der Baͤu-
me im Garten/ aber von den Fruͤchten des Baums mitten im
Garten hat GOtt geſagt: Eſſet nicht davon/ ruͤhrets auch
nicht an/ daß ihr
([fremdsprachliches Material – 2 Zeichen fehlen] ne fortè) vielleicht nicht ſterbet. Gen. III, 4.
Eva gedachte/ Gott werde ja ſo ſtreng nicht ſeyn/ daß er ſie um eines
einigen Apffel-Biſſes willen toͤdten wuͤrde; Es werde ja Gott an einem
Apffel nicht viel liegen/ es werde ſo viel nicht zu bedeuten haben/ es waͤre
keine Sach von ſo groſſer importanz. War alſo der Beyfall und Zu-

verſicht
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[162/0182] Die Dritte Goͤttlichen Wort (Du ſolt eſſen von allerley Baͤumen im Gar- ten. Aber von dem Baum des Erkaͤntnuͤß Guten und Boͤ- ſen ſoltu nicht eſſen/ denn welches Tages du davon iſſeſt/ wirſt du des Todes ſterben. Gen. II. 16. 17.) in Zweiffel gezogen. Siehet demnach Paulus 1. auff ſeine πανουργίαν des Satans Gauckeley/ Ver- blendung und Zauberey/ damit er das Hertz des Glaubens/ die Erkaͤnt- nuͤß Goͤttliches Worts/ als mit einem ſchleichenden Gifft angegriffen/ negando ſenſum verbi, das Wort konte er nicht umſtoſſen/ darum machte er ſich an den Verſtand der Wort: Ja ſolte auch GOtt wol geſagt haben/ ihr ſolt nicht eſſen von allerley Baͤumen im Garten? Du haſts nicht recht verſtanden/ du biſt gar zu alber und ein- faͤltig meine liebe Eva/ es muͤſſen die Wort eine andere Bedeutung ha- ben: Sintemal der Buchſtaͤbige Verſtand laufft 1. wider GOttes Ehr und Gunſt/ Gott iſt das hoͤchſte Gut/ hat euch in den Garten geſetzt/ denſelben zu bauen/ wie ſolt er euch den Genuß dieſes Baums denn nicht auch goͤnnen? Gott hat euch zu Herꝛn uͤber alle Thier gemacht/ keines außgenommen/ wie vielmehr uͤber alle Baͤume? Laufft 2. wider euern Nutzen/ Gott meynts ja wieder gut mit euch/ hat um euert willen alles erſchaffen/ wie ſolt er euch dann dieſen Baum verſagen? 3. contra ratio- nem paritatis. Solt Gott wol geſagt haben: Jhr ſolt nicht eſſen von allerley Baͤumen/ hat er euch die Gattung vergoͤnnt/ warum nicht auch dieſe? par ratio. 4. Contrà nominis impoſitionem, wider des Baums Benamſung. Es hat ja der Baum den Namen nicht vergebens/ daß er der Baum des Erkaͤntnuͤß Guten und Boͤſen genennet wird/ ſondern eben darum/ daß er klug macht/ zur Engliſchen ja Goͤttlichen Erkaͤntnuͤß fuͤhret. Das war nun die ſchoͤne Abend-Predigt/ die ihnen der Teuffel gehalten. Damit er dann ihren Sinn verwirꝛt/ daß da ſie haͤtten den Knopff gleichſam mit dem Schwerd auffloͤſen und zerhauen ſollen/ ſie ſich verſtrickt/ und angefangen zu zweiffeln per ne fortè. Eva wider- ſpricht/ aber mit zweiffeln/ Wir eſſen von den Fruͤchten der Baͤu- me im Garten/ aber von den Fruͤchten des Baums mitten im Garten hat GOtt geſagt: Eſſet nicht davon/ ruͤhrets auch nicht an/ daß ihr (__ ne fortè) vielleicht nicht ſterbet. Gen. III, 4. Eva gedachte/ Gott werde ja ſo ſtreng nicht ſeyn/ daß er ſie um eines einigen Apffel-Biſſes willen toͤdten wuͤrde; Es werde ja Gott an einem Apffel nicht viel liegen/ es werde ſo viel nicht zu bedeuten haben/ es waͤre keine Sach von ſo groſſer importanz. War alſo der Beyfall und Zu- verſicht

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 9. Straßburg, 1672, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus09_1672/182>, abgerufen am 29.04.2024.