Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Vierdte Predigt
ich auch allhie nichts gethan/ daß sie mich eingesetzet haben.
Gen. 40, 15.

II. Somnia diversa utriusque fontis, die zween unterschiedliche
Träume eines jeden Maleficanten; Jenem hat geträumet im Ge-
fängnuß/ es wäre ein Weinstock für ihm/ der hätte drey Reben/ und er gru-
nete/ wuchs und blühete/ und seine Trauben wurden reiff/ und er hatte den
Becher Pharao in feiner Hand/ und nahm die Beer und zutrucket sie in
den Becher/ und gab den Becher Pharao in die Hand. Dem andern
träumet von drey weissen Körben auff seinem Haupt/ und im obersten
Korb allerhand gebackene Speise dem Pharao/ und die Vögel assen auß
dem Korb auff seinem Haupt. Dieses waren somnia divina, Göttliche
Träume/ als welche sie gantz hefftig afficirt, und schwermühtig gemacht/
die/ wie von Gott dem H. Geist durch Josephs Mund/ gedeutet/ (betref-
fend solche Räth und Gedancken/ die noch in Pharaonis Hertzen verschlos-
sen gewesen.) Also auch von ihme eingegeben.

III. Somniorum interpretatio, die Deutung solcher Träume.
Dann da Joseph sie besuchet/ und in Schwermuht angetroffen/ so unter-
fangt er sich ihnen beeden auß dem Traum zu helffen/ und solche durch Gött-
liche Erleuchtung zu offenbahren; Jenem weissaget er Gutes: Drey
Reben sind drey Tage/ und über drey Tage wird Pharao dein
Haupt erheben/ und dich wieder in dein Ampt stellen/ daß du
ihme den Becher in die Hand gebest/ nach der vorigen weise/ da
du sein Schenck warest. Gen. 40, 12. 13. Diesem aber Böses: Drey
Körbe seynd drey Tage/ und nach dreyen Tagen wird dir Pha-
rao dein Haupt erheben/ und dich an den Galgen hencken/ und
die Vögel werden dein Fleisch von dir essen. v. 18. 19. Jst alles
in eventu geschehen und wahr worden.

Christi Leben und Wandel ist der rechte Antitypus und Gegen-Bild.
Joseph war ein lebendiger Spiegel Christi/ beydes im Stand seiner Ernie-
drigung und Erhöhung/ wie davon E. L. zu andern zeiten höret/ sonderlich
was diese Geschicht anlanget/ am Stamm des Creutzes/ da wir auch drey
gefangene und gebundene Personen beysamen sehen/ zween schuldige und
ein unschuldiger/ Christus mitten unter zween Mördern. Es träumet
beeden vom Teuffel/ wiewol bey einem obscurius dunckler als bey dem an-
dern/ ihr Gewissen hat ihnen nichts Gutes predigen können: Christus
deutet ihnen den Traum/ dem einen zwar mit diesen Worten: Heut
wirst du mit mir im Paradiß seyn. Und gibt ex opposito und im
gegentheil zu verstehen/ was dem andern begegnen werde. Wir können

aber

Die Vierdte Predigt
ich auch allhie nichts gethan/ daß ſie mich eingeſetzet haben.
Gen. 40, 15.

II. Somnia diverſa utriusque fontis, die zween unterſchiedliche
Traͤume eines jeden Maleficanten; Jenem hat getraͤumet im Ge-
faͤngnuß/ es waͤre ein Weinſtock fuͤr ihm/ der haͤtte drey Reben/ und er gru-
nete/ wuchs und bluͤhete/ und ſeine Trauben wurden reiff/ und er hatte den
Becher Pharao in feiner Hand/ und nahm die Beer und zutrucket ſie in
den Becher/ und gab den Becher Pharao in die Hand. Dem andern
traͤumet von drey weiſſen Koͤrben auff ſeinem Haupt/ und im oberſten
Korb allerhand gebackene Speiſe dem Pharao/ und die Voͤgel aſſen auß
dem Korb auff ſeinem Haupt. Dieſes waren ſomnia divina, Goͤttliche
Traͤume/ als welche ſie gantz hefftig afficirt, und ſchwermuͤhtig gemacht/
die/ wie von Gott dem H. Geiſt durch Joſephs Mund/ gedeutet/ (betref-
fend ſolche Raͤth und Gedancken/ die noch in Pharaonis Hertzen verſchloſ-
ſen geweſen.) Alſo auch von ihme eingegeben.

III. Somniorum interpretatio, die Deutung ſolcher Traͤume.
Dann da Joſeph ſie beſuchet/ und in Schwermuht angetroffen/ ſo unter-
fangt er ſich ihnen beeden auß dem Traum zu helffen/ und ſolche durch Goͤtt-
liche Erleuchtung zu offenbahren; Jenem weiſſaget er Gutes: Drey
Reben ſind drey Tage/ und uͤber drey Tage wird Pharao dein
Haupt erheben/ und dich wieder in dein Ampt ſtellen/ daß du
ihme den Becher in die Hand gebeſt/ nach der vorigen weiſe/ da
du ſein Schenck wareſt. Gen. 40, 12. 13. Dieſem aber Boͤſes: Drey
Koͤrbe ſeynd drey Tage/ und nach dreyen Tagen wird dir Pha-
rao dein Haupt erheben/ und dich an den Galgen hencken/ und
die Voͤgel werden dein Fleiſch von dir eſſen. v. 18. 19. Jſt alles
in eventu geſchehen und wahr worden.

Chriſti Leben und Wandel iſt der rechte Antitypus und Gegen-Bild.
Joſeph war ein lebendiger Spiegel Chriſti/ beydes im Stand ſeiner Ernie-
drigung und Erhoͤhung/ wie davon E. L. zu andern zeiten hoͤret/ ſonderlich
was dieſe Geſchicht anlanget/ am Stamm des Creutzes/ da wir auch drey
gefangene und gebundene Perſonen beyſamen ſehen/ zween ſchuldige und
ein unſchuldiger/ Chriſtus mitten unter zween Moͤrdern. Es traͤumet
beeden vom Teuffel/ wiewol bey einem obſcurius dunckler als bey dem an-
dern/ ihr Gewiſſen hat ihnen nichts Gutes predigen koͤnnen: Chriſtus
deutet ihnen den Traum/ dem einen zwar mit dieſen Worten: Heut
wirſt du mit mir im Paradiß ſeyn. Und gibt ex oppoſito und im
gegentheil zu verſtehen/ was dem andern begegnen werde. Wir koͤnnen

aber
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0238" n="220"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die Vierdte Predigt</hi></fw><lb/>
ich auch allhie nichts gethan/ daß &#x017F;ie mich einge&#x017F;etzet haben.<lb/><hi rendition="#aq">Gen.</hi> 40, 15.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#aq">II. Somnia diver&#x017F;a utriusque fontis,</hi> die zween unter&#x017F;chiedliche<lb/>
Tra&#x0364;ume eines jeden Maleficanten; Jenem hat getra&#x0364;umet im Ge-<lb/>
fa&#x0364;ngnuß/ es wa&#x0364;re ein Wein&#x017F;tock fu&#x0364;r ihm/ der ha&#x0364;tte drey Reben/ und er gru-<lb/>
nete/ wuchs und blu&#x0364;hete/ und &#x017F;eine Trauben wurden reiff/ und er hatte den<lb/>
Becher Pharao in feiner Hand/ und nahm die Beer und zutrucket &#x017F;ie in<lb/>
den Becher/ und gab den Becher Pharao in die Hand. Dem andern<lb/>
tra&#x0364;umet von drey wei&#x017F;&#x017F;en Ko&#x0364;rben auff &#x017F;einem Haupt/ und im ober&#x017F;ten<lb/>
Korb allerhand gebackene Spei&#x017F;e dem Pharao/ und die Vo&#x0364;gel a&#x017F;&#x017F;en auß<lb/>
dem Korb auff &#x017F;einem Haupt. Die&#x017F;es waren <hi rendition="#aq">&#x017F;omnia divina,</hi> Go&#x0364;ttliche<lb/>
Tra&#x0364;ume/ als welche &#x017F;ie gantz hefftig <hi rendition="#aq">affici</hi>rt, und &#x017F;chwermu&#x0364;htig gemacht/<lb/>
die/ wie von <hi rendition="#k">Gott</hi> dem H. Gei&#x017F;t durch Jo&#x017F;ephs Mund/ gedeutet/ (betref-<lb/>
fend &#x017F;olche Ra&#x0364;th und Gedancken/ die noch in Pharaonis Hertzen ver&#x017F;chlo&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en gewe&#x017F;en.) Al&#x017F;o auch von ihme eingegeben.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#aq">III. Somniorum interpretatio,</hi> die Deutung &#x017F;olcher Tra&#x0364;ume.<lb/>
Dann da Jo&#x017F;eph &#x017F;ie be&#x017F;uchet/ und in Schwermuht angetroffen/ &#x017F;o unter-<lb/>
fangt er &#x017F;ich ihnen beeden auß dem Traum zu helffen/ und &#x017F;olche durch Go&#x0364;tt-<lb/>
liche Erleuchtung zu offenbahren; Jenem wei&#x017F;&#x017F;aget er Gutes: Drey<lb/>
Reben &#x017F;ind drey Tage/ und u&#x0364;ber drey Tage wird Pharao dein<lb/>
Haupt erheben/ und dich wieder in dein Ampt &#x017F;tellen/ daß du<lb/>
ihme den Becher in die Hand gebe&#x017F;t/ nach der vorigen wei&#x017F;e/ da<lb/>
du &#x017F;ein Schenck ware&#x017F;t. <hi rendition="#aq">Gen.</hi> 40, 12. 13. Die&#x017F;em aber Bo&#x0364;&#x017F;es: Drey<lb/>
Ko&#x0364;rbe &#x017F;eynd drey Tage/ und nach dreyen Tagen wird dir Pha-<lb/>
rao dein Haupt erheben/ und dich an den Galgen hencken/ und<lb/>
die Vo&#x0364;gel werden dein Flei&#x017F;ch von dir e&#x017F;&#x017F;en. <hi rendition="#aq">v.</hi> 18. 19. J&#x017F;t alles<lb/><hi rendition="#aq">in eventu</hi> ge&#x017F;chehen und wahr worden.</p><lb/>
          <p>Chri&#x017F;ti Leben und Wandel i&#x017F;t der rechte <hi rendition="#aq">Antitypus</hi> und Gegen-Bild.<lb/>
Jo&#x017F;eph war ein lebendiger Spiegel Chri&#x017F;ti/ beydes im Stand &#x017F;einer Ernie-<lb/>
drigung und Erho&#x0364;hung/ wie davon E. L. zu andern zeiten ho&#x0364;ret/ &#x017F;onderlich<lb/>
was die&#x017F;e Ge&#x017F;chicht anlanget/ am Stamm des Creutzes/ da wir auch drey<lb/>
gefangene und gebundene Per&#x017F;onen bey&#x017F;amen &#x017F;ehen/ zween &#x017F;chuldige und<lb/>
ein un&#x017F;chuldiger/ Chri&#x017F;tus mitten unter zween Mo&#x0364;rdern. Es tra&#x0364;umet<lb/>
beeden vom Teuffel/ wiewol bey einem <hi rendition="#aq">ob&#x017F;curius</hi> dunckler als bey dem an-<lb/>
dern/ ihr Gewi&#x017F;&#x017F;en hat ihnen nichts Gutes predigen ko&#x0364;nnen: Chri&#x017F;tus<lb/>
deutet ihnen den Traum/ dem einen zwar mit die&#x017F;en Worten: Heut<lb/>
wir&#x017F;t du mit mir im Paradiß &#x017F;eyn. Und gibt <hi rendition="#aq">ex oppo&#x017F;ito</hi> und im<lb/>
gegentheil zu ver&#x017F;tehen/ was dem andern begegnen werde. Wir ko&#x0364;nnen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">aber</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[220/0238] Die Vierdte Predigt ich auch allhie nichts gethan/ daß ſie mich eingeſetzet haben. Gen. 40, 15. II. Somnia diverſa utriusque fontis, die zween unterſchiedliche Traͤume eines jeden Maleficanten; Jenem hat getraͤumet im Ge- faͤngnuß/ es waͤre ein Weinſtock fuͤr ihm/ der haͤtte drey Reben/ und er gru- nete/ wuchs und bluͤhete/ und ſeine Trauben wurden reiff/ und er hatte den Becher Pharao in feiner Hand/ und nahm die Beer und zutrucket ſie in den Becher/ und gab den Becher Pharao in die Hand. Dem andern traͤumet von drey weiſſen Koͤrben auff ſeinem Haupt/ und im oberſten Korb allerhand gebackene Speiſe dem Pharao/ und die Voͤgel aſſen auß dem Korb auff ſeinem Haupt. Dieſes waren ſomnia divina, Goͤttliche Traͤume/ als welche ſie gantz hefftig afficirt, und ſchwermuͤhtig gemacht/ die/ wie von Gott dem H. Geiſt durch Joſephs Mund/ gedeutet/ (betref- fend ſolche Raͤth und Gedancken/ die noch in Pharaonis Hertzen verſchloſ- ſen geweſen.) Alſo auch von ihme eingegeben. III. Somniorum interpretatio, die Deutung ſolcher Traͤume. Dann da Joſeph ſie beſuchet/ und in Schwermuht angetroffen/ ſo unter- fangt er ſich ihnen beeden auß dem Traum zu helffen/ und ſolche durch Goͤtt- liche Erleuchtung zu offenbahren; Jenem weiſſaget er Gutes: Drey Reben ſind drey Tage/ und uͤber drey Tage wird Pharao dein Haupt erheben/ und dich wieder in dein Ampt ſtellen/ daß du ihme den Becher in die Hand gebeſt/ nach der vorigen weiſe/ da du ſein Schenck wareſt. Gen. 40, 12. 13. Dieſem aber Boͤſes: Drey Koͤrbe ſeynd drey Tage/ und nach dreyen Tagen wird dir Pha- rao dein Haupt erheben/ und dich an den Galgen hencken/ und die Voͤgel werden dein Fleiſch von dir eſſen. v. 18. 19. Jſt alles in eventu geſchehen und wahr worden. Chriſti Leben und Wandel iſt der rechte Antitypus und Gegen-Bild. Joſeph war ein lebendiger Spiegel Chriſti/ beydes im Stand ſeiner Ernie- drigung und Erhoͤhung/ wie davon E. L. zu andern zeiten hoͤret/ ſonderlich was dieſe Geſchicht anlanget/ am Stamm des Creutzes/ da wir auch drey gefangene und gebundene Perſonen beyſamen ſehen/ zween ſchuldige und ein unſchuldiger/ Chriſtus mitten unter zween Moͤrdern. Es traͤumet beeden vom Teuffel/ wiewol bey einem obſcurius dunckler als bey dem an- dern/ ihr Gewiſſen hat ihnen nichts Gutes predigen koͤnnen: Chriſtus deutet ihnen den Traum/ dem einen zwar mit dieſen Worten: Heut wirſt du mit mir im Paradiß ſeyn. Und gibt ex oppoſito und im gegentheil zu verſtehen/ was dem andern begegnen werde. Wir koͤnnen aber

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673/238
Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673/238>, abgerufen am 29.04.2024.