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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673.

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Vom Gewalt der Schlüssel.

Wir wünschen mit Paulo auß 2. Thess. 3, 5. Der HErr richte
unsere Hertzen zu der Liebe Gottes/ und zu der Gedult Christi/
AMEN.



Die Zehende Predigt.
Von
Dem andern Grad der Christlichen Buß-Zucht/
der Collegialischen Censur.

GEliebte in dem HErrn Christo. Unter andern sinn-
reichen Parabeln/ Gleichnüssen und Sprichwörtern/ die
vor zeiten Pythagoras geführet/ war/ wie Cyrill. l. 9. contra
Julianum c.
2. bezeuget/ auch dieses/ daß er sagte/ ne ignem
gladio fodias,
hüte dich/ daß du das verborgene Feur
nicht mit einem Schwerdt auffweckest. Jst eben
das/ was wir auch Sprichworts-weiß zu sagen pflegen: Blase den
gluntzenden Funcken nicht auff/ wecke nicht einen schlaffenden
Hund/ rühre den Unflath nicht/ stich nicht in ein Wespen-Nest/
mache dir selber keinen Feind/ brings nicht an deinen Näch-
sten/ mache ihn nicht auffrührisch durch unblutige Stiche/
heimliche Verachtung/ ungegründeten Argwohn. Gibt damit
zu verstehen: 1. irae humanae indolem, die Natur menschlichen
Zorns/ derselbe seye gleich einem/ aber verborgenen/ Feur. Jederman
trage in seinem Busen einen Mord-Brenner/ der sich aber artlich verbir-
get/ bey einem eher als bey dem anderen sich herfür thut/ biß endlich die
Flamme zu allen Thüren außschlägt/ und Lärmen über Lärmen machet.
Jn welchem Fall manchem zornigen Menschen zu wünschen wäre/ was
Plutarchus in dial. de coercendai ra gewünschet/ es möchte ihm ein fa-
mulus
mit einem Spiegel nachgehen/ und denselben fürhalten/ auff daß
er seiner eigenen monstrosität darauß gewar würde.

2. Remedium inutile & noxium, das keinnütze und schäd-
liche Mittel/ das Feur zu dämpffen. Man soll den gluntzenden Fun-
cken nicht auffblasen/ ihme nicht Lufft lassen/ das ist/ nicht reitzen einen

zornigen
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Vom Gewalt der Schluͤſſel.

Wir wuͤnſchen mit Paulo auß 2. Theſſ. 3, 5. Der HErꝛ richte
unſere Hertzen zu der Liebe Gottes/ und zu der Gedult Chriſti/
AMEN.



Die Zehende Predigt.
Von
Dem andern Grad der Chriſtlichen Buß-Zucht/
der Collegialiſchen Cenſur.

GEliebte in dem HErꝛn Chriſto. Unter andern ſinn-
reichen Parabeln/ Gleichnuͤſſen und Sprichwoͤrtern/ die
vor zeiten Pythagoras gefuͤhret/ war/ wie Cyrill. l. 9. contra
Julianum c.
2. bezeuget/ auch dieſes/ daß er ſagte/ ne ignem
gladio fodias,
huͤte dich/ daß du das verborgene Feur
nicht mit einem Schwerdt auffweckeſt. Jſt eben
das/ was wir auch Sprichworts-weiß zu ſagen pflegen: Blaſe den
gluntzenden Funcken nicht auff/ wecke nicht einen ſchlaffenden
Hund/ ruͤhre den Unflath nicht/ ſtich nicht in ein Weſpen-Neſt/
mache dir ſelber keinen Feind/ brings nicht an deinen Naͤch-
ſten/ mache ihn nicht auffruͤhriſch durch unblutige Stiche/
heimliche Verachtung/ ungegruͤndeten Argwohn. Gibt damit
zu verſtehen: 1. iræ humanæ indolem, die Natur menſchlichen
Zorns/ derſelbe ſeye gleich einem/ aber verborgenen/ Feur. Jederman
trage in ſeinem Buſen einen Mord-Brenner/ der ſich aber artlich verbir-
get/ bey einem eher als bey dem anderen ſich herfuͤr thut/ biß endlich die
Flamme zu allen Thuͤren außſchlaͤgt/ und Laͤrmen uͤber Laͤrmen machet.
Jn welchem Fall manchem zornigen Menſchen zu wuͤnſchen waͤre/ was
Plutarchus in dial. de coërcendâi râ gewuͤnſchet/ es moͤchte ihm ein fa-
mulus
mit einem Spiegel nachgehen/ und denſelben fuͤrhalten/ auff daß
er ſeiner eigenen monſtroſitaͤt darauß gewar wuͤrde.

2. Remedium inutile & noxium, das keinnuͤtze und ſchaͤd-
liche Mittel/ das Feur zu daͤmpffen. Man ſoll den gluntzenden Fun-
cken nicht auffblaſen/ ihme nicht Lufft laſſen/ das iſt/ nicht reitzen einen

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[285/0303] Vom Gewalt der Schluͤſſel. Wir wuͤnſchen mit Paulo auß 2. Theſſ. 3, 5. Der HErꝛ richte unſere Hertzen zu der Liebe Gottes/ und zu der Gedult Chriſti/ AMEN. Die Zehende Predigt. Von Dem andern Grad der Chriſtlichen Buß-Zucht/ der Collegialiſchen Cenſur. GEliebte in dem HErꝛn Chriſto. Unter andern ſinn- reichen Parabeln/ Gleichnuͤſſen und Sprichwoͤrtern/ die vor zeiten Pythagoras gefuͤhret/ war/ wie Cyrill. l. 9. contra Julianum c. 2. bezeuget/ auch dieſes/ daß er ſagte/ ne ignem gladio fodias, huͤte dich/ daß du das verborgene Feur nicht mit einem Schwerdt auffweckeſt. Jſt eben das/ was wir auch Sprichworts-weiß zu ſagen pflegen: Blaſe den gluntzenden Funcken nicht auff/ wecke nicht einen ſchlaffenden Hund/ ruͤhre den Unflath nicht/ ſtich nicht in ein Weſpen-Neſt/ mache dir ſelber keinen Feind/ brings nicht an deinen Naͤch- ſten/ mache ihn nicht auffruͤhriſch durch unblutige Stiche/ heimliche Verachtung/ ungegruͤndeten Argwohn. Gibt damit zu verſtehen: 1. iræ humanæ indolem, die Natur menſchlichen Zorns/ derſelbe ſeye gleich einem/ aber verborgenen/ Feur. Jederman trage in ſeinem Buſen einen Mord-Brenner/ der ſich aber artlich verbir- get/ bey einem eher als bey dem anderen ſich herfuͤr thut/ biß endlich die Flamme zu allen Thuͤren außſchlaͤgt/ und Laͤrmen uͤber Laͤrmen machet. Jn welchem Fall manchem zornigen Menſchen zu wuͤnſchen waͤre/ was Plutarchus in dial. de coërcendâi râ gewuͤnſchet/ es moͤchte ihm ein fa- mulus mit einem Spiegel nachgehen/ und denſelben fuͤrhalten/ auff daß er ſeiner eigenen monſtroſitaͤt darauß gewar wuͤrde. 2. Remedium inutile & noxium, das keinnuͤtze und ſchaͤd- liche Mittel/ das Feur zu daͤmpffen. Man ſoll den gluntzenden Fun- cken nicht auffblaſen/ ihme nicht Lufft laſſen/ das iſt/ nicht reitzen einen zornigen N n iij

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673/303>, abgerufen am 30.04.2024.