Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite

Cap. 13. Secretion und Absorption.
dessen sehr verschieden, wie wir sofort sehen werden, wenn stickstoff-
haltige organische Körper, wenn sie nur überhaupt etwas feucht sind,
auf den Blattlappen liegen gelassen werden; denn dieselben schlieszen
sich dann mit einer langsamen und allmählichen Bewegung, sehr
verschieden von der, welche durch Berührung eines der empfindlichen
Filamente hervorgerufen wird. Der Blattstiel ist nicht im mindesten
empfindlich; man kann eine Stecknadel durch ihn hindurchstecken
oder er kann durchschnitten werden, und es erfolgt doch keine Be-
wegung.

Die obere Fläche der Blattlappen ist, wie bereits angegeben
wurde, dicht mit kleinen, purpurnen, beinahe sitzenden Drüsen bedeckt.
Diese haben sowohl die Fähigkeit der Absonderung als auch die der
Absorption; aber verschieden von denen der Drosera sondern sie nicht
eher ab als bis sie durch Absorption stickstoffhaltiger Substanz gereizt
sind. Kein anderes Reizmittel bringt, so weit ich es beobachtet habe,
diese Wirkung hervor. Es können Gegenstände, wie Stückchen Holz,
Kork, Moos, Papier, Stein oder Glas lange Zeit auf der Oberfläche
eines Blattes gelassen werden, und es bleibt ganz trocken. Es macht
auch keinen Unterschied, ob sich die Lappen über solchen Gegen-
ständen schlieszen. Es wurden beispielsweise kleine Kugeln von Lösch-
papier auf ein Blatt gelegt und ein Filament berührt; und als sich
nach 24 Stunden die Lappen wieder zu öffnen anfiengen, wurden die
Kugeln mit Hülfe dünner Pincetten entfernt und stellten sich als
vollkommen trocken heraus. Wenn auf der andern Seite ein Stück-
chen feuchten Fleisches oder eine zerdrückte Fliege auf die Oberfläche
eines ausgebreiteten Blattes gelegt wird, so sondern nach einiger
Zeit die Drüsen reichlich ab. In einem derartigen Falle war ein
wenig Secret direct unter dem Fleisch in 4 Stunden vorhanden; und
nach Verlauf von weiteren 3 Stunden fand sich eine beträchtliche
Quantität sowohl unter ihm als auch rings um dasselbe herum. In
einem andern Falle war das Stückchen Fleisch nach 3 Stunden 40
Minuten ganz nasz. Aber keine Drüse sonderte ab, ausgenommen
diejenigen, welche factisch das Fleisch oder das aufgelöste animale
Substanz enthaltene Secret berührten.

Wenn indessen die Blattlappen durch ein Stückchen Fleisch oder
ein Insect zum Schlieszen gebracht werden, so ist das Resultat ver-
schieden; denn nun sondern die Drüsen über die ganze Oberfläche
des Blattes reichlich ab. Da in diesem Falle die Drüsen auf beiden

Cap. 13. Secretion und Absorption.
dessen sehr verschieden, wie wir sofort sehen werden, wenn stickstoff-
haltige organische Körper, wenn sie nur überhaupt etwas feucht sind,
auf den Blattlappen liegen gelassen werden; denn dieselben schlieszen
sich dann mit einer langsamen und allmählichen Bewegung, sehr
verschieden von der, welche durch Berührung eines der empfindlichen
Filamente hervorgerufen wird. Der Blattstiel ist nicht im mindesten
empfindlich; man kann eine Stecknadel durch ihn hindurchstecken
oder er kann durchschnitten werden, und es erfolgt doch keine Be-
wegung.

Die obere Fläche der Blattlappen ist, wie bereits angegeben
wurde, dicht mit kleinen, purpurnen, beinahe sitzenden Drüsen bedeckt.
Diese haben sowohl die Fähigkeit der Absonderung als auch die der
Absorption; aber verschieden von denen der Drosera sondern sie nicht
eher ab als bis sie durch Absorption stickstoffhaltiger Substanz gereizt
sind. Kein anderes Reizmittel bringt, so weit ich es beobachtet habe,
diese Wirkung hervor. Es können Gegenstände, wie Stückchen Holz,
Kork, Moos, Papier, Stein oder Glas lange Zeit auf der Oberfläche
eines Blattes gelassen werden, und es bleibt ganz trocken. Es macht
auch keinen Unterschied, ob sich die Lappen über solchen Gegen-
ständen schlieszen. Es wurden beispielsweise kleine Kugeln von Lösch-
papier auf ein Blatt gelegt und ein Filament berührt; und als sich
nach 24 Stunden die Lappen wieder zu öffnen anfiengen, wurden die
Kugeln mit Hülfe dünner Pincetten entfernt und stellten sich als
vollkommen trocken heraus. Wenn auf der andern Seite ein Stück-
chen feuchten Fleisches oder eine zerdrückte Fliege auf die Oberfläche
eines ausgebreiteten Blattes gelegt wird, so sondern nach einiger
Zeit die Drüsen reichlich ab. In einem derartigen Falle war ein
wenig Secret direct unter dem Fleisch in 4 Stunden vorhanden; und
nach Verlauf von weiteren 3 Stunden fand sich eine beträchtliche
Quantität sowohl unter ihm als auch rings um dasselbe herum. In
einem andern Falle war das Stückchen Fleisch nach 3 Stunden 40
Minuten ganz nasz. Aber keine Drüse sonderte ab, ausgenommen
diejenigen, welche factisch das Fleisch oder das aufgelöste animale
Substanz enthaltene Secret berührten.

Wenn indessen die Blattlappen durch ein Stückchen Fleisch oder
ein Insect zum Schlieszen gebracht werden, so ist das Resultat ver-
schieden; denn nun sondern die Drüsen über die ganze Oberfläche
des Blattes reichlich ab. Da in diesem Falle die Drüsen auf beiden

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0281" n="267"/><fw place="top" type="header">Cap. 13. Secretion und Absorption.</fw><lb/>
dessen sehr verschieden, wie wir sofort sehen werden, wenn stickstoff-<lb/>
haltige organische Körper, wenn sie nur überhaupt etwas feucht sind,<lb/>
auf den Blattlappen liegen gelassen werden; denn dieselben schlieszen<lb/>
sich dann mit einer langsamen und allmählichen Bewegung, sehr<lb/>
verschieden von der, welche durch Berührung eines der empfindlichen<lb/>
Filamente hervorgerufen wird. Der Blattstiel ist nicht im mindesten<lb/>
empfindlich; man kann eine Stecknadel durch ihn hindurchstecken<lb/>
oder er kann durchschnitten werden, und es erfolgt doch keine Be-<lb/>
wegung.</p><lb/>
          <p>Die obere Fläche der Blattlappen ist, wie bereits angegeben<lb/>
wurde, dicht mit kleinen, purpurnen, beinahe sitzenden Drüsen bedeckt.<lb/>
Diese haben sowohl die Fähigkeit der Absonderung als auch die der<lb/>
Absorption; aber verschieden von denen der <hi rendition="#i">Drosera</hi> sondern sie nicht<lb/>
eher ab als bis sie durch Absorption stickstoffhaltiger Substanz gereizt<lb/>
sind. Kein anderes Reizmittel bringt, so weit ich es beobachtet habe,<lb/>
diese Wirkung hervor. Es können Gegenstände, wie Stückchen Holz,<lb/>
Kork, Moos, Papier, Stein oder Glas lange Zeit auf der Oberfläche<lb/>
eines Blattes gelassen werden, und es bleibt ganz trocken. Es macht<lb/>
auch keinen Unterschied, ob sich die Lappen über solchen Gegen-<lb/>
ständen schlieszen. Es wurden beispielsweise kleine Kugeln von Lösch-<lb/>
papier auf ein Blatt gelegt und ein Filament berührt; und als sich<lb/>
nach 24 Stunden die Lappen wieder zu öffnen anfiengen, wurden die<lb/>
Kugeln mit Hülfe dünner Pincetten entfernt und stellten sich als<lb/>
vollkommen trocken heraus. Wenn auf der andern Seite ein Stück-<lb/>
chen feuchten Fleisches oder eine zerdrückte Fliege auf die Oberfläche<lb/>
eines ausgebreiteten Blattes gelegt wird, so sondern nach einiger<lb/>
Zeit die Drüsen reichlich ab. In einem derartigen Falle war ein<lb/>
wenig Secret direct unter dem Fleisch in 4 Stunden vorhanden; und<lb/>
nach Verlauf von weiteren 3 Stunden fand sich eine beträchtliche<lb/>
Quantität sowohl unter ihm als auch rings um dasselbe herum. In<lb/>
einem andern Falle war das Stückchen Fleisch nach 3 Stunden 40<lb/>
Minuten ganz nasz. Aber keine Drüse sonderte ab, ausgenommen<lb/>
diejenigen, welche factisch das Fleisch oder das aufgelöste animale<lb/>
Substanz enthaltene Secret berührten.</p><lb/>
          <p>Wenn indessen die Blattlappen durch ein Stückchen Fleisch oder<lb/>
ein Insect zum Schlieszen gebracht werden, so ist das Resultat ver-<lb/>
schieden; denn nun sondern die Drüsen über die ganze Oberfläche<lb/>
des Blattes reichlich ab. Da in diesem Falle die Drüsen auf beiden<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[267/0281] Cap. 13. Secretion und Absorption. dessen sehr verschieden, wie wir sofort sehen werden, wenn stickstoff- haltige organische Körper, wenn sie nur überhaupt etwas feucht sind, auf den Blattlappen liegen gelassen werden; denn dieselben schlieszen sich dann mit einer langsamen und allmählichen Bewegung, sehr verschieden von der, welche durch Berührung eines der empfindlichen Filamente hervorgerufen wird. Der Blattstiel ist nicht im mindesten empfindlich; man kann eine Stecknadel durch ihn hindurchstecken oder er kann durchschnitten werden, und es erfolgt doch keine Be- wegung. Die obere Fläche der Blattlappen ist, wie bereits angegeben wurde, dicht mit kleinen, purpurnen, beinahe sitzenden Drüsen bedeckt. Diese haben sowohl die Fähigkeit der Absonderung als auch die der Absorption; aber verschieden von denen der Drosera sondern sie nicht eher ab als bis sie durch Absorption stickstoffhaltiger Substanz gereizt sind. Kein anderes Reizmittel bringt, so weit ich es beobachtet habe, diese Wirkung hervor. Es können Gegenstände, wie Stückchen Holz, Kork, Moos, Papier, Stein oder Glas lange Zeit auf der Oberfläche eines Blattes gelassen werden, und es bleibt ganz trocken. Es macht auch keinen Unterschied, ob sich die Lappen über solchen Gegen- ständen schlieszen. Es wurden beispielsweise kleine Kugeln von Lösch- papier auf ein Blatt gelegt und ein Filament berührt; und als sich nach 24 Stunden die Lappen wieder zu öffnen anfiengen, wurden die Kugeln mit Hülfe dünner Pincetten entfernt und stellten sich als vollkommen trocken heraus. Wenn auf der andern Seite ein Stück- chen feuchten Fleisches oder eine zerdrückte Fliege auf die Oberfläche eines ausgebreiteten Blattes gelegt wird, so sondern nach einiger Zeit die Drüsen reichlich ab. In einem derartigen Falle war ein wenig Secret direct unter dem Fleisch in 4 Stunden vorhanden; und nach Verlauf von weiteren 3 Stunden fand sich eine beträchtliche Quantität sowohl unter ihm als auch rings um dasselbe herum. In einem andern Falle war das Stückchen Fleisch nach 3 Stunden 40 Minuten ganz nasz. Aber keine Drüse sonderte ab, ausgenommen diejenigen, welche factisch das Fleisch oder das aufgelöste animale Substanz enthaltene Secret berührten. Wenn indessen die Blattlappen durch ein Stückchen Fleisch oder ein Insect zum Schlieszen gebracht werden, so ist das Resultat ver- schieden; denn nun sondern die Drüsen über die ganze Oberfläche des Blattes reichlich ab. Da in diesem Falle die Drüsen auf beiden

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876/281
Zitationshilfe: Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876/281>, abgerufen am 14.05.2024.