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Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.

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[Abbildung] Amputation eines Beines. - Nach einem Kupfer aus dem Ende des 16. Jahrunderts.
das Haus mit blindem Schloß war zu. - "Der Schelm, der Dieb, der Mörder, mein Mann, hat mich so zerschlagen!" - Ich, das hörend, sprang aus dem Bette raus: "Was sagestu? Ich nicht, das irre Ding, so bei Nacht spuken gehet, hat es gethan! Siehestu, ich habe dich lange gnug dafür gewarnet!" - Aber sie wollte den Text nicht hören, sondern zog und riß zum Keller hinaus, wo sie war hergekommen.

Des Morgens ging ihr ganzer Rat zusammen, nahmen einen argen Advokaten an, und ließ sich bei meinem lieben Kollegen, Herrn Schwendern, besichtigen. Welcher ihr ein Attestat gab, als wann sie unter Mördern gewesen. Das war falsch.

Wir wurden durch ihre eingegebene erschröckliche Klage, so mir schriftlich zugesandt, ins Konsistorium zitieret. Inmittelst käme sie nicht wieder ins Haus. Und mußte ich bei zwei Gesellen, zwei Jungen und einer Magd


[Abbildung] Amputation eines Beines. – Nach einem Kupfer aus dem Ende des 16. Jahrunderts.
das Haus mit blindem Schloß war zu. – „Der Schelm, der Dieb, der Mörder, mein Mann, hat mich so zerschlagen!“ – Ich, das hörend, sprang aus dem Bette raus: „Was sagestu? Ich nicht, das irre Ding, so bei Nacht spuken gehet, hat es gethan! Siehestu, ich habe dich lange gnug dafür gewarnet!“ – Aber sie wollte den Text nicht hören, sondern zog und riß zum Keller hinaus, wo sie war hergekommen.

Des Morgens ging ihr ganzer Rat zusammen, nahmen einen argen Advokaten an, und ließ sich bei meinem lieben Kollegen, Herrn Schwendern, besichtigen. Welcher ihr ein Attestat gab, als wann sie unter Mördern gewesen. Das war falsch.

Wir wurden durch ihre eingegebene erschröckliche Klage, so mir schriftlich zugesandt, ins Konsistorium zitieret. Inmittelst käme sie nicht wieder ins Haus. Und mußte ich bei zwei Gesellen, zwei Jungen und einer Magd

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[0254] [Abbildung Amputation eines Beines. – Nach einem Kupfer aus dem Ende des 16. Jahrunderts. ] das Haus mit blindem Schloß war zu. – „Der Schelm, der Dieb, der Mörder, mein Mann, hat mich so zerschlagen!“ – Ich, das hörend, sprang aus dem Bette raus: „Was sagestu? Ich nicht, das irre Ding, so bei Nacht spuken gehet, hat es gethan! Siehestu, ich habe dich lange gnug dafür gewarnet!“ – Aber sie wollte den Text nicht hören, sondern zog und riß zum Keller hinaus, wo sie war hergekommen. Des Morgens ging ihr ganzer Rat zusammen, nahmen einen argen Advokaten an, und ließ sich bei meinem lieben Kollegen, Herrn Schwendern, besichtigen. Welcher ihr ein Attestat gab, als wann sie unter Mördern gewesen. Das war falsch. Wir wurden durch ihre eingegebene erschröckliche Klage, so mir schriftlich zugesandt, ins Konsistorium zitieret. Inmittelst käme sie nicht wieder ins Haus. Und mußte ich bei zwei Gesellen, zwei Jungen und einer Magd

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Zitationshilfe: Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/254>, abgerufen am 30.04.2024.