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Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.

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wußten, daß ich, wenn ich ins Konsistorium nach Magdeburg zu Fuß gangen, sie aber, als meine Hirten, auf Karossen vor mir her, oder bei mir her fuhren (wie bei Herrn Magister Schumanns Zeiten), ich vielmals geseufzet und meinen Gedanken drüber Raum gegeben, daß ich bei meinem Recht das größte Unrecht haben müßte.

Deshalb ich bei solcher Bewandtnis auch kein Vertrauen, als Beichtväter, zu sie hatte und andere annahm. Darüber sie mich beim Confistorio verklagten; aber zur Antwort bekamen: die Beichtväter müßten sich gegen ihre Beichtkinder unparteilich halten und so aufführen, daß sie könnten ein gut Vertrauen gegen sie haben. NB.

Sonderlich machte Herr Magister Schwentzel mir das Leben schwer und sauer und gab der Frau allen Rat wider mich, weil die Weiber mit einander verwandt waren, und der Schwiegersohn, so oft er brauete, Bier ins Haus sendete. Das war ein rechter Mann! Mich aber hieß er einen Nichtswürdigen unter meine Augen!

Wir sind leider nun vierundzwanzig Jahr mit harter Einquartierung beleget worden. Und da habe ich auch viel Drangsal von Soldaten, Unteroffizieren und deren Weiber ausgestanden.

Insonderheit, weil mich meine Frau und ihr Schwiegersohn bei den Predigern, und in der ganzen Stadt, vor einen sehr reichen Mann von vielen tausend Thalern ausgeschrieen. Daher die Soldaten bei mir alles vollauf haben wollten. Wann das nun nicht erfolgete, thaten sie mir allen Tort und Herzeleid. Und ist nicht zu beschreiben, wie sie mich gequälet haben und noch quälen.

Alter Schelm! alter Spitzbube! alter Racker! alter, verfluchter Geizteufel! sind meine besten Titul; meine Kinder werden von ihren Kindern gestoßen und geschlagen; alles unter der Hand weg; die Stuben vom starken Einheitzen

wußten, daß ich, wenn ich ins Konsistorium nach Magdeburg zu Fuß gangen, sie aber, als meine Hirten, auf Karossen vor mir her, oder bei mir her fuhren (wie bei Herrn Magister Schumanns Zeiten), ich vielmals geseufzet und meinen Gedanken drüber Raum gegeben, daß ich bei meinem Recht das größte Unrecht haben müßte.

Deshalb ich bei solcher Bewandtnis auch kein Vertrauen, als Beichtväter, zu sie hatte und andere annahm. Darüber sie mich beim Confistorio verklagten; aber zur Antwort bekamen: die Beichtväter müßten sich gegen ihre Beichtkinder unparteilich halten und so aufführen, daß sie könnten ein gut Vertrauen gegen sie haben. NB.

Sonderlich machte Herr Magister Schwentzel mir das Leben schwer und sauer und gab der Frau allen Rat wider mich, weil die Weiber mit einander verwandt waren, und der Schwiegersohn, so oft er brauete, Bier ins Haus sendete. Das war ein rechter Mann! Mich aber hieß er einen Nichtswürdigen unter meine Augen!

Wir sind leider nun vierundzwanzig Jahr mit harter Einquartierung beleget worden. Und da habe ich auch viel Drangsal von Soldaten, Unteroffizieren und deren Weiber ausgestanden.

Insonderheit, weil mich meine Frau und ihr Schwiegersohn bei den Predigern, und in der ganzen Stadt, vor einen sehr reichen Mann von vielen tausend Thalern ausgeschrieen. Daher die Soldaten bei mir alles vollauf haben wollten. Wann das nun nicht erfolgete, thaten sie mir allen Tort und Herzeleid. Und ist nicht zu beschreiben, wie sie mich gequälet haben und noch quälen.

Alter Schelm! alter Spitzbube! alter Racker! alter, verfluchter Geizteufel! sind meine besten Titul; meine Kinder werden von ihren Kindern gestoßen und geschlagen; alles unter der Hand weg; die Stuben vom starken Einheitzen

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[0272] wußten, daß ich, wenn ich ins Konsistorium nach Magdeburg zu Fuß gangen, sie aber, als meine Hirten, auf Karossen vor mir her, oder bei mir her fuhren (wie bei Herrn Magister Schumanns Zeiten), ich vielmals geseufzet und meinen Gedanken drüber Raum gegeben, daß ich bei meinem Recht das größte Unrecht haben müßte. Deshalb ich bei solcher Bewandtnis auch kein Vertrauen, als Beichtväter, zu sie hatte und andere annahm. Darüber sie mich beim Confistorio verklagten; aber zur Antwort bekamen: die Beichtväter müßten sich gegen ihre Beichtkinder unparteilich halten und so aufführen, daß sie könnten ein gut Vertrauen gegen sie haben. NB. Sonderlich machte Herr Magister Schwentzel mir das Leben schwer und sauer und gab der Frau allen Rat wider mich, weil die Weiber mit einander verwandt waren, und der Schwiegersohn, so oft er brauete, Bier ins Haus sendete. Das war ein rechter Mann! Mich aber hieß er einen Nichtswürdigen unter meine Augen! Wir sind leider nun vierundzwanzig Jahr mit harter Einquartierung beleget worden. Und da habe ich auch viel Drangsal von Soldaten, Unteroffizieren und deren Weiber ausgestanden. Insonderheit, weil mich meine Frau und ihr Schwiegersohn bei den Predigern, und in der ganzen Stadt, vor einen sehr reichen Mann von vielen tausend Thalern ausgeschrieen. Daher die Soldaten bei mir alles vollauf haben wollten. Wann das nun nicht erfolgete, thaten sie mir allen Tort und Herzeleid. Und ist nicht zu beschreiben, wie sie mich gequälet haben und noch quälen. Alter Schelm! alter Spitzbube! alter Racker! alter, verfluchter Geizteufel! sind meine besten Titul; meine Kinder werden von ihren Kindern gestoßen und geschlagen; alles unter der Hand weg; die Stuben vom starken Einheitzen

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Zitationshilfe: Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/272>, abgerufen am 30.04.2024.