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Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.

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Aber ich betete zu GOtt, dem Allerhöchsten, der meines Jammers ein Ende machen sollte und schickte mich zur Geduld, welche aber in die Länge schwach wurde. Sonderlich, wenn der Gerichtsfrone kam und holete vor sie wöchentlich dreißig Groschen.

Überdies war das das Größte: ich kunnte nicht ruhen, es sei denn, daß ich alle Tage oder Abend einmal vor ihrem Quartier bei Herrn Hoßen, wo sie sich eingemietet hatte, vorbeiginge oder sie sähe, oder ins Haus ging und nach ihr fragete; daß ich glaube: es war uns ein Poß'n gemacht. So ihr auch geschehen; wie sie mir nachgehends erzählete! - Auch so ich sonst, wie oft ich sieben oder acht Wochen nach Berlin in Kommission des Raths, oder Bürger-, oder Brauerschaft verreisete (manchen schönen Thaler alle Tage verdienete!), sie auch nicht hatte ruhig zurückebleiben können, wann ich nicht bei ihr war; deshalb sie mir die obligantsten Briefe schrieb. - Und wann wir zusammenwaren, kunnten wir uns keinen Tag gar selten vertragen!

Wiewohl, dieses kam mehrenteils wegen ihrer übeln Konduite, losen Rede und kontinuirlichem aus dem Haus laufen, zu ihren Kindern und ins Brauhaus. Daß ich dieserhalb auch einmal einen harten Streit mit ihr hatte, welchen zwar Herr Pastor Schwentzel (wie ich ihn drum bate) hätte legen können; aber nein: konträr; er machte übel ärger!

Denn sie war mir in drei Tagen nicht ins Haus gekommen und mit ihrer Tochter im Brauhaus gewesen. Deshalb ich einsmals, abends umb elf Uhr, bei ihrer Tochter Haus ging und unter dem Laden alle Wort hören konnte, wie ich herhalten mußte. Ich konnte es nicht länger anhören und sprach: "Wenn du nach deinem Hause gingest und wartest deinem Beruf, wäre besser, als daß

Aber ich betete zu GOtt, dem Allerhöchsten, der meines Jammers ein Ende machen sollte und schickte mich zur Geduld, welche aber in die Länge schwach wurde. Sonderlich, wenn der Gerichtsfrone kam und holete vor sie wöchentlich dreißig Groschen.

Überdies war das das Größte: ich kunnte nicht ruhen, es sei denn, daß ich alle Tage oder Abend einmal vor ihrem Quartier bei Herrn Hoßen, wo sie sich eingemietet hatte, vorbeiginge oder sie sähe, oder ins Haus ging und nach ihr fragete; daß ich glaube: es war uns ein Poß’n gemacht. So ihr auch geschehen; wie sie mir nachgehends erzählete! – Auch so ich sonst, wie oft ich sieben oder acht Wochen nach Berlin in Kommission des Raths, oder Bürger-, oder Brauerschaft verreisete (manchen schönen Thaler alle Tage verdienete!), sie auch nicht hatte ruhig zurückebleiben können, wann ich nicht bei ihr war; deshalb sie mir die obligantsten Briefe schrieb. – Und wann wir zusammenwaren, kunnten wir uns keinen Tag gar selten vertragen!

Wiewohl, dieses kam mehrenteils wegen ihrer übeln Konduite, losen Rede und kontinuirlichem aus dem Haus laufen, zu ihren Kindern und ins Brauhaus. Daß ich dieserhalb auch einmal einen harten Streit mit ihr hatte, welchen zwar Herr Pastor Schwentzel (wie ich ihn drum bate) hätte legen können; aber nein: konträr; er machte übel ärger!

Denn sie war mir in drei Tagen nicht ins Haus gekommen und mit ihrer Tochter im Brauhaus gewesen. Deshalb ich einsmals, abends umb elf Uhr, bei ihrer Tochter Haus ging und unter dem Laden alle Wort hören konnte, wie ich herhalten mußte. Ich konnte es nicht länger anhören und sprach: „Wenn du nach deinem Hause gingest und wartest deinem Beruf, wäre besser, als daß

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[0278] Aber ich betete zu GOtt, dem Allerhöchsten, der meines Jammers ein Ende machen sollte und schickte mich zur Geduld, welche aber in die Länge schwach wurde. Sonderlich, wenn der Gerichtsfrone kam und holete vor sie wöchentlich dreißig Groschen. Überdies war das das Größte: ich kunnte nicht ruhen, es sei denn, daß ich alle Tage oder Abend einmal vor ihrem Quartier bei Herrn Hoßen, wo sie sich eingemietet hatte, vorbeiginge oder sie sähe, oder ins Haus ging und nach ihr fragete; daß ich glaube: es war uns ein Poß’n gemacht. So ihr auch geschehen; wie sie mir nachgehends erzählete! – Auch so ich sonst, wie oft ich sieben oder acht Wochen nach Berlin in Kommission des Raths, oder Bürger-, oder Brauerschaft verreisete (manchen schönen Thaler alle Tage verdienete!), sie auch nicht hatte ruhig zurückebleiben können, wann ich nicht bei ihr war; deshalb sie mir die obligantsten Briefe schrieb. – Und wann wir zusammenwaren, kunnten wir uns keinen Tag gar selten vertragen! Wiewohl, dieses kam mehrenteils wegen ihrer übeln Konduite, losen Rede und kontinuirlichem aus dem Haus laufen, zu ihren Kindern und ins Brauhaus. Daß ich dieserhalb auch einmal einen harten Streit mit ihr hatte, welchen zwar Herr Pastor Schwentzel (wie ich ihn drum bate) hätte legen können; aber nein: konträr; er machte übel ärger! Denn sie war mir in drei Tagen nicht ins Haus gekommen und mit ihrer Tochter im Brauhaus gewesen. Deshalb ich einsmals, abends umb elf Uhr, bei ihrer Tochter Haus ging und unter dem Laden alle Wort hören konnte, wie ich herhalten mußte. Ich konnte es nicht länger anhören und sprach: „Wenn du nach deinem Hause gingest und wartest deinem Beruf, wäre besser, als daß

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Zitationshilfe: Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/278>, abgerufen am 30.04.2024.