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Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.

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wollen wir aktuieret haben, um Bericht abzustatten." - Nun hatten sie, was sie lange gesucht und haben wollen. Maßen die Herrn Kommissarien keinen guten Bericht vor mich gemacht, und daß ich selbst die Ehescheidung mit trotzigen Worten begehret, geschrieben.

Das Konsistorium zitierete drauf uns beide nach Magdeburg. Sie wollte nicht hin und stellete sich ganz krank. Aber es half ihr nichts. Sie mußte selbst nunter. - Da war sie so fix, daß sie bei alle Konsistorial-Räthe lief und Rekommandation hatte von Weibern hie und aus Magdeburg, sonderlich der Frau Salomonen, daß: wo ich vor dem Termin hinkam bei die Herrn Räthe, da war sie schon gewesen! Wie ich sie denn oft auf der Straße antraf, ihr einen guten Morgen und Rede anbot. Aber sie sahe wie in ein' Leere aus und antwortet mir nicht, bis endlich der Termin ankam.

Da verfuhren die Advokaten mündlich gegeneinander. Aber Sentenz war schon über mich beschlossen. Wir sollten auf ein Jahr von Tisch und Bett voneinander geschieden sein; ich sollte ihr alle Wochen dreißig Groschen alimenta geben.

Denn sie hatte mich erschröcklich reich gemacht; säß in ihrem Haus und Gütern, nähm draus viel Geld. Das war die Ursache, daß mir so viel zuerkannt worden, mit Herausgebung ihrer Tisch- und Bettenkisten und Kasten. Und 's war gleich mit der Exekution an'n Bergrath kommittieret. Da half kein Kläglichthun, kein Bitten, kein Flehen, kein Vorstellen und nichts.

Reisete also mit Betrübnis meiner Seelen von Magdeburg nach Halle, da noch selbigen Tag der Gerichtsfrone mit den Knechten ausräumeten. Da hätte man sollen sehen, was das vor ein Ausgeschleppe, auch teils meiner Möbeln, war, daß ich gleich des Todes sein mögen. Wie ich denn auch würklich krank wurde und mich ins Bett legete. Nun meineten sie, mich von der Welt bald zu vertilgen!

wollen wir aktuieret haben, um Bericht abzustatten.“ – Nun hatten sie, was sie lange gesucht und haben wollen. Maßen die Herrn Kommissarien keinen guten Bericht vor mich gemacht, und daß ich selbst die Ehescheidung mit trotzigen Worten begehret, geschrieben.

Das Konsistorium zitierete drauf uns beide nach Magdeburg. Sie wollte nicht hin und stellete sich ganz krank. Aber es half ihr nichts. Sie mußte selbst nunter. – Da war sie so fix, daß sie bei alle Konsistorial-Räthe lief und Rekommandation hatte von Weibern hie und aus Magdeburg, sonderlich der Frau Salomonen, daß: wo ich vor dem Termin hinkam bei die Herrn Räthe, da war sie schon gewesen! Wie ich sie denn oft auf der Straße antraf, ihr einen guten Morgen und Rede anbot. Aber sie sahe wie in ein’ Leere aus und antwortet mir nicht, bis endlich der Termin ankam.

Da verfuhren die Advokaten mündlich gegeneinander. Aber Sentenz war schon über mich beschlossen. Wir sollten auf ein Jahr von Tisch und Bett voneinander geschieden sein; ich sollte ihr alle Wochen dreißig Groschen alimenta geben.

Denn sie hatte mich erschröcklich reich gemacht; säß in ihrem Haus und Gütern, nähm draus viel Geld. Das war die Ursache, daß mir so viel zuerkannt worden, mit Herausgebung ihrer Tisch- und Bettenkisten und Kasten. Und ’s war gleich mit der Exekution an’n Bergrath kommittieret. Da half kein Kläglichthun, kein Bitten, kein Flehen, kein Vorstellen und nichts.

Reisete also mit Betrübnis meiner Seelen von Magdeburg nach Halle, da noch selbigen Tag der Gerichtsfrone mit den Knechten ausräumeten. Da hätte man sollen sehen, was das vor ein Ausgeschleppe, auch teils meiner Möbeln, war, daß ich gleich des Todes sein mögen. Wie ich denn auch würklich krank wurde und mich ins Bett legete. Nun meineten sie, mich von der Welt bald zu vertilgen!

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[0277] wollen wir aktuieret haben, um Bericht abzustatten.“ – Nun hatten sie, was sie lange gesucht und haben wollen. Maßen die Herrn Kommissarien keinen guten Bericht vor mich gemacht, und daß ich selbst die Ehescheidung mit trotzigen Worten begehret, geschrieben. Das Konsistorium zitierete drauf uns beide nach Magdeburg. Sie wollte nicht hin und stellete sich ganz krank. Aber es half ihr nichts. Sie mußte selbst nunter. – Da war sie so fix, daß sie bei alle Konsistorial-Räthe lief und Rekommandation hatte von Weibern hie und aus Magdeburg, sonderlich der Frau Salomonen, daß: wo ich vor dem Termin hinkam bei die Herrn Räthe, da war sie schon gewesen! Wie ich sie denn oft auf der Straße antraf, ihr einen guten Morgen und Rede anbot. Aber sie sahe wie in ein’ Leere aus und antwortet mir nicht, bis endlich der Termin ankam. Da verfuhren die Advokaten mündlich gegeneinander. Aber Sentenz war schon über mich beschlossen. Wir sollten auf ein Jahr von Tisch und Bett voneinander geschieden sein; ich sollte ihr alle Wochen dreißig Groschen alimenta geben. Denn sie hatte mich erschröcklich reich gemacht; säß in ihrem Haus und Gütern, nähm draus viel Geld. Das war die Ursache, daß mir so viel zuerkannt worden, mit Herausgebung ihrer Tisch- und Bettenkisten und Kasten. Und ’s war gleich mit der Exekution an’n Bergrath kommittieret. Da half kein Kläglichthun, kein Bitten, kein Flehen, kein Vorstellen und nichts. Reisete also mit Betrübnis meiner Seelen von Magdeburg nach Halle, da noch selbigen Tag der Gerichtsfrone mit den Knechten ausräumeten. Da hätte man sollen sehen, was das vor ein Ausgeschleppe, auch teils meiner Möbeln, war, daß ich gleich des Todes sein mögen. Wie ich denn auch würklich krank wurde und mich ins Bett legete. Nun meineten sie, mich von der Welt bald zu vertilgen!

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Zitationshilfe: Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/277>, abgerufen am 30.04.2024.