Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.

Bild:
<< vorherige Seite

du da liegest auf der Bank!" - Gleich kamen zwei oder drei Nachttöpfe voll über mich von oben herab, daß ich mich retirieren mußte.

Ich ging zum Magistrat und beklagte mich dessen. Da wurd Schmidten seeligem anbefohlen: die Frau nicht aufzuhalten, sondern nach ihrem Haus zu weisen. - Allein es geschahe nicht.

Ich ging zu Herrn Pastor Schwentzeln und stellete ihm vor: er würde es in seinem Hirtenambt zu verantworten haben, wenn er auch dies, sein Schaf und Beichtkind, so in der Irre und bei alle ihrem übeln Beginnen ließ, mit Ernst ihr nicht zuredete und beständige Aussöhnung unter uns stiftete, wie sein Ambt erfordere.

"Ich will's thun, sagte er, und einen Tag euch beide holen lassen." - Aber, es währete sehr lange, ehe es geschahe. Endlich ließ er uns mit dem Küster umb zwei Uhr zu sich rufen. Die Frau ging gleich umb ein Uhr vor mir hin. Als ich umb zwei kam, saß meine Frau bei ihm an'n Tisch. Ich ließ mich anmelden. Aber er ließ mich lang vor dem Hause außen stehen. Mich verdroß das, daß ich sollte als ein Acht-Mann draußen, wie ein Junge, lange stehen. Ließ ihm sagen: ob ich vorkommen sollte, oder nicht?

Nach langer Weile kam der Herr Pastor heraus und, nach seiner Gewohnheit, schlug er die Hände voneinander und sagete: "Ja, ich habe zwar seiner Frau zugeredet; aber sie will von nichts hören, sondern soll die Sache bei dem Consistorio ausgemacht werden; denn sie will Geld ham; er soll ihr alle Woche was Gewisses geben." (Aber die Sache ward da erst fabrizieret!)

"So, sagte ich, Herr Pastor, habe ich darum so lange stehen müssen? Ich vermeinete: er sollte mich gegen sie auch hören und durch Zureden ein Friedensmann sein. Aber so ist der Sache schlecht geholfen. Adieu!"

Darnach ging es an das Klagen im Consistorio.

du da liegest auf der Bank!“ – Gleich kamen zwei oder drei Nachttöpfe voll über mich von oben herab, daß ich mich retirieren mußte.

Ich ging zum Magistrat und beklagte mich dessen. Da wurd Schmidten seeligem anbefohlen: die Frau nicht aufzuhalten, sondern nach ihrem Haus zu weisen. – Allein es geschahe nicht.

Ich ging zu Herrn Pastor Schwentzeln und stellete ihm vor: er würde es in seinem Hirtenambt zu verantworten haben, wenn er auch dies, sein Schaf und Beichtkind, so in der Irre und bei alle ihrem übeln Beginnen ließ, mit Ernst ihr nicht zuredete und beständige Aussöhnung unter uns stiftete, wie sein Ambt erfordere.

„Ich will’s thun, sagte er, und einen Tag euch beide holen lassen.“ – Aber, es währete sehr lange, ehe es geschahe. Endlich ließ er uns mit dem Küster umb zwei Uhr zu sich rufen. Die Frau ging gleich umb ein Uhr vor mir hin. Als ich umb zwei kam, saß meine Frau bei ihm an’n Tisch. Ich ließ mich anmelden. Aber er ließ mich lang vor dem Hause außen stehen. Mich verdroß das, daß ich sollte als ein Acht-Mann draußen, wie ein Junge, lange stehen. Ließ ihm sagen: ob ich vorkommen sollte, oder nicht?

Nach langer Weile kam der Herr Pastor heraus und, nach seiner Gewohnheit, schlug er die Hände voneinander und sagete: „Ja, ich habe zwar seiner Frau zugeredet; aber sie will von nichts hören, sondern soll die Sache bei dem Consistorio ausgemacht werden; denn sie will Geld ham; er soll ihr alle Woche was Gewisses geben.“ (Aber die Sache ward da erst fabrizieret!)

„So, sagte ich, Herr Pastor, habe ich darum so lange stehen müssen? Ich vermeinete: er sollte mich gegen sie auch hören und durch Zureden ein Friedensmann sein. Aber so ist der Sache schlecht geholfen. Adieu!“

Darnach ging es an das Klagen im Consistorio.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="1">
          <p><pb facs="#f0280"/>
du da liegest auf der Bank!&#x201C; &#x2013; Gleich kamen zwei oder drei Nachttöpfe voll über mich von oben herab, daß ich mich retirieren mußte.</p>
          <p>Ich ging zum Magistrat und beklagte mich dessen. Da wurd Schmidten seeligem anbefohlen: die Frau nicht aufzuhalten, sondern nach ihrem Haus zu weisen. &#x2013; Allein es geschahe nicht.</p>
          <p>Ich ging zu Herrn Pastor Schwentzeln und stellete ihm vor: er würde es in seinem Hirtenambt zu verantworten haben, wenn er auch dies, sein Schaf und Beichtkind, so in der Irre und bei alle ihrem übeln Beginnen ließ, mit Ernst ihr nicht zuredete und beständige Aussöhnung unter uns stiftete, wie sein Ambt erfordere.</p>
          <p>&#x201E;Ich will&#x2019;s thun, sagte er, und einen Tag euch beide holen lassen.&#x201C; &#x2013; Aber, es währete sehr lange, ehe es geschahe. Endlich ließ er uns mit dem Küster umb zwei Uhr zu sich rufen. Die Frau ging gleich umb ein Uhr vor mir hin. Als ich umb zwei kam, saß meine Frau bei ihm an&#x2019;n Tisch. Ich ließ mich anmelden. Aber er ließ mich lang vor dem Hause außen stehen. Mich verdroß das, daß ich sollte als ein Acht-Mann draußen, wie ein Junge, lange stehen. Ließ ihm sagen: ob ich vorkommen sollte, oder nicht?</p>
          <p>Nach langer Weile kam der Herr Pastor heraus und, nach seiner Gewohnheit, schlug er die Hände voneinander und sagete: &#x201E;Ja, ich habe zwar seiner Frau zugeredet; aber sie will von nichts hören, sondern soll die Sache bei dem <hi rendition="#aq">Consistorio</hi> ausgemacht werden; denn sie will Geld ham; er soll ihr alle Woche was Gewisses geben.&#x201C; (Aber die Sache ward da erst fabrizieret!)</p>
          <p>&#x201E;So, sagte ich, Herr Pastor, habe ich darum so lange stehen müssen? Ich vermeinete: er sollte mich gegen sie auch hören und durch Zureden ein Friedensmann sein. Aber so ist der Sache schlecht geholfen. Adieu!&#x201C;</p>
          <p>Darnach ging es an das Klagen im <hi rendition="#aq">Consistorio</hi>.
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0280] du da liegest auf der Bank!“ – Gleich kamen zwei oder drei Nachttöpfe voll über mich von oben herab, daß ich mich retirieren mußte. Ich ging zum Magistrat und beklagte mich dessen. Da wurd Schmidten seeligem anbefohlen: die Frau nicht aufzuhalten, sondern nach ihrem Haus zu weisen. – Allein es geschahe nicht. Ich ging zu Herrn Pastor Schwentzeln und stellete ihm vor: er würde es in seinem Hirtenambt zu verantworten haben, wenn er auch dies, sein Schaf und Beichtkind, so in der Irre und bei alle ihrem übeln Beginnen ließ, mit Ernst ihr nicht zuredete und beständige Aussöhnung unter uns stiftete, wie sein Ambt erfordere. „Ich will’s thun, sagte er, und einen Tag euch beide holen lassen.“ – Aber, es währete sehr lange, ehe es geschahe. Endlich ließ er uns mit dem Küster umb zwei Uhr zu sich rufen. Die Frau ging gleich umb ein Uhr vor mir hin. Als ich umb zwei kam, saß meine Frau bei ihm an’n Tisch. Ich ließ mich anmelden. Aber er ließ mich lang vor dem Hause außen stehen. Mich verdroß das, daß ich sollte als ein Acht-Mann draußen, wie ein Junge, lange stehen. Ließ ihm sagen: ob ich vorkommen sollte, oder nicht? Nach langer Weile kam der Herr Pastor heraus und, nach seiner Gewohnheit, schlug er die Hände voneinander und sagete: „Ja, ich habe zwar seiner Frau zugeredet; aber sie will von nichts hören, sondern soll die Sache bei dem Consistorio ausgemacht werden; denn sie will Geld ham; er soll ihr alle Woche was Gewisses geben.“ (Aber die Sache ward da erst fabrizieret!) „So, sagte ich, Herr Pastor, habe ich darum so lange stehen müssen? Ich vermeinete: er sollte mich gegen sie auch hören und durch Zureden ein Friedensmann sein. Aber so ist der Sache schlecht geholfen. Adieu!“ Darnach ging es an das Klagen im Consistorio.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Projekt Gutenberg-DE: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-06-28T07:11:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frank Wiegand: Bearbeitung der digitalen Edition (2012-09-04T07:11:29Z)
Frederike Neuber: Überarbeitung der digitalen Edition (2014-01-10T14:11:29Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-06-28T07:11:29Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/280
Zitationshilfe: Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/280>, abgerufen am 30.04.2024.