Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.

Bild:
<< vorherige Seite

Aber sie erhielt das Mal nichts, wiewohl es auch zur Kommission kam, da Herr Konsistorialrath Francke und Kommissionsrath Mantey traktiereten: ihr wöchentlich ein Gewisses zu geben. - Aber, gnade GOtt! wann Eheleute sollen durch Kommission auseinandergesetzt werden! Es kostet viel Geld, werden arm und hilft nichts, wann ich das letztere Mal nicht in die Ehescheidung gewilliget, hätte sie eben nichts ausgericht und mir nichts gethan. Aber da hatte ich's versehen und mußte weidlich herhalten.

Wir hielten selbige Ehescheidung achtzehen Wochen aus, bis daß Herr Konsistorialrath Schubert nach Halle kam. Ob es ohngefähr, oder deshalb, weiß ich nicht. Der ließ mich zu sich holen, befragte mich umb die ganze Sache: wie alles zugegangen, daß eine Ehescheidung zugelassen und erkannt, da doch keine Ursache vorhanden? Er habe aus den Akten keine rationes befunden; sei deswegen nicht zufrieden, daß solches in seiner Abwesenheit geschehen.

Ich sagte ihm die ganze Sache und beklagete mich herzlich über die Gewalt und Tyrannei meiner Frau und der Gerichtspersonen; wie sie alles genommen, und ich wöchentlich so viel geben müßte.

"Ei, sagte er, das ist unbillig; ich kann es in meinem Gewissen nicht verantworten, und keiner. Ich werde darum reden, wenn ich nach Magdeburg ins Konsistorium komme."

Es währete etwa vierzehen Tage, so kam ein Reskript von dem Consistorio an den hiesigen Herrn Konsistorialrath Heineccium: es hatte das Konsistorium die Ehescheidung des Johann Dietzen und seiner Frau nochmals in Erwägung gebracht und die Versöhnung unter ihnen beiden zu intentieren gemeinet; deshalb sie selbigem hiemit freundlich kommittiereten, solches fördersambst unter ihnen beiden vorzunehmen, damit diese beiden alten Eheleute zusammengebracht werden möchten.

Aber sie erhielt das Mal nichts, wiewohl es auch zur Kommission kam, da Herr Konsistorialrath Francke und Kommissionsrath Mantey traktiereten: ihr wöchentlich ein Gewisses zu geben. – Aber, gnade GOtt! wann Eheleute sollen durch Kommission auseinandergesetzt werden! Es kostet viel Geld, werden arm und hilft nichts, wann ich das letztere Mal nicht in die Ehescheidung gewilliget, hätte sie eben nichts ausgericht und mir nichts gethan. Aber da hatte ich’s versehen und mußte weidlich herhalten.

Wir hielten selbige Ehescheidung achtzehen Wochen aus, bis daß Herr Konsistorialrath Schubert nach Halle kam. Ob es ohngefähr, oder deshalb, weiß ich nicht. Der ließ mich zu sich holen, befragte mich umb die ganze Sache: wie alles zugegangen, daß eine Ehescheidung zugelassen und erkannt, da doch keine Ursache vorhanden? Er habe aus den Akten keine rationes befunden; sei deswegen nicht zufrieden, daß solches in seiner Abwesenheit geschehen.

Ich sagte ihm die ganze Sache und beklagete mich herzlich über die Gewalt und Tyrannei meiner Frau und der Gerichtspersonen; wie sie alles genommen, und ich wöchentlich so viel geben müßte.

„Ei, sagte er, das ist unbillig; ich kann es in meinem Gewissen nicht verantworten, und keiner. Ich werde darum reden, wenn ich nach Magdeburg ins Konsistorium komme.“

Es währete etwa vierzehen Tage, so kam ein Reskript von dem Consistorio an den hiesigen Herrn Konsistorialrath Heineccium: es hatte das Konsistorium die Ehescheidung des Johann Dietzen und seiner Frau nochmals in Erwägung gebracht und die Versöhnung unter ihnen beiden zu intentieren gemeinet; deshalb sie selbigem hiemit freundlich kommittiereten, solches fördersambst unter ihnen beiden vorzunehmen, damit diese beiden alten Eheleute zusammengebracht werden möchten.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="1">
          <p><pb facs="#f0281"/>
Aber sie erhielt das Mal nichts, wiewohl es auch zur Kommission kam, da Herr Konsistorialrath Francke und Kommissionsrath Mantey traktiereten: ihr wöchentlich ein Gewisses zu geben. &#x2013; Aber, gnade GOtt! wann Eheleute sollen durch Kommission auseinandergesetzt werden! Es kostet viel Geld, werden arm und hilft nichts, wann ich das letztere Mal nicht in die Ehescheidung gewilliget, hätte sie eben nichts ausgericht und mir nichts gethan. Aber da hatte ich&#x2019;s versehen und mußte weidlich herhalten.</p>
          <p><hi rendition="#in">W</hi>ir hielten selbige Ehescheidung achtzehen Wochen aus, bis daß Herr Konsistorialrath Schubert nach Halle kam. Ob es ohngefähr, oder deshalb, weiß ich nicht. Der ließ mich zu sich holen, befragte mich umb die ganze Sache: wie alles zugegangen, daß eine Ehescheidung zugelassen und erkannt, da doch keine Ursache vorhanden? Er habe aus den Akten keine <hi rendition="#aq">rationes</hi> befunden; sei deswegen nicht zufrieden, daß solches in seiner Abwesenheit geschehen.</p>
          <p>Ich sagte ihm die ganze Sache und beklagete mich herzlich über die Gewalt und Tyrannei meiner Frau und der Gerichtspersonen; wie sie alles genommen, und ich wöchentlich so viel geben müßte.</p>
          <p>&#x201E;Ei, sagte er, das ist unbillig; ich kann es in meinem Gewissen nicht verantworten, und keiner. Ich werde darum reden, wenn ich nach Magdeburg ins Konsistorium komme.&#x201C;</p>
          <p>Es währete etwa vierzehen Tage, so kam ein Reskript von dem <hi rendition="#aq">Consistorio</hi> an den hiesigen Herrn Konsistorialrath <hi rendition="#aq">Heineccium</hi>: es hatte das Konsistorium die Ehescheidung des Johann Dietzen und seiner Frau nochmals in Erwägung gebracht und die Versöhnung unter ihnen beiden zu intentieren gemeinet; deshalb sie selbigem hiemit freundlich kommittiereten, solches fördersambst unter ihnen beiden vorzunehmen, damit diese beiden alten Eheleute zusammengebracht werden möchten.</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0281] Aber sie erhielt das Mal nichts, wiewohl es auch zur Kommission kam, da Herr Konsistorialrath Francke und Kommissionsrath Mantey traktiereten: ihr wöchentlich ein Gewisses zu geben. – Aber, gnade GOtt! wann Eheleute sollen durch Kommission auseinandergesetzt werden! Es kostet viel Geld, werden arm und hilft nichts, wann ich das letztere Mal nicht in die Ehescheidung gewilliget, hätte sie eben nichts ausgericht und mir nichts gethan. Aber da hatte ich’s versehen und mußte weidlich herhalten. Wir hielten selbige Ehescheidung achtzehen Wochen aus, bis daß Herr Konsistorialrath Schubert nach Halle kam. Ob es ohngefähr, oder deshalb, weiß ich nicht. Der ließ mich zu sich holen, befragte mich umb die ganze Sache: wie alles zugegangen, daß eine Ehescheidung zugelassen und erkannt, da doch keine Ursache vorhanden? Er habe aus den Akten keine rationes befunden; sei deswegen nicht zufrieden, daß solches in seiner Abwesenheit geschehen. Ich sagte ihm die ganze Sache und beklagete mich herzlich über die Gewalt und Tyrannei meiner Frau und der Gerichtspersonen; wie sie alles genommen, und ich wöchentlich so viel geben müßte. „Ei, sagte er, das ist unbillig; ich kann es in meinem Gewissen nicht verantworten, und keiner. Ich werde darum reden, wenn ich nach Magdeburg ins Konsistorium komme.“ Es währete etwa vierzehen Tage, so kam ein Reskript von dem Consistorio an den hiesigen Herrn Konsistorialrath Heineccium: es hatte das Konsistorium die Ehescheidung des Johann Dietzen und seiner Frau nochmals in Erwägung gebracht und die Versöhnung unter ihnen beiden zu intentieren gemeinet; deshalb sie selbigem hiemit freundlich kommittiereten, solches fördersambst unter ihnen beiden vorzunehmen, damit diese beiden alten Eheleute zusammengebracht werden möchten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Projekt Gutenberg-DE: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-06-28T07:11:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frank Wiegand: Bearbeitung der digitalen Edition (2012-09-04T07:11:29Z)
Frederike Neuber: Überarbeitung der digitalen Edition (2014-01-10T14:11:29Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-06-28T07:11:29Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/281
Zitationshilfe: Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/281>, abgerufen am 30.04.2024.