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Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.

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Herr Harnisch aber, so hin und wieder bei die Herrn Rathsmeister, sonderlich bei Herrn Rathsmeister Kosten, wohlangesehen, befragte sich allen Rat und trieb die Sache am heftigsten wider mich.

Es half kein Bitten noch Flehen, ob ich gleich bei versammleter Innung in meinem Haus bat: ich hätte das, ob es auch gleich aus guter Meinung und Überredung geschehen, versehen und peccieret; erkennte meinen Fehler und wollt ihnen fünfzig Thaler in die Lade zur Strafe erlegen; Herr Werneroth seelig habe wohl dreien die Briefe, ohn der Innung Beisein, gegeben; das Geld wäre ja hier berechnet und niemand betrogen umb einen Pfennig! - Aber es half alles nichts. Ich mußte einen Abtritt nehmen und da hörete ich hinter der Thür, wie sie mich berateten und das böse Urtel fälleten. Unter allem gab Herr Bornmeister Schwartz den größten Druck, welcher sagte: es wäre ein Verbrechen, so der Obrigkeit nicht könnte verschwiegen werden und müßte man solches an'n Rath denunzieren. - Das war die rechte Falle, mein Unglück.

Worauf sie gleich auseinander und zum Advokaten, Herrn Dokter Greiff, gingen, welchen ich vorhero allezeit an die Barbierinnung rekommandieret und ihm viel Geld zugewandt. Deswegen ich eine gute Hoffnung zu selbigem hatte. Und er mir auch versprach: die Sache zu deprecieren. - Allein, nichts weniger! Er machte die Denunziation so scharf gegen mich, als' immer sein konnte. Ja, er hatte selbst gesaget: ich hätte ihm einsmals Geld vor die Innung bezahlet und etwas, weiß nicht, ob zwei Thaler oder sechszehen Groschen, davon behalten! Da er mir doch selbiges wieder zurück, in meinen Hut, als ein Gratial, seinethalben gegeben!

Dies, als ich solches erfuhr, kränkete mich sehr. Als ich ihn eben bei meines Schwagers Pohlens Thür antraf, sagte ich zu ihm: "Ei, Herr Doktor, Herr Doktor, was

Herr Harnisch aber, so hin und wieder bei die Herrn Rathsmeister, sonderlich bei Herrn Rathsmeister Kosten, wohlangesehen, befragte sich allen Rat und trieb die Sache am heftigsten wider mich.

Es half kein Bitten noch Flehen, ob ich gleich bei versammleter Innung in meinem Haus bat: ich hätte das, ob es auch gleich aus guter Meinung und Überredung geschehen, versehen und peccieret; erkennte meinen Fehler und wollt ihnen fünfzig Thaler in die Lade zur Strafe erlegen; Herr Werneroth seelig habe wohl dreien die Briefe, ohn der Innung Beisein, gegeben; das Geld wäre ja hier berechnet und niemand betrogen umb einen Pfennig! – Aber es half alles nichts. Ich mußte einen Abtritt nehmen und da hörete ich hinter der Thür, wie sie mich berateten und das böse Urtel fälleten. Unter allem gab Herr Bornmeister Schwartz den größten Druck, welcher sagte: es wäre ein Verbrechen, so der Obrigkeit nicht könnte verschwiegen werden und müßte man solches an’n Rath denunzieren. – Das war die rechte Falle, mein Unglück.

Worauf sie gleich auseinander und zum Advokaten, Herrn Dokter Greiff, gingen, welchen ich vorhero allezeit an die Barbierinnung rekommandieret und ihm viel Geld zugewandt. Deswegen ich eine gute Hoffnung zu selbigem hatte. Und er mir auch versprach: die Sache zu deprecieren. – Allein, nichts weniger! Er machte die Denunziation so scharf gegen mich, als’ immer sein konnte. Ja, er hatte selbst gesaget: ich hätte ihm einsmals Geld vor die Innung bezahlet und etwas, weiß nicht, ob zwei Thaler oder sechszehen Groschen, davon behalten! Da er mir doch selbiges wieder zurück, in meinen Hut, als ein Gratial, seinethalben gegeben!

Dies, als ich solches erfuhr, kränkete mich sehr. Als ich ihn eben bei meines Schwagers Pohlens Thür antraf, sagte ich zu ihm: „Ei, Herr Doktor, Herr Doktor, was

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          <p>Worauf sie gleich auseinander und zum Advokaten, Herrn Dokter Greiff, gingen, welchen ich vorhero allezeit an die Barbierinnung rekommandieret und ihm viel Geld zugewandt. Deswegen ich eine gute Hoffnung zu selbigem hatte. Und er mir auch versprach: die Sache zu deprecieren. &#x2013; Allein, nichts weniger! Er machte die Denunziation so scharf gegen mich, als&#x2019; immer sein konnte. Ja, er hatte selbst gesaget: ich hätte ihm einsmals Geld vor die Innung bezahlet und etwas, weiß nicht, ob zwei Thaler oder sechszehen Groschen, davon behalten! Da er mir doch selbiges wieder zurück, in meinen Hut, als ein Gratial, seinethalben gegeben!</p>
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[0289] Herr Harnisch aber, so hin und wieder bei die Herrn Rathsmeister, sonderlich bei Herrn Rathsmeister Kosten, wohlangesehen, befragte sich allen Rat und trieb die Sache am heftigsten wider mich. Es half kein Bitten noch Flehen, ob ich gleich bei versammleter Innung in meinem Haus bat: ich hätte das, ob es auch gleich aus guter Meinung und Überredung geschehen, versehen und peccieret; erkennte meinen Fehler und wollt ihnen fünfzig Thaler in die Lade zur Strafe erlegen; Herr Werneroth seelig habe wohl dreien die Briefe, ohn der Innung Beisein, gegeben; das Geld wäre ja hier berechnet und niemand betrogen umb einen Pfennig! – Aber es half alles nichts. Ich mußte einen Abtritt nehmen und da hörete ich hinter der Thür, wie sie mich berateten und das böse Urtel fälleten. Unter allem gab Herr Bornmeister Schwartz den größten Druck, welcher sagte: es wäre ein Verbrechen, so der Obrigkeit nicht könnte verschwiegen werden und müßte man solches an’n Rath denunzieren. – Das war die rechte Falle, mein Unglück. Worauf sie gleich auseinander und zum Advokaten, Herrn Dokter Greiff, gingen, welchen ich vorhero allezeit an die Barbierinnung rekommandieret und ihm viel Geld zugewandt. Deswegen ich eine gute Hoffnung zu selbigem hatte. Und er mir auch versprach: die Sache zu deprecieren. – Allein, nichts weniger! Er machte die Denunziation so scharf gegen mich, als’ immer sein konnte. Ja, er hatte selbst gesaget: ich hätte ihm einsmals Geld vor die Innung bezahlet und etwas, weiß nicht, ob zwei Thaler oder sechszehen Groschen, davon behalten! Da er mir doch selbiges wieder zurück, in meinen Hut, als ein Gratial, seinethalben gegeben! Dies, als ich solches erfuhr, kränkete mich sehr. Als ich ihn eben bei meines Schwagers Pohlens Thür antraf, sagte ich zu ihm: „Ei, Herr Doktor, Herr Doktor, was

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Zitationshilfe: Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/289>, abgerufen am 30.04.2024.