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Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.

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den Soldaten zur Thür nausschmeissen. Der Soldat wußte keinen andern Rat und kombt zu mir. Bate mich, weil ich doch damals in Erfurt zu dem Gelde und Erbschaft geholfen: ich sollt'es im Ambte attestieren, weil sie von nichts wissen wollten.

Deß kunnte ich mich nicht wohl entbrechen. Ging mit hinaus. Als ich im Ambt in Gegenwart des Herrn von Goldstein die Sache proponierte, umb welche Zeit solches geschehen, fand sich's im Gerichtsbuch, daß der Soldat mit seinem Stiefbruder in Gerichten erschienen und er sich von allem losgesagt und mit ihnen von Grund aus verglichen. "Also, sagte der Herr von Goldstein, ist in der Sache weiter nichts zu thun. Die Leute sind beide tot. Überdies ist das Gut ohnedem mit Schulden beschweret und da wenig zu hoffen." - Der Soldat gehabte sich dabei sehr übel. Bald fluchte er auf seinen Bruder, daß er ihn betrogen, bald weinete er.

Ich tröstete ihn auf dem Reinwege und sagte : er sollte sich das nicht so wundern lassen. Mich hätte auch ein Gevatter und Freund, mit dem ich es doch so gut gemeinet, umb fünfhundert Thaler mit einem Wechsel betrogen. Die Frau hätte den Wechsel mit unterschrieben, selbe hatte ihrem Vorgeben nach dreitausend Thaler eingebracht, hatte zu bezahlen und wollte doch nicht bezahlen, machte allerhand Diffikultäten und sagte itzt: ihr Kurator wäre nicht bei Verstande und was dergleichen Ausflüchte. Ich wäre deshalb zweimal in der harten Kälte nach Berlin gewesen; aber nichts anders erhalten als: ich sollt es durchs Recht, weil ich's einmal darin gebracht, ausmachen. - So ich auch gethan. Das dritte Urtel nun hätte ich mitgebracht: die Frau sollte Kapital,, Intresse und alle Unkosten bezahlen. Nun ich sie wollte satzen lassen und aufs Rathaus bringen, machte sie sich totkrank etc.

den Soldaten zur Thür nausschmeissen. Der Soldat wußte keinen andern Rat und kombt zu mir. Bate mich, weil ich doch damals in Erfurt zu dem Gelde und Erbschaft geholfen: ich sollt’es im Ambte attestieren, weil sie von nichts wissen wollten.

Deß kunnte ich mich nicht wohl entbrechen. Ging mit hinaus. Als ich im Ambt in Gegenwart des Herrn von Goldstein die Sache proponierte, umb welche Zeit solches geschehen, fand sich’s im Gerichtsbuch, daß der Soldat mit seinem Stiefbruder in Gerichten erschienen und er sich von allem losgesagt und mit ihnen von Grund aus verglichen. „Also, sagte der Herr von Goldstein, ist in der Sache weiter nichts zu thun. Die Leute sind beide tot. Überdies ist das Gut ohnedem mit Schulden beschweret und da wenig zu hoffen.“ – Der Soldat gehabte sich dabei sehr übel. Bald fluchte er auf seinen Bruder, daß er ihn betrogen, bald weinete er.

Ich tröstete ihn auf dem Reinwege und sagte : er sollte sich das nicht so wundern lassen. Mich hätte auch ein Gevatter und Freund, mit dem ich es doch so gut gemeinet, umb fünfhundert Thaler mit einem Wechsel betrogen. Die Frau hätte den Wechsel mit unterschrieben, selbe hatte ihrem Vorgeben nach dreitausend Thaler eingebracht, hatte zu bezahlen und wollte doch nicht bezahlen, machte allerhand Diffikultäten und sagte itzt: ihr Kurator wäre nicht bei Verstande und was dergleichen Ausflüchte. Ich wäre deshalb zweimal in der harten Kälte nach Berlin gewesen; aber nichts anders erhalten als: ich sollt es durchs Recht, weil ich’s einmal darin gebracht, ausmachen. – So ich auch gethan. Das dritte Urtel nun hätte ich mitgebracht: die Frau sollte Kapital,, Intresse und alle Unkosten bezahlen. Nun ich sie wollte satzen lassen und aufs Rathaus bringen, machte sie sich totkrank etc.

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[0299] den Soldaten zur Thür nausschmeissen. Der Soldat wußte keinen andern Rat und kombt zu mir. Bate mich, weil ich doch damals in Erfurt zu dem Gelde und Erbschaft geholfen: ich sollt’es im Ambte attestieren, weil sie von nichts wissen wollten. Deß kunnte ich mich nicht wohl entbrechen. Ging mit hinaus. Als ich im Ambt in Gegenwart des Herrn von Goldstein die Sache proponierte, umb welche Zeit solches geschehen, fand sich’s im Gerichtsbuch, daß der Soldat mit seinem Stiefbruder in Gerichten erschienen und er sich von allem losgesagt und mit ihnen von Grund aus verglichen. „Also, sagte der Herr von Goldstein, ist in der Sache weiter nichts zu thun. Die Leute sind beide tot. Überdies ist das Gut ohnedem mit Schulden beschweret und da wenig zu hoffen.“ – Der Soldat gehabte sich dabei sehr übel. Bald fluchte er auf seinen Bruder, daß er ihn betrogen, bald weinete er. Ich tröstete ihn auf dem Reinwege und sagte : er sollte sich das nicht so wundern lassen. Mich hätte auch ein Gevatter und Freund, mit dem ich es doch so gut gemeinet, umb fünfhundert Thaler mit einem Wechsel betrogen. Die Frau hätte den Wechsel mit unterschrieben, selbe hatte ihrem Vorgeben nach dreitausend Thaler eingebracht, hatte zu bezahlen und wollte doch nicht bezahlen, machte allerhand Diffikultäten und sagte itzt: ihr Kurator wäre nicht bei Verstande und was dergleichen Ausflüchte. Ich wäre deshalb zweimal in der harten Kälte nach Berlin gewesen; aber nichts anders erhalten als: ich sollt es durchs Recht, weil ich’s einmal darin gebracht, ausmachen. – So ich auch gethan. Das dritte Urtel nun hätte ich mitgebracht: die Frau sollte Kapital,, Intresse und alle Unkosten bezahlen. Nun ich sie wollte satzen lassen und aufs Rathaus bringen, machte sie sich totkrank etc.

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Zitationshilfe: Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/299>, abgerufen am 30.04.2024.