Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

man über alle ausgesprochen hat, die tausend Jahre
vor ihm und tausend Jahre nach ihm, seinen Nah-
men nicht hörten, seine auf diese oder jene Art er-
klärte und vorgestellte Lehre nicht glauben konnten.
Aber ich hoffe nicht, man werde hieraus es ableug-
nen wollen, daß die verfolgenden Grundsätze doch
wirklich in den christlichen Religionssystemen, so wie
sie bisher in der Welt waren, sich befunden haben.
Mit Recht hat man gesagt: es kömmt nicht darauf
an, was in dem mosaischen Gesetz der Juden wirk-
lich enthalten ist, sondern was die Juden und ihre

Lehrer
"Was kann ein solcher Schreiber, Prediger und
"Lehrer anders glauben von dem christlichen Glau-
"ben, als daß er sey allerley Glauben gleich, und
"könne ein jeglicher in seinem Glauben selig wer-
"den, auch ein abgöttischer und Epicurer, wie Nu-
"ma und Scipio?" Ich habe mich nicht enthalten
können, diese merkwürdige Stelle hieher zu setzen,
die ich gerade in Hrn. Prof. Meisters berühmten
Zürichern, I. S. 249 angeführt finde. Sie zeigt,
wie roh und wenig aufgehellt die Begriffe des sonst
so großen Mannes in dieser wichtigen Sache waren.
Auch aus der Schrift von den Juden und ihren
Lügen, die Luther 1543 schrieb, und worinn er den
Obrigkeiten deren Duldung mit seiner bekannten
Heftigkeit vorwirft, könnte ich hievon noch mehr Be-
weise anführen, wenn es deren bedürfte.

man uͤber alle ausgeſprochen hat, die tauſend Jahre
vor ihm und tauſend Jahre nach ihm, ſeinen Nah-
men nicht hoͤrten, ſeine auf dieſe oder jene Art er-
klaͤrte und vorgeſtellte Lehre nicht glauben konnten.
Aber ich hoffe nicht, man werde hieraus es ableug-
nen wollen, daß die verfolgenden Grundſaͤtze doch
wirklich in den chriſtlichen Religionsſyſtemen, ſo wie
ſie bisher in der Welt waren, ſich befunden haben.
Mit Recht hat man geſagt: es koͤmmt nicht darauf
an, was in dem moſaiſchen Geſetz der Juden wirk-
lich enthalten iſt, ſondern was die Juden und ihre

Lehrer
„Was kann ein ſolcher Schreiber, Prediger und
„Lehrer anders glauben von dem chriſtlichen Glau-
„ben, als daß er ſey allerley Glauben gleich, und
„koͤnne ein jeglicher in ſeinem Glauben ſelig wer-
„den, auch ein abgoͤttiſcher und Epicurer, wie Nu-
„ma und Scipio?“ Ich habe mich nicht enthalten
koͤnnen, dieſe merkwuͤrdige Stelle hieher zu ſetzen,
die ich gerade in Hrn. Prof. Meiſters beruͤhmten
Zuͤrichern, I. S. 249 angefuͤhrt finde. Sie zeigt,
wie roh und wenig aufgehellt die Begriffe des ſonſt
ſo großen Mannes in dieſer wichtigen Sache waren.
Auch aus der Schrift von den Juden und ihren
Luͤgen, die Luther 1543 ſchrieb, und worinn er den
Obrigkeiten deren Duldung mit ſeiner bekannten
Heftigkeit vorwirft, koͤnnte ich hievon noch mehr Be-
weiſe anfuͤhren, wenn es deren beduͤrfte.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0206" n="198"/>
man u&#x0364;ber alle ausge&#x017F;prochen hat, die tau&#x017F;end Jahre<lb/>
vor ihm und tau&#x017F;end Jahre nach ihm, &#x017F;einen Nah-<lb/>
men nicht ho&#x0364;rten, &#x017F;eine auf die&#x017F;e oder jene Art er-<lb/>
kla&#x0364;rte und vorge&#x017F;tellte Lehre nicht <hi rendition="#fr">glauben konnten</hi>.<lb/>
Aber ich hoffe nicht, man werde hieraus es ableug-<lb/>
nen wollen, daß die verfolgenden Grund&#x017F;a&#x0364;tze doch<lb/>
wirklich in den chri&#x017F;tlichen Religions&#x017F;y&#x017F;temen, <hi rendition="#fr">&#x017F;o wie<lb/>
&#x017F;ie bisher in der Welt waren</hi>, &#x017F;ich befunden haben.<lb/>
Mit Recht hat man ge&#x017F;agt: es ko&#x0364;mmt nicht darauf<lb/>
an, was in dem mo&#x017F;ai&#x017F;chen Ge&#x017F;etz der Juden wirk-<lb/>
lich <hi rendition="#fr">enthalten</hi> i&#x017F;t, &#x017F;ondern was die Juden und ihre<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Lehrer</fw><lb/><note xml:id="note-0206" prev="#note-0205" place="foot" n="*)">&#x201E;Was kann ein &#x017F;olcher Schreiber, Prediger und<lb/>
&#x201E;Lehrer anders glauben von dem chri&#x017F;tlichen Glau-<lb/>
&#x201E;ben, als daß er &#x017F;ey allerley Glauben gleich, und<lb/>
&#x201E;ko&#x0364;nne ein jeglicher in &#x017F;einem <hi rendition="#fr">Glauben &#x017F;elig wer-<lb/>
&#x201E;den</hi>, auch ein abgo&#x0364;tti&#x017F;cher und Epicurer, wie Nu-<lb/>
&#x201E;ma und Scipio?&#x201C; Ich habe mich nicht enthalten<lb/>
ko&#x0364;nnen, die&#x017F;e merkwu&#x0364;rdige Stelle hieher zu &#x017F;etzen,<lb/>
die ich gerade in Hrn. Prof. <hi rendition="#fr">Mei&#x017F;ters beru&#x0364;hmten<lb/>
Zu&#x0364;richern</hi>, <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 249 angefu&#x0364;hrt finde. Sie zeigt,<lb/>
wie roh und wenig aufgehellt die Begriffe des &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
&#x017F;o großen Mannes in die&#x017F;er wichtigen Sache waren.<lb/>
Auch aus der Schrift <hi rendition="#fr">von den Juden und ihren<lb/>
Lu&#x0364;gen</hi>, die <hi rendition="#fr">Luther</hi> 1543 &#x017F;chrieb, und worinn er den<lb/>
Obrigkeiten deren Duldung mit &#x017F;einer bekannten<lb/>
Heftigkeit vorwirft, ko&#x0364;nnte ich hievon noch mehr Be-<lb/>
wei&#x017F;e anfu&#x0364;hren, wenn es deren bedu&#x0364;rfte.</note><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[198/0206] man uͤber alle ausgeſprochen hat, die tauſend Jahre vor ihm und tauſend Jahre nach ihm, ſeinen Nah- men nicht hoͤrten, ſeine auf dieſe oder jene Art er- klaͤrte und vorgeſtellte Lehre nicht glauben konnten. Aber ich hoffe nicht, man werde hieraus es ableug- nen wollen, daß die verfolgenden Grundſaͤtze doch wirklich in den chriſtlichen Religionsſyſtemen, ſo wie ſie bisher in der Welt waren, ſich befunden haben. Mit Recht hat man geſagt: es koͤmmt nicht darauf an, was in dem moſaiſchen Geſetz der Juden wirk- lich enthalten iſt, ſondern was die Juden und ihre Lehrer *) *) „Was kann ein ſolcher Schreiber, Prediger und „Lehrer anders glauben von dem chriſtlichen Glau- „ben, als daß er ſey allerley Glauben gleich, und „koͤnne ein jeglicher in ſeinem Glauben ſelig wer- „den, auch ein abgoͤttiſcher und Epicurer, wie Nu- „ma und Scipio?“ Ich habe mich nicht enthalten koͤnnen, dieſe merkwuͤrdige Stelle hieher zu ſetzen, die ich gerade in Hrn. Prof. Meiſters beruͤhmten Zuͤrichern, I. S. 249 angefuͤhrt finde. Sie zeigt, wie roh und wenig aufgehellt die Begriffe des ſonſt ſo großen Mannes in dieſer wichtigen Sache waren. Auch aus der Schrift von den Juden und ihren Luͤgen, die Luther 1543 ſchrieb, und worinn er den Obrigkeiten deren Duldung mit ſeiner bekannten Heftigkeit vorwirft, koͤnnte ich hievon noch mehr Be- weiſe anfuͤhren, wenn es deren beduͤrfte.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/206
Zitationshilfe: Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/206>, abgerufen am 01.05.2024.