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Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.

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Die vorgesetzte Dienstbehörde.
und fragte, indem ich mich im Stuhl zu ihm hin¬
kehrte:

"Was, Schwind! Ihr habt auf der Polizei ge¬
sessen? Also trinkt Ihr auch, das hab' ich früher noch
nicht an Euch gekannt, denn wahrscheinlich habt Ihr in
der Trunkenheit Skandal oder Schlägerei angefangen, daß
man Euch so untergebracht hat?" --

"Gott bewahre, Herr Doktor!" sagte der arme
Teufel erschreckt. "Sie werden gewiß selbst sagen, daß
ich gar nichts Besonderes gethan habe. -- Sehen Sie,
vorgestern Morgen bekomme ich einen Brief aus der
nächsten Ortschaft, worin mir mein Bruder schreibt, daß
ich ihm entgegenkommen solle, und auch drei Thaler in
die Tasche stecken möge, damit er die am Stadtthor vor¬
zeigen könne. Nun müssen Sie wissen, Herr Doktor,
daß mein Bruder seit zwei und einem halben Jahr auf
der Wanderschaft ist und wir uns in der Zeit nicht ge¬
sehen haben. Ich nehme also drei Thaler und gehe
meinem Bruder entgegen. Auf dem Rückweg gebe ich
ihm nun das Geld, welches er am Thor vorzeigt, und
als wir so in die Stadt gekommen sind, giebt er mir
das Geld wieder, denn er ist ein tüchtiger gelernter Geselle
und braucht um ein Unterkommen nicht besorgt zu sein."--

Die vorgeſetzte Dienſtbehoͤrde.
und fragte, indem ich mich im Stuhl zu ihm hin¬
kehrte:

„Was, Schwind! Ihr habt auf der Polizei ge¬
ſeſſen? Alſo trinkt Ihr auch, das hab' ich fruͤher noch
nicht an Euch gekannt, denn wahrſcheinlich habt Ihr in
der Trunkenheit Skandal oder Schlaͤgerei angefangen, daß
man Euch ſo untergebracht hat?“ —

„Gott bewahre, Herr Doktor!“ ſagte der arme
Teufel erſchreckt. „Sie werden gewiß ſelbſt ſagen, daß
ich gar nichts Beſonderes gethan habe. — Sehen Sie,
vorgeſtern Morgen bekomme ich einen Brief aus der
naͤchſten Ortſchaft, worin mir mein Bruder ſchreibt, daß
ich ihm entgegenkommen ſolle, und auch drei Thaler in
die Taſche ſtecken moͤge, damit er die am Stadtthor vor¬
zeigen koͤnne. Nun muͤſſen Sie wiſſen, Herr Doktor,
daß mein Bruder ſeit zwei und einem halben Jahr auf
der Wanderſchaft iſt und wir uns in der Zeit nicht ge¬
ſehen haben. Ich nehme alſo drei Thaler und gehe
meinem Bruder entgegen. Auf dem Ruͤckweg gebe ich
ihm nun das Geld, welches er am Thor vorzeigt, und
als wir ſo in die Stadt gekommen ſind, giebt er mir
das Geld wieder, denn er iſt ein tuͤchtiger gelernter Geſelle
und braucht um ein Unterkommen nicht beſorgt zu ſein.“—

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[127/0141] Die vorgeſetzte Dienſtbehoͤrde. und fragte, indem ich mich im Stuhl zu ihm hin¬ kehrte: „Was, Schwind! Ihr habt auf der Polizei ge¬ ſeſſen? Alſo trinkt Ihr auch, das hab' ich fruͤher noch nicht an Euch gekannt, denn wahrſcheinlich habt Ihr in der Trunkenheit Skandal oder Schlaͤgerei angefangen, daß man Euch ſo untergebracht hat?“ — „Gott bewahre, Herr Doktor!“ ſagte der arme Teufel erſchreckt. „Sie werden gewiß ſelbſt ſagen, daß ich gar nichts Beſonderes gethan habe. — Sehen Sie, vorgeſtern Morgen bekomme ich einen Brief aus der naͤchſten Ortſchaft, worin mir mein Bruder ſchreibt, daß ich ihm entgegenkommen ſolle, und auch drei Thaler in die Taſche ſtecken moͤge, damit er die am Stadtthor vor¬ zeigen koͤnne. Nun muͤſſen Sie wiſſen, Herr Doktor, daß mein Bruder ſeit zwei und einem halben Jahr auf der Wanderſchaft iſt und wir uns in der Zeit nicht ge¬ ſehen haben. Ich nehme alſo drei Thaler und gehe meinem Bruder entgegen. Auf dem Ruͤckweg gebe ich ihm nun das Geld, welches er am Thor vorzeigt, und als wir ſo in die Stadt gekommen ſind, giebt er mir das Geld wieder, denn er iſt ein tuͤchtiger gelernter Geſelle und braucht um ein Unterkommen nicht beſorgt zu ſein.“—

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Zitationshilfe: Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/141>, abgerufen am 29.04.2024.