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Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.

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Die vorgesetzte Dienstbehörde.
Bruder auf die Herberge: denn wenn man einander so
lange nicht gesehen hat, so will man auch wieder einmal
ein Glas zusammen trinken. In der Herberge waren
nun mehrere andere Handwerksburschen zugegen, die sich
ebenfalls in die Stadt hatten schmuggeln müssen, und
als wir uns zu ihnen setzten, erzählte mein Bruder ihnen
seine Einfahrt, und wie das so ist, wurde darüber wei¬
ter gesprochen." --

"Das heißt, es wurde darüber weidlich losgezogen?"--

"Nicht viel, Herr Doktor. Mein Bruder und ich
hatten uns auch mehr über andere Sachen zu unterhal¬
ten. Nun saß da aber auch ein Kerl, dem ich von
vornherein nicht traute, ein Fleischergesell hier aus unserer
Gasse, ein grundliederlicher Mensch, den ich mir dadurch
verfeindet habe, daß ich ihm einmal abschlug, ohne Be¬
zahlung ein Paar Stiefel zu besohlen. Der hat nun
wahrscheinlich die Geschichte mit meinem Bruder, so wie
er sie gehört hatte, auf der Polizei angezeigt, denn ich
kriegte am Nachmittag eine Vorladung vor den Revier¬
kommissarius, zu dem sie auch schon meinen Bruder ge¬
holt hatte. Der Kommissarius fuhr mich gleich mit
groben Worten an, wie ich mich unterstehen könne, den
Leuten bei Umgehung der Polizei-Vorschriften behülflich

Die vorgeſetzte Dienſtbehoͤrde.
Bruder auf die Herberge: denn wenn man einander ſo
lange nicht geſehen hat, ſo will man auch wieder einmal
ein Glas zuſammen trinken. In der Herberge waren
nun mehrere andere Handwerksburſchen zugegen, die ſich
ebenfalls in die Stadt hatten ſchmuggeln muͤſſen, und
als wir uns zu ihnen ſetzten, erzaͤhlte mein Bruder ihnen
ſeine Einfahrt, und wie das ſo iſt, wurde daruͤber wei¬
ter geſprochen.“ —

„Das heißt, es wurde daruͤber weidlich losgezogen?“—

„Nicht viel, Herr Doktor. Mein Bruder und ich
hatten uns auch mehr uͤber andere Sachen zu unterhal¬
ten. Nun ſaß da aber auch ein Kerl, dem ich von
vornherein nicht traute, ein Fleiſchergeſell hier aus unſerer
Gaſſe, ein grundliederlicher Menſch, den ich mir dadurch
verfeindet habe, daß ich ihm einmal abſchlug, ohne Be¬
zahlung ein Paar Stiefel zu beſohlen. Der hat nun
wahrſcheinlich die Geſchichte mit meinem Bruder, ſo wie
er ſie gehoͤrt hatte, auf der Polizei angezeigt, denn ich
kriegte am Nachmittag eine Vorladung vor den Revier¬
kommiſſarius, zu dem ſie auch ſchon meinen Bruder ge¬
holt hatte. Der Kommiſſarius fuhr mich gleich mit
groben Worten an, wie ich mich unterſtehen koͤnne, den
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[130/0144] Die vorgeſetzte Dienſtbehoͤrde. Bruder auf die Herberge: denn wenn man einander ſo lange nicht geſehen hat, ſo will man auch wieder einmal ein Glas zuſammen trinken. In der Herberge waren nun mehrere andere Handwerksburſchen zugegen, die ſich ebenfalls in die Stadt hatten ſchmuggeln muͤſſen, und als wir uns zu ihnen ſetzten, erzaͤhlte mein Bruder ihnen ſeine Einfahrt, und wie das ſo iſt, wurde daruͤber wei¬ ter geſprochen.“ — „Das heißt, es wurde daruͤber weidlich losgezogen?“— „Nicht viel, Herr Doktor. Mein Bruder und ich hatten uns auch mehr uͤber andere Sachen zu unterhal¬ ten. Nun ſaß da aber auch ein Kerl, dem ich von vornherein nicht traute, ein Fleiſchergeſell hier aus unſerer Gaſſe, ein grundliederlicher Menſch, den ich mir dadurch verfeindet habe, daß ich ihm einmal abſchlug, ohne Be¬ zahlung ein Paar Stiefel zu beſohlen. Der hat nun wahrſcheinlich die Geſchichte mit meinem Bruder, ſo wie er ſie gehoͤrt hatte, auf der Polizei angezeigt, denn ich kriegte am Nachmittag eine Vorladung vor den Revier¬ kommiſſarius, zu dem ſie auch ſchon meinen Bruder ge¬ holt hatte. Der Kommiſſarius fuhr mich gleich mit groben Worten an, wie ich mich unterſtehen koͤnne, den Leuten bei Umgehung der Polizei-Vorſchriften behuͤlflich

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Zitationshilfe: Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/144>, abgerufen am 29.04.2024.