Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

Die vorgesetzte Dienstbehörde.
eben günstiges Licht treten konnte, war wohl natürlich,
denn jetzt war nicht mehr der Kommissarius allein der
Beklagte, sondern der Polizeidirektor hatte selbst seine
letzterlassene Entscheidung zu justificiren. Als die Ent¬
schließung des Ministeriums endlich einlief, war sie denn
auch, wie dies nur zu erwarten stand, eine abweisende.

Von nun an saß der Kommissarius dem armen
Schuster mehr als je auf dem Nacken. Sei es, daß
er wirklich einzelne Veranlassungen dazu fand, sei es,
daß er nach der letzten Wendung die Stimmung seines
Vorgesetzten nicht mehr fürchten zu müssen glaubte,
kurz, die kleinen Quälereien nahmen kein Ende. Die
schönste Gelegenheit aber bot ihm in kurzer Zeit eine
Veränderung in Schwinds Verhältnissen.

Schwind hatte bis vor einem halben Jahre seine
alte Mutter bei sich ernährt, die ihm dafür das Haus¬
wesen besorgte. Als die alte Frau dann gestorben war,
hatte er ein halbes Jahr lang allein gewohnt, aber seine
Junggesellen-Wirthschaft behagte ihm nicht mehr, und er
wollte sich nun eine Hausfrau nehmen. Hierzu mußte
er den Anforderungen genügen, welche bei Gestattung
der Niederlassung gemacht werden. Schwind war in
unserem Lande geboren, sein Heimathsort lag nur wenige

Die vorgeſetzte Dienſtbehoͤrde.
eben guͤnſtiges Licht treten konnte, war wohl natuͤrlich,
denn jetzt war nicht mehr der Kommiſſarius allein der
Beklagte, ſondern der Polizeidirektor hatte ſelbſt ſeine
letzterlaſſene Entſcheidung zu juſtificiren. Als die Ent¬
ſchließung des Miniſteriums endlich einlief, war ſie denn
auch, wie dies nur zu erwarten ſtand, eine abweiſende.

Von nun an ſaß der Kommiſſarius dem armen
Schuſter mehr als je auf dem Nacken. Sei es, daß
er wirklich einzelne Veranlaſſungen dazu fand, ſei es,
daß er nach der letzten Wendung die Stimmung ſeines
Vorgeſetzten nicht mehr fuͤrchten zu muͤſſen glaubte,
kurz, die kleinen Quaͤlereien nahmen kein Ende. Die
ſchoͤnſte Gelegenheit aber bot ihm in kurzer Zeit eine
Veraͤnderung in Schwinds Verhaͤltniſſen.

Schwind hatte bis vor einem halben Jahre ſeine
alte Mutter bei ſich ernaͤhrt, die ihm dafuͤr das Haus¬
weſen beſorgte. Als die alte Frau dann geſtorben war,
hatte er ein halbes Jahr lang allein gewohnt, aber ſeine
Junggeſellen-Wirthſchaft behagte ihm nicht mehr, und er
wollte ſich nun eine Hausfrau nehmen. Hierzu mußte
er den Anforderungen genuͤgen, welche bei Geſtattung
der Niederlaſſung gemacht werden. Schwind war in
unſerem Lande geboren, ſein Heimathsort lag nur wenige

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0151" n="137"/><fw place="top" type="header">Die vorge&#x017F;etzte Dien&#x017F;tbeho&#x0364;rde.<lb/></fw>eben gu&#x0364;n&#x017F;tiges Licht treten konnte, war wohl natu&#x0364;rlich,<lb/>
denn jetzt war nicht mehr der Kommi&#x017F;&#x017F;arius allein der<lb/>
Beklagte, &#x017F;ondern der Polizeidirektor hatte &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;eine<lb/>
letzterla&#x017F;&#x017F;ene Ent&#x017F;cheidung zu ju&#x017F;tificiren. Als die Ent¬<lb/>
&#x017F;chließung des Mini&#x017F;teriums endlich einlief, war &#x017F;ie denn<lb/>
auch, wie dies nur zu erwarten &#x017F;tand, eine abwei&#x017F;ende.</p><lb/>
        <p>Von nun an &#x017F;aß der Kommi&#x017F;&#x017F;arius dem armen<lb/>
Schu&#x017F;ter mehr als je auf dem Nacken. Sei es, daß<lb/>
er wirklich einzelne Veranla&#x017F;&#x017F;ungen dazu fand, &#x017F;ei es,<lb/>
daß er nach der letzten Wendung die Stimmung &#x017F;eines<lb/>
Vorge&#x017F;etzten nicht mehr fu&#x0364;rchten zu mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en glaubte,<lb/>
kurz, die kleinen Qua&#x0364;lereien nahmen kein Ende. Die<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te Gelegenheit aber bot ihm in kurzer Zeit eine<lb/>
Vera&#x0364;nderung in Schwinds Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Schwind hatte bis vor einem halben Jahre &#x017F;eine<lb/>
alte Mutter bei &#x017F;ich erna&#x0364;hrt, die ihm dafu&#x0364;r das Haus¬<lb/>
we&#x017F;en be&#x017F;orgte. Als die alte Frau dann ge&#x017F;torben war,<lb/>
hatte er ein halbes Jahr lang allein gewohnt, aber &#x017F;eine<lb/>
Jungge&#x017F;ellen-Wirth&#x017F;chaft behagte ihm nicht mehr, und er<lb/>
wollte &#x017F;ich nun eine Hausfrau nehmen. Hierzu mußte<lb/>
er den Anforderungen genu&#x0364;gen, welche bei Ge&#x017F;tattung<lb/>
der Niederla&#x017F;&#x017F;ung gemacht werden. Schwind war in<lb/>
un&#x017F;erem Lande geboren, &#x017F;ein Heimathsort lag nur wenige<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[137/0151] Die vorgeſetzte Dienſtbehoͤrde. eben guͤnſtiges Licht treten konnte, war wohl natuͤrlich, denn jetzt war nicht mehr der Kommiſſarius allein der Beklagte, ſondern der Polizeidirektor hatte ſelbſt ſeine letzterlaſſene Entſcheidung zu juſtificiren. Als die Ent¬ ſchließung des Miniſteriums endlich einlief, war ſie denn auch, wie dies nur zu erwarten ſtand, eine abweiſende. Von nun an ſaß der Kommiſſarius dem armen Schuſter mehr als je auf dem Nacken. Sei es, daß er wirklich einzelne Veranlaſſungen dazu fand, ſei es, daß er nach der letzten Wendung die Stimmung ſeines Vorgeſetzten nicht mehr fuͤrchten zu muͤſſen glaubte, kurz, die kleinen Quaͤlereien nahmen kein Ende. Die ſchoͤnſte Gelegenheit aber bot ihm in kurzer Zeit eine Veraͤnderung in Schwinds Verhaͤltniſſen. Schwind hatte bis vor einem halben Jahre ſeine alte Mutter bei ſich ernaͤhrt, die ihm dafuͤr das Haus¬ weſen beſorgte. Als die alte Frau dann geſtorben war, hatte er ein halbes Jahr lang allein gewohnt, aber ſeine Junggeſellen-Wirthſchaft behagte ihm nicht mehr, und er wollte ſich nun eine Hausfrau nehmen. Hierzu mußte er den Anforderungen genuͤgen, welche bei Geſtattung der Niederlaſſung gemacht werden. Schwind war in unſerem Lande geboren, ſein Heimathsort lag nur wenige

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/151
Zitationshilfe: Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/151>, abgerufen am 30.04.2024.