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Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.

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Armuth und Verbrechen.
verderben, daß er alsogleich sein Geld verlangte. Doch
mußte er selbst seine Gesellen und das Material zur
Arbeit regelmäßig bezahlen. Schenk war daher genö¬
thigt, hin und wieder Schulden zu machen. Die un¬
regelmäßigen Einnahmen ließen ihn nicht zur ordentli¬
chen Einrichtung kommen, und es kam öfters vor, daß
er das Geld, statt damit die kleinen Schulden zu be¬
zahlen, in die Wirthschaft verwenden mußte. So wurde
er allmählig immer verschuldeter, ohne es eigentlich selbst
ganz zu bemerken.

Als seine Frau in die Wochen kam, war eben wie¬
der stille Zeit unter den Tischlern eingetreten, und Schenk
hätte bei den geringen Bestellungen zwei seiner Gesellen
entlassen können. Aber die gesteigerten Bedürfnisse
zwangen ihn zu verdoppelter Anstrengung, und statt die
Arbeit der Zeit gemäß beschränken zu können, war er
genöthigt, dieselbe auf eigne Gefahr fortzuführen und
zu erweitern. Schenk arbeitete, was sonst nie geschehen
war, öfters bis in die späte Nacht. Jeden Sonnabend
Abend fuhr er dann mit den verfertigten Möbeln zu
den Händlern, um ihnen seine Waaren zum schnellen
Verkauf anzubieten. Sonnabends war die Zeit, wo er
durchaus Geld einnehmen mußte. An diesem Tage

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Armuth und Verbrechen.
verderben, daß er alſogleich ſein Geld verlangte. Doch
mußte er ſelbſt ſeine Geſellen und das Material zur
Arbeit regelmaͤßig bezahlen. Schenk war daher genoͤ¬
thigt, hin und wieder Schulden zu machen. Die un¬
regelmaͤßigen Einnahmen ließen ihn nicht zur ordentli¬
chen Einrichtung kommen, und es kam oͤfters vor, daß
er das Geld, ſtatt damit die kleinen Schulden zu be¬
zahlen, in die Wirthſchaft verwenden mußte. So wurde
er allmaͤhlig immer verſchuldeter, ohne es eigentlich ſelbſt
ganz zu bemerken.

Als ſeine Frau in die Wochen kam, war eben wie¬
der ſtille Zeit unter den Tiſchlern eingetreten, und Schenk
haͤtte bei den geringen Beſtellungen zwei ſeiner Geſellen
entlaſſen koͤnnen. Aber die geſteigerten Beduͤrfniſſe
zwangen ihn zu verdoppelter Anſtrengung, und ſtatt die
Arbeit der Zeit gemaͤß beſchraͤnken zu koͤnnen, war er
genoͤthigt, dieſelbe auf eigne Gefahr fortzufuͤhren und
zu erweitern. Schenk arbeitete, was ſonſt nie geſchehen
war, oͤfters bis in die ſpaͤte Nacht. Jeden Sonnabend
Abend fuhr er dann mit den verfertigten Moͤbeln zu
den Haͤndlern, um ihnen ſeine Waaren zum ſchnellen
Verkauf anzubieten. Sonnabends war die Zeit, wo er
durchaus Geld einnehmen mußte. An dieſem Tage

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[17/0031] Armuth und Verbrechen. verderben, daß er alſogleich ſein Geld verlangte. Doch mußte er ſelbſt ſeine Geſellen und das Material zur Arbeit regelmaͤßig bezahlen. Schenk war daher genoͤ¬ thigt, hin und wieder Schulden zu machen. Die un¬ regelmaͤßigen Einnahmen ließen ihn nicht zur ordentli¬ chen Einrichtung kommen, und es kam oͤfters vor, daß er das Geld, ſtatt damit die kleinen Schulden zu be¬ zahlen, in die Wirthſchaft verwenden mußte. So wurde er allmaͤhlig immer verſchuldeter, ohne es eigentlich ſelbſt ganz zu bemerken. Als ſeine Frau in die Wochen kam, war eben wie¬ der ſtille Zeit unter den Tiſchlern eingetreten, und Schenk haͤtte bei den geringen Beſtellungen zwei ſeiner Geſellen entlaſſen koͤnnen. Aber die geſteigerten Beduͤrfniſſe zwangen ihn zu verdoppelter Anſtrengung, und ſtatt die Arbeit der Zeit gemaͤß beſchraͤnken zu koͤnnen, war er genoͤthigt, dieſelbe auf eigne Gefahr fortzufuͤhren und zu erweitern. Schenk arbeitete, was ſonſt nie geſchehen war, oͤfters bis in die ſpaͤte Nacht. Jeden Sonnabend Abend fuhr er dann mit den verfertigten Moͤbeln zu den Haͤndlern, um ihnen ſeine Waaren zum ſchnellen Verkauf anzubieten. Sonnabends war die Zeit, wo er durchaus Geld einnehmen mußte. An dieſem Tage 2

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Zitationshilfe: Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/31>, abgerufen am 26.04.2024.