Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

Armuth und Verbrechen.
kommen oft tüchtige Kerle hieher, weil der Wirth ehr¬
lich
ist und immer einen geheimen Weg hinten über
das Wasser bauen kann. Wenn Du mich einmal
suchst, so komme nur Abends in diesen Fuchsbau." --

Sie traten die Stufen hinunter in den Keller, wo
Fischer bekannt zu sein schien. Während er mit dem
Wirth, dem Hehler der hier verkehrenden Diebsbande,
im Winkel ein leises und angelegentliches Gespräch
führte, hatte ein Mädchen Brot, Käse und Brannt¬
wein gebracht. Schenk goß die beiden Gläser mit jäher
Hast hinunter und begann gierig das Essen zu ver¬
zehren.

"Nun, das muß ich sagen," lachte Will Fischer,
wieder herantretend, "dein Appetit wenigstens hat bei
Deinem Leben nicht gelitten." --

Schenk nahm schweigend den Rest des Essens,
wickelte ihn in ein Stück Papier und steckte das Ganze
sorgfältig in seine Tasche.

"Ich werde das meiner Frau bringen," sagte er
dann halb vor sich hin. "Sie wartet schon den gan¬
zen Morgen, und es ist doch etwas." --

"Deine Frau! So, so. Sagtest es ja auch zu¬

Armuth und Verbrechen.
kommen oft tuͤchtige Kerle hieher, weil der Wirth ehr¬
lich
iſt und immer einen geheimen Weg hinten uͤber
das Waſſer bauen kann. Wenn Du mich einmal
ſuchſt, ſo komme nur Abends in dieſen Fuchsbau.“ —

Sie traten die Stufen hinunter in den Keller, wo
Fiſcher bekannt zu ſein ſchien. Waͤhrend er mit dem
Wirth, dem Hehler der hier verkehrenden Diebsbande,
im Winkel ein leiſes und angelegentliches Geſpraͤch
fuͤhrte, hatte ein Maͤdchen Brot, Kaͤſe und Brannt¬
wein gebracht. Schenk goß die beiden Glaͤſer mit jaͤher
Haſt hinunter und begann gierig das Eſſen zu ver¬
zehren.

„Nun, das muß ich ſagen,“ lachte Will Fiſcher,
wieder herantretend, „dein Appetit wenigſtens hat bei
Deinem Leben nicht gelitten.“ —

Schenk nahm ſchweigend den Reſt des Eſſens,
wickelte ihn in ein Stuͤck Papier und ſteckte das Ganze
ſorgfaͤltig in ſeine Taſche.

„Ich werde das meiner Frau bringen,“ ſagte er
dann halb vor ſich hin. „Sie wartet ſchon den gan¬
zen Morgen, und es iſt doch etwas.“ —

„Deine Frau! So, ſo. Sagteſt es ja auch zu¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0043" n="29"/><fw place="top" type="header">Armuth und Verbrechen.<lb/></fw>kommen oft tu&#x0364;chtige Kerle hieher, weil der Wirth <hi rendition="#g">ehr¬<lb/>
lich</hi> i&#x017F;t und immer einen geheimen Weg hinten u&#x0364;ber<lb/>
das Wa&#x017F;&#x017F;er bauen kann. Wenn Du mich einmal<lb/>
&#x017F;uch&#x017F;t, &#x017F;o komme nur Abends in die&#x017F;en Fuchsbau.&#x201C; &#x2014;</p><lb/>
        <p>Sie traten die Stufen hinunter in den Keller, wo<lb/>
Fi&#x017F;cher bekannt zu &#x017F;ein &#x017F;chien. Wa&#x0364;hrend er mit dem<lb/>
Wirth, dem Hehler der hier verkehrenden Diebsbande,<lb/>
im Winkel ein lei&#x017F;es und angelegentliches Ge&#x017F;pra&#x0364;ch<lb/>
fu&#x0364;hrte, hatte ein Ma&#x0364;dchen Brot, Ka&#x0364;&#x017F;e und Brannt¬<lb/>
wein gebracht. Schenk goß die beiden Gla&#x0364;&#x017F;er mit ja&#x0364;her<lb/>
Ha&#x017F;t hinunter und begann gierig das E&#x017F;&#x017F;en zu ver¬<lb/>
zehren.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nun, das muß ich &#x017F;agen,&#x201C; lachte Will Fi&#x017F;cher,<lb/>
wieder herantretend, &#x201E;dein Appetit wenig&#x017F;tens hat bei<lb/>
Deinem Leben nicht gelitten.&#x201C; &#x2014;</p><lb/>
        <p>Schenk nahm &#x017F;chweigend den Re&#x017F;t des E&#x017F;&#x017F;ens,<lb/>
wickelte ihn in ein Stu&#x0364;ck Papier und &#x017F;teckte das Ganze<lb/>
&#x017F;orgfa&#x0364;ltig in &#x017F;eine Ta&#x017F;che.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich werde das meiner Frau bringen,&#x201C; &#x017F;agte er<lb/>
dann halb vor &#x017F;ich hin. &#x201E;Sie wartet &#x017F;chon den gan¬<lb/>
zen Morgen, und es i&#x017F;t doch etwas.&#x201C; &#x2014;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Deine Frau! So, &#x017F;o. Sagte&#x017F;t es ja auch zu¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[29/0043] Armuth und Verbrechen. kommen oft tuͤchtige Kerle hieher, weil der Wirth ehr¬ lich iſt und immer einen geheimen Weg hinten uͤber das Waſſer bauen kann. Wenn Du mich einmal ſuchſt, ſo komme nur Abends in dieſen Fuchsbau.“ — Sie traten die Stufen hinunter in den Keller, wo Fiſcher bekannt zu ſein ſchien. Waͤhrend er mit dem Wirth, dem Hehler der hier verkehrenden Diebsbande, im Winkel ein leiſes und angelegentliches Geſpraͤch fuͤhrte, hatte ein Maͤdchen Brot, Kaͤſe und Brannt¬ wein gebracht. Schenk goß die beiden Glaͤſer mit jaͤher Haſt hinunter und begann gierig das Eſſen zu ver¬ zehren. „Nun, das muß ich ſagen,“ lachte Will Fiſcher, wieder herantretend, „dein Appetit wenigſtens hat bei Deinem Leben nicht gelitten.“ — Schenk nahm ſchweigend den Reſt des Eſſens, wickelte ihn in ein Stuͤck Papier und ſteckte das Ganze ſorgfaͤltig in ſeine Taſche. „Ich werde das meiner Frau bringen,“ ſagte er dann halb vor ſich hin. „Sie wartet ſchon den gan¬ zen Morgen, und es iſt doch etwas.“ — „Deine Frau! So, ſo. Sagteſt es ja auch zu¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/43
Zitationshilfe: Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/43>, abgerufen am 26.04.2024.