Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890.

Bild:
<< vorherige Seite

Kordofan. Abessinien, Massailand.
(Gehänge der Hügel etc.) können eine ausserordentliche Anzahl
der verschiedensten Arten auf einem kleinen Terrain versammelt
beherbergen, während anderwärts eine einzelne Grasart viele
Quadratmeilen für sich allein in Anspruch nimmt."

2. Mit dem Namen "Degaregion" wird das abessinische
Hochland von circa 2000 m bis 3000 m, auch schon 300 m tiefer
in Uebergangsformationen beginnend, bezeichnet, welches in weiter
Ausdehnung von 15° N. über Abessinien und dann in sehr ähn-
lichen Pflanzenbeständen mit verstärkten südlichen Beigemischen
sich über die äquatorialen Gebirgsländer erstreckt (oberhalb 3000 m
beginnt in Abessinien Region 5). Den Hauptcharakter der ge-
samten Dega bilden nach Schweinfurt "Waldlosigkeit, Baum-
mangel und Grasarmut, welche sich nach den höheren Regionen
zu steigern". In der unteren Region sind immergrüne Baum- und
Strauchvertreter des mediterranen Florenreichs, besonders Juniperus
procera und Erica arborea (letztere höher ansteigend). Diese
letzteren sind beide auch infolge von Thomsons Expedition durch
Massailand in den äquatorialen Hochgebirgen gefunden und haben
dadurch in Afrika einzelne boreale Gattungen weit südwärts aus-
gedehnt; sie befinden sich daselbst zu Waldbeständen vereinigt
mit Calodendron capense und Podocarpus elongata, beides Süd-
afrikaner, mit welchen sie Mischwälder von 30 m Höhe der eigen-
tümlichsten geographischen Verwandtschaftsgruppierung bilden
(G. J., XI, 136). Hieran knüpft Hooker die Betrachtung an, dass
die Hochländer Afrikas und des tropischen Asiens nichts Gemein-
sames zu haben scheinen, während die Tiefländer des östlichen
Afrikas und von Dekhan an Arten und Repräsentativformen ge-
meinsamer Art reich sind. Und ausserdem: vergleicht man die
australische Flora mit der afrikanischen, so findet man in den
Tropen der ersteren viele extratropische Formen des südlicheren
Australiens mitvertreten; in Afrika dagegen haben sich die au-
stralen und tropischen Formen geschieden gehalten und erstere
treten nur auf den Hochgebirgen mit den eigentlichen Tropen-
gattungen in gemischte Formationen. In Abessinien sind zu er-
wähnen als eigentliche Tropengattungen der Dega: Coffea arabica,
die hier wie im Seengebiet wirklich wild sein und ihre eigent-
liche Heimat haben soll; der Cusso: Brayera anthelminthica, Pit-
tosporum abyssinicum, Carissa edulis; zwei Oliven sind maska-
renisch und südafrikanisch: Olea chrysophylla und O. laurifolia.
Physiognomisch von hohem Interesse ist der Gibarrabaum Rhyncho-
petalum montanum (Lobeliaceae, Griseb. V. d. E., II, 117).

3. Südarabien, von dem wir bisher noch wenig genug
wissen, stellt sich als ein merkwürdiges Gemisch eigener Tropen-
erzeugnisse ostafrikanischer Verwandtschaft dar mit abessinischen
Arten und tief nach Süden eingreifenden Wüstenformationen; der
Katstrauch Celastrus (Catha) edulis, dessen Blätter die Einwohner
übermäßig als Genussmittel lieben, die Reihe von Balsambäumen,
Acacia als Wälder bildend, dienen zur Charakterisierung. -- Von
ähnlichem Gesamtcharakter, aber sehr reich an Endemismen (20 %),

Kordofan. Abessinien, Massailand.
(Gehänge der Hügel etc.) können eine ausserordentliche Anzahl
der verschiedensten Arten auf einem kleinen Terrain versammelt
beherbergen, während anderwärts eine einzelne Grasart viele
Quadratmeilen für sich allein in Anspruch nimmt.“

2. Mit dem Namen „Degaregion“ wird das abessinische
Hochland von circa 2000 m bis 3000 m, auch schon 300 m tiefer
in Uebergangsformationen beginnend, bezeichnet, welches in weiter
Ausdehnung von 15° N. über Abessinien und dann in sehr ähn-
lichen Pflanzenbeständen mit verstärkten südlichen Beigemischen
sich über die äquatorialen Gebirgsländer erstreckt (oberhalb 3000 m
beginnt in Abessinien Region 5). Den Hauptcharakter der ge-
samten Dega bilden nach Schweinfurt „Waldlosigkeit, Baum-
mangel und Grasarmut, welche sich nach den höheren Regionen
zu steigern“. In der unteren Region sind immergrüne Baum- und
Strauchvertreter des mediterranen Florenreichs, besonders Juniperus
procera und Erica arborea (letztere höher ansteigend). Diese
letzteren sind beide auch infolge von Thomsons Expedition durch
Massailand in den äquatorialen Hochgebirgen gefunden und haben
dadurch in Afrika einzelne boreale Gattungen weit südwärts aus-
gedehnt; sie befinden sich daselbst zu Waldbeständen vereinigt
mit Calodendron capense und Podocarpus elongata, beides Süd-
afrikaner, mit welchen sie Mischwälder von 30 m Höhe der eigen-
tümlichsten geographischen Verwandtschaftsgruppierung bilden
(G. J., XI, 136). Hieran knüpft Hooker die Betrachtung an, dass
die Hochländer Afrikas und des tropischen Asiens nichts Gemein-
sames zu haben scheinen, während die Tiefländer des östlichen
Afrikas und von Dekhan an Arten und Repräsentativformen ge-
meinsamer Art reich sind. Und ausserdem: vergleicht man die
australische Flora mit der afrikanischen, so findet man in den
Tropen der ersteren viele extratropische Formen des südlicheren
Australiens mitvertreten; in Afrika dagegen haben sich die au-
stralen und tropischen Formen geschieden gehalten und erstere
treten nur auf den Hochgebirgen mit den eigentlichen Tropen-
gattungen in gemischte Formationen. In Abessinien sind zu er-
wähnen als eigentliche Tropengattungen der Dega: Coffea arabica,
die hier wie im Seengebiet wirklich wild sein und ihre eigent-
liche Heimat haben soll; der Cusso: Brayera anthelminthica, Pit-
tosporum abyssinicum, Carissa edulis; zwei Oliven sind maska-
renisch und südafrikanisch: Olea chrysophylla und O. laurifolia.
Physiognomisch von hohem Interesse ist der Gibarrabaum Rhyncho-
petalum montanum (Lobeliaceae, Griseb. V. d. E., II, 117).

3. Südarabien, von dem wir bisher noch wenig genug
wissen, stellt sich als ein merkwürdiges Gemisch eigener Tropen-
erzeugnisse ostafrikanischer Verwandtschaft dar mit abessinischen
Arten und tief nach Süden eingreifenden Wüstenformationen; der
Katstrauch Celastrus (Catha) edulis, dessen Blätter die Einwohner
übermäßig als Genussmittel lieben, die Reihe von Balsambäumen,
Acacia als Wälder bildend, dienen zur Charakterisierung. — Von
ähnlichem Gesamtcharakter, aber sehr reich an Endemismen (20 %),

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0499" n="467"/><fw place="top" type="header">Kordofan. Abessinien, Massailand.</fw><lb/>
(Gehänge der Hügel etc.) können eine ausserordentliche Anzahl<lb/>
der verschiedensten Arten auf einem kleinen Terrain versammelt<lb/>
beherbergen, während anderwärts eine einzelne Grasart viele<lb/>
Quadratmeilen für sich allein in Anspruch nimmt.&#x201C;</p><lb/>
            <p>2. Mit dem Namen &#x201E;<hi rendition="#g">Degaregion</hi>&#x201C; wird das abessinische<lb/>
Hochland von circa 2000 m bis 3000 m, auch schon 300 m tiefer<lb/>
in Uebergangsformationen beginnend, bezeichnet, welches in weiter<lb/>
Ausdehnung von 15° N. über Abessinien und dann in sehr ähn-<lb/>
lichen Pflanzenbeständen mit verstärkten südlichen Beigemischen<lb/>
sich über die äquatorialen Gebirgsländer erstreckt (oberhalb 3000 m<lb/>
beginnt in Abessinien Region 5). Den Hauptcharakter der ge-<lb/>
samten Dega bilden nach Schweinfurt &#x201E;Waldlosigkeit, Baum-<lb/>
mangel und Grasarmut, welche sich nach den höheren Regionen<lb/>
zu steigern&#x201C;. In der unteren Region sind immergrüne Baum- und<lb/>
Strauchvertreter des mediterranen Florenreichs, besonders Juniperus<lb/>
procera und Erica arborea (letztere höher ansteigend). Diese<lb/>
letzteren sind beide auch infolge von Thomsons Expedition durch<lb/>
Massailand in den äquatorialen Hochgebirgen gefunden und haben<lb/>
dadurch in Afrika einzelne boreale Gattungen weit südwärts aus-<lb/>
gedehnt; sie befinden sich daselbst zu Waldbeständen vereinigt<lb/>
mit Calodendron capense und Podocarpus elongata, beides Süd-<lb/>
afrikaner, mit welchen sie Mischwälder von 30 m Höhe der eigen-<lb/>
tümlichsten geographischen Verwandtschaftsgruppierung bilden<lb/>
(<hi rendition="#i">G. J.</hi>, XI, 136). Hieran knüpft Hooker die Betrachtung an, dass<lb/>
die Hochländer Afrikas und des tropischen Asiens nichts Gemein-<lb/>
sames zu haben scheinen, während die Tiefländer des östlichen<lb/>
Afrikas und von Dekhan an Arten und Repräsentativformen ge-<lb/>
meinsamer Art reich sind. Und ausserdem: vergleicht man die<lb/>
australische Flora mit der afrikanischen, so findet man in den<lb/>
Tropen der ersteren viele extratropische Formen des südlicheren<lb/>
Australiens mitvertreten; in Afrika dagegen haben sich die au-<lb/>
stralen und tropischen Formen geschieden gehalten und erstere<lb/>
treten nur auf den Hochgebirgen mit den eigentlichen Tropen-<lb/>
gattungen in gemischte Formationen. In Abessinien sind zu er-<lb/>
wähnen als eigentliche Tropengattungen der Dega: Coffea arabica,<lb/>
die hier wie im Seengebiet wirklich wild sein und ihre eigent-<lb/>
liche Heimat haben soll; der Cusso: Brayera anthelminthica, Pit-<lb/>
tosporum abyssinicum, Carissa edulis; zwei Oliven sind maska-<lb/>
renisch und südafrikanisch: Olea chrysophylla und O. laurifolia.<lb/>
Physiognomisch von hohem Interesse ist der Gibarrabaum Rhyncho-<lb/>
petalum montanum (Lobeliaceae, <hi rendition="#i">Griseb. V. d. E.</hi>, II, 117).</p><lb/>
            <p>3. <hi rendition="#g">Südarabien</hi>, von dem wir bisher noch wenig genug<lb/>
wissen, stellt sich als ein merkwürdiges Gemisch eigener Tropen-<lb/>
erzeugnisse ostafrikanischer Verwandtschaft dar mit abessinischen<lb/>
Arten und tief nach Süden eingreifenden Wüstenformationen; der<lb/>
Katstrauch Celastrus (Catha) edulis, dessen Blätter die Einwohner<lb/>
übermäßig als Genussmittel lieben, die Reihe von Balsambäumen,<lb/>
Acacia als Wälder bildend, dienen zur Charakterisierung. &#x2014; Von<lb/>
ähnlichem Gesamtcharakter, aber sehr reich an Endemismen (20 %),<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[467/0499] Kordofan. Abessinien, Massailand. (Gehänge der Hügel etc.) können eine ausserordentliche Anzahl der verschiedensten Arten auf einem kleinen Terrain versammelt beherbergen, während anderwärts eine einzelne Grasart viele Quadratmeilen für sich allein in Anspruch nimmt.“ 2. Mit dem Namen „Degaregion“ wird das abessinische Hochland von circa 2000 m bis 3000 m, auch schon 300 m tiefer in Uebergangsformationen beginnend, bezeichnet, welches in weiter Ausdehnung von 15° N. über Abessinien und dann in sehr ähn- lichen Pflanzenbeständen mit verstärkten südlichen Beigemischen sich über die äquatorialen Gebirgsländer erstreckt (oberhalb 3000 m beginnt in Abessinien Region 5). Den Hauptcharakter der ge- samten Dega bilden nach Schweinfurt „Waldlosigkeit, Baum- mangel und Grasarmut, welche sich nach den höheren Regionen zu steigern“. In der unteren Region sind immergrüne Baum- und Strauchvertreter des mediterranen Florenreichs, besonders Juniperus procera und Erica arborea (letztere höher ansteigend). Diese letzteren sind beide auch infolge von Thomsons Expedition durch Massailand in den äquatorialen Hochgebirgen gefunden und haben dadurch in Afrika einzelne boreale Gattungen weit südwärts aus- gedehnt; sie befinden sich daselbst zu Waldbeständen vereinigt mit Calodendron capense und Podocarpus elongata, beides Süd- afrikaner, mit welchen sie Mischwälder von 30 m Höhe der eigen- tümlichsten geographischen Verwandtschaftsgruppierung bilden (G. J., XI, 136). Hieran knüpft Hooker die Betrachtung an, dass die Hochländer Afrikas und des tropischen Asiens nichts Gemein- sames zu haben scheinen, während die Tiefländer des östlichen Afrikas und von Dekhan an Arten und Repräsentativformen ge- meinsamer Art reich sind. Und ausserdem: vergleicht man die australische Flora mit der afrikanischen, so findet man in den Tropen der ersteren viele extratropische Formen des südlicheren Australiens mitvertreten; in Afrika dagegen haben sich die au- stralen und tropischen Formen geschieden gehalten und erstere treten nur auf den Hochgebirgen mit den eigentlichen Tropen- gattungen in gemischte Formationen. In Abessinien sind zu er- wähnen als eigentliche Tropengattungen der Dega: Coffea arabica, die hier wie im Seengebiet wirklich wild sein und ihre eigent- liche Heimat haben soll; der Cusso: Brayera anthelminthica, Pit- tosporum abyssinicum, Carissa edulis; zwei Oliven sind maska- renisch und südafrikanisch: Olea chrysophylla und O. laurifolia. Physiognomisch von hohem Interesse ist der Gibarrabaum Rhyncho- petalum montanum (Lobeliaceae, Griseb. V. d. E., II, 117). 3. Südarabien, von dem wir bisher noch wenig genug wissen, stellt sich als ein merkwürdiges Gemisch eigener Tropen- erzeugnisse ostafrikanischer Verwandtschaft dar mit abessinischen Arten und tief nach Süden eingreifenden Wüstenformationen; der Katstrauch Celastrus (Catha) edulis, dessen Blätter die Einwohner übermäßig als Genussmittel lieben, die Reihe von Balsambäumen, Acacia als Wälder bildend, dienen zur Charakterisierung. — Von ähnlichem Gesamtcharakter, aber sehr reich an Endemismen (20 %),

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/499
Zitationshilfe: Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 467. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/499>, abgerufen am 14.05.2024.