Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite
mit ihren künstlichen Geweben.
Wollan! last uns sie sehn! und seid nicht Ekkelhaft:
Es ist betrachtens werth, was unser Schöpfer schaft.
Was er gemacht ist gut, und alle irrn und fehlen,
Die der Jnsecten Art, mit zu dem Bösen zählen.
Der Spinnen Wunderbau, ist zwiefach anzusehn,
Weil sie aus Kopf und Brust am Vordertheil bestehn,
Der mit dem Hintertheil wie durch ein Nez ver-
bunden,

Das wie ein dünner Drat recht zärtlich ist gewunden.
Der Vordertheil ist hart, mit Schalen übersezt
Damit er nicht so leicht, werd eingedrükt, verlezt,
Wenn sie im schnellen Lauf, bald hie, bald da hin-
rennet

An einen Gegenstand, den sie vorher nicht kennet.
Das Hintertheil ist nur mit dünner Haut belegt,
Den sie mit leichter Müh im Lauffe fort bewegt,
Der schlüpfrig; aber rauh von überwachsnen Haaren,
Wie jeder der sie sieht in Anblik kan erfahren.
Der Kopf ist wunderbar, man seh die Augen nur;
So sieht man alsobald des weisen Schöpfers Spur,
Aus diesen häutigen durchsichtigen Cristallen,
Jn ein gerührt Gemüt mit Lust zurükke prallen.
Sie sind nicht zugedekt, dagegen wol verwahrt,
Die Augenlieder fehln, drum sind die Augen hart
Bestehn, wie man gleich sieht aus lauter glatten
Schalen,

Dadurch genießt die Spinn des äusren Lichtes
Strahlen.

Sie bleiben unbewegt: doch dieses schadet nicht;
Weil sie acht Augen hat, darin der Schein sich
bricht,

Zwei hinten, zwei sind vorn, gedoppelt an den
Seiten,

Und diese all bestehn aus dünn gewebten Häuten.
Durch
J 5
mit ihren kuͤnſtlichen Geweben.
Wollan! laſt uns ſie ſehn! und ſeid nicht Ekkelhaft:
Es iſt betrachtens werth, was unſer Schoͤpfer ſchaft.
Was er gemacht iſt gut, und alle irrn und fehlen,
Die der Jnſecten Art, mit zu dem Boͤſen zaͤhlen.
Der Spinnen Wunderbau, iſt zwiefach anzuſehn,
Weil ſie aus Kopf und Bruſt am Vordertheil beſtehn,
Der mit dem Hintertheil wie durch ein Nez ver-
bunden,

Das wie ein duͤnner Drat recht zaͤrtlich iſt gewunden.
Der Vordertheil iſt hart, mit Schalen uͤberſezt
Damit er nicht ſo leicht, werd eingedruͤkt, verlezt,
Wenn ſie im ſchnellen Lauf, bald hie, bald da hin-
rennet

An einen Gegenſtand, den ſie vorher nicht kennet.
Das Hintertheil iſt nur mit duͤnner Haut belegt,
Den ſie mit leichter Muͤh im Lauffe fort bewegt,
Der ſchluͤpfrig; aber rauh von uͤberwachſnen Haaren,
Wie jeder der ſie ſieht in Anblik kan erfahren.
Der Kopf iſt wunderbar, man ſeh die Augen nur;
So ſieht man alſobald des weiſen Schoͤpfers Spur,
Aus dieſen haͤutigen durchſichtigen Criſtallen,
Jn ein geruͤhrt Gemuͤt mit Luſt zuruͤkke prallen.
Sie ſind nicht zugedekt, dagegen wol verwahrt,
Die Augenlieder fehln, drum ſind die Augen hart
Beſtehn, wie man gleich ſieht aus lauter glatten
Schalen,

Dadurch genießt die Spinn des aͤuſren Lichtes
Strahlen.

Sie bleiben unbewegt: doch dieſes ſchadet nicht;
Weil ſie acht Augen hat, darin der Schein ſich
bricht,

Zwei hinten, zwei ſind vorn, gedoppelt an den
Seiten,

Und dieſe all beſtehn aus duͤnn gewebten Haͤuten.
Durch
J 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0149" n="137"/>
          <fw place="top" type="header">mit ihren ku&#x0364;n&#x017F;tlichen Geweben.</fw><lb/>
          <l>Wollan! la&#x017F;t uns &#x017F;ie &#x017F;ehn! und &#x017F;eid nicht Ekkelhaft:</l><lb/>
          <l>Es i&#x017F;t betrachtens werth, was un&#x017F;er Scho&#x0364;pfer &#x017F;chaft.</l><lb/>
          <l>Was er gemacht i&#x017F;t gut, und alle irrn und fehlen,</l><lb/>
          <l>Die der Jn&#x017F;ecten Art, mit zu dem Bo&#x0364;&#x017F;en za&#x0364;hlen.</l><lb/>
          <l>Der Spinnen Wunderbau, i&#x017F;t zwiefach anzu&#x017F;ehn,</l><lb/>
          <l>Weil &#x017F;ie aus Kopf und Bru&#x017F;t am Vordertheil be&#x017F;tehn,</l><lb/>
          <l>Der mit dem Hintertheil wie durch ein Nez ver-<lb/><hi rendition="#et">bunden,</hi></l><lb/>
          <l>Das wie ein du&#x0364;nner Drat recht za&#x0364;rtlich i&#x017F;t gewunden.</l><lb/>
          <l>Der Vordertheil i&#x017F;t hart, mit Schalen u&#x0364;ber&#x017F;ezt</l><lb/>
          <l>Damit er nicht &#x017F;o leicht, werd eingedru&#x0364;kt, verlezt,</l><lb/>
          <l>Wenn &#x017F;ie im &#x017F;chnellen Lauf, bald hie, bald da hin-<lb/><hi rendition="#et">rennet</hi></l><lb/>
          <l>An einen Gegen&#x017F;tand, den &#x017F;ie vorher nicht kennet.</l><lb/>
          <l>Das Hintertheil i&#x017F;t nur mit du&#x0364;nner Haut belegt,</l><lb/>
          <l>Den &#x017F;ie mit leichter Mu&#x0364;h im Lauffe fort bewegt,</l><lb/>
          <l>Der &#x017F;chlu&#x0364;pfrig; aber rauh von u&#x0364;berwach&#x017F;nen Haaren,</l><lb/>
          <l>Wie jeder der &#x017F;ie &#x017F;ieht in Anblik kan erfahren.</l><lb/>
          <l>Der Kopf i&#x017F;t wunderbar, man &#x017F;eh die Augen nur;</l><lb/>
          <l>So &#x017F;ieht man al&#x017F;obald des wei&#x017F;en Scho&#x0364;pfers Spur,</l><lb/>
          <l>Aus die&#x017F;en ha&#x0364;utigen durch&#x017F;ichtigen Cri&#x017F;tallen,</l><lb/>
          <l>Jn ein geru&#x0364;hrt Gemu&#x0364;t mit Lu&#x017F;t zuru&#x0364;kke prallen.</l><lb/>
          <l>Sie &#x017F;ind nicht zugedekt, dagegen wol verwahrt,</l><lb/>
          <l>Die Augenlieder fehln, drum &#x017F;ind die Augen hart</l><lb/>
          <l>Be&#x017F;tehn, wie man gleich &#x017F;ieht aus lauter glatten<lb/><hi rendition="#et">Schalen,</hi></l><lb/>
          <l>Dadurch genießt die Spinn des a&#x0364;u&#x017F;ren Lichtes<lb/><hi rendition="#et">Strahlen.</hi></l><lb/>
          <l>Sie bleiben unbewegt: doch die&#x017F;es &#x017F;chadet nicht;</l><lb/>
          <l>Weil &#x017F;ie acht Augen hat, darin der Schein &#x017F;ich<lb/><hi rendition="#et">bricht,</hi></l><lb/>
          <l>Zwei hinten, zwei &#x017F;ind vorn, gedoppelt an den<lb/><hi rendition="#et">Seiten,</hi></l><lb/>
          <l>Und die&#x017F;e all be&#x017F;tehn aus du&#x0364;nn gewebten Ha&#x0364;uten.</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">J 5</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Durch</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[137/0149] mit ihren kuͤnſtlichen Geweben. Wollan! laſt uns ſie ſehn! und ſeid nicht Ekkelhaft: Es iſt betrachtens werth, was unſer Schoͤpfer ſchaft. Was er gemacht iſt gut, und alle irrn und fehlen, Die der Jnſecten Art, mit zu dem Boͤſen zaͤhlen. Der Spinnen Wunderbau, iſt zwiefach anzuſehn, Weil ſie aus Kopf und Bruſt am Vordertheil beſtehn, Der mit dem Hintertheil wie durch ein Nez ver- bunden, Das wie ein duͤnner Drat recht zaͤrtlich iſt gewunden. Der Vordertheil iſt hart, mit Schalen uͤberſezt Damit er nicht ſo leicht, werd eingedruͤkt, verlezt, Wenn ſie im ſchnellen Lauf, bald hie, bald da hin- rennet An einen Gegenſtand, den ſie vorher nicht kennet. Das Hintertheil iſt nur mit duͤnner Haut belegt, Den ſie mit leichter Muͤh im Lauffe fort bewegt, Der ſchluͤpfrig; aber rauh von uͤberwachſnen Haaren, Wie jeder der ſie ſieht in Anblik kan erfahren. Der Kopf iſt wunderbar, man ſeh die Augen nur; So ſieht man alſobald des weiſen Schoͤpfers Spur, Aus dieſen haͤutigen durchſichtigen Criſtallen, Jn ein geruͤhrt Gemuͤt mit Luſt zuruͤkke prallen. Sie ſind nicht zugedekt, dagegen wol verwahrt, Die Augenlieder fehln, drum ſind die Augen hart Beſtehn, wie man gleich ſieht aus lauter glatten Schalen, Dadurch genießt die Spinn des aͤuſren Lichtes Strahlen. Sie bleiben unbewegt: doch dieſes ſchadet nicht; Weil ſie acht Augen hat, darin der Schein ſich bricht, Zwei hinten, zwei ſind vorn, gedoppelt an den Seiten, Und dieſe all beſtehn aus duͤnn gewebten Haͤuten. Durch J 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747/149
Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747/149>, abgerufen am 26.04.2024.