Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815.

Bild:
<< vorherige Seite

immer wieder durstiger bis ans Grab, und wenn
ihr dabey einmal fröhlich und zufrieden werdet, so
mögt ihr mir danken. --

Alle sahen ihn erstaunt an. Faber sagte: ich
achte das Geld nur, wenn ich es brauche. Aber
Dichter brauchen immer Geld. Und hiemit packte er
ruhig alle seine Taschen voll, so daß er mit dem
aufgeschwollenen Rocke sehr lächerlich anzusehen
war.

Rudolph nahm hierauf kurzen Abschied von al¬
len und wandte sich wieder nach seinem Schlosse
zurück. Friedrich eilte ihm nach, er wollte ihn so
nicht geh'n lassen. Da kehrte er sich noch einmal
zu ihm. Du willst ins Kloster? fragte er ihn, und
blieb stehen. Ja, sagte Friedrich, und hielt seine
Hand fest, und was willst Du nun künftig begin¬
nen? -- Nichts --, war Rudolphs Antwort. --
Ich bitte Dich, sagte Friedrich, versenke Dich nicht
so fürchterlich in Dich selbst. Dort findest Du nim¬
mermehr Trost. -- Du gehst niemals in die Kirche.
-- In mir, erwiederte Rudolph, ist es wie ein
unabsehbarer Abgrund und alles still. -- Friedrich
glaubte dabey zu bemerken, daß er heimlich im
Innersten bewegt war. -- O könnt' ich alles Große

immer wieder durſtiger bis ans Grab, und wenn
ihr dabey einmal fröhlich und zufrieden werdet, ſo
mögt ihr mir danken. —

Alle ſahen ihn erſtaunt an. Faber ſagte: ich
achte das Geld nur, wenn ich es brauche. Aber
Dichter brauchen immer Geld. Und hiemit packte er
ruhig alle ſeine Taſchen voll, ſo daß er mit dem
aufgeſchwollenen Rocke ſehr lächerlich anzuſehen
war.

Rudolph nahm hierauf kurzen Abſchied von al¬
len und wandte ſich wieder nach ſeinem Schloſſe
zurück. Friedrich eilte ihm nach, er wollte ihn ſo
nicht geh'n laſſen. Da kehrte er ſich noch einmal
zu ihm. Du willſt ins Kloſter? fragte er ihn, und
blieb ſtehen. Ja, ſagte Friedrich, und hielt ſeine
Hand feſt, und was willſt Du nun künftig begin¬
nen? — Nichts —, war Rudolphs Antwort. —
Ich bitte Dich, ſagte Friedrich, verſenke Dich nicht
ſo fürchterlich in Dich ſelbſt. Dort findeſt Du nim¬
mermehr Troſt. — Du gehſt niemals in die Kirche.
— In mir, erwiederte Rudolph, iſt es wie ein
unabſehbarer Abgrund und alles ſtill. — Friedrich
glaubte dabey zu bemerken, daß er heimlich im
Innerſten bewegt war. — O könnt' ich alles Große

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0477" n="471"/>
immer wieder dur&#x017F;tiger bis ans Grab, und wenn<lb/>
ihr dabey einmal fröhlich und zufrieden werdet, &#x017F;o<lb/>
mögt ihr mir danken. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Alle &#x017F;ahen ihn er&#x017F;taunt an. Faber &#x017F;agte: ich<lb/>
achte das Geld nur, wenn ich es brauche. Aber<lb/>
Dichter brauchen immer Geld. Und hiemit packte er<lb/>
ruhig alle &#x017F;eine Ta&#x017F;chen voll, &#x017F;o daß er mit dem<lb/>
aufge&#x017F;chwollenen Rocke &#x017F;ehr lächerlich anzu&#x017F;ehen<lb/>
war.</p><lb/>
          <p>Rudolph nahm hierauf kurzen Ab&#x017F;chied von al¬<lb/>
len und wandte &#x017F;ich wieder nach &#x017F;einem Schlo&#x017F;&#x017F;e<lb/>
zurück. Friedrich eilte ihm nach, er wollte ihn &#x017F;o<lb/>
nicht geh'n la&#x017F;&#x017F;en. Da kehrte er &#x017F;ich noch einmal<lb/>
zu ihm. Du will&#x017F;t ins Klo&#x017F;ter? fragte er ihn, und<lb/>
blieb &#x017F;tehen. Ja, &#x017F;agte Friedrich, und hielt &#x017F;eine<lb/>
Hand fe&#x017F;t, und was will&#x017F;t <hi rendition="#g">Du</hi> nun künftig begin¬<lb/>
nen? &#x2014; Nichts &#x2014;, war Rudolphs Antwort. &#x2014;<lb/>
Ich bitte Dich, &#x017F;agte Friedrich, ver&#x017F;enke Dich nicht<lb/>
&#x017F;o fürchterlich in Dich &#x017F;elb&#x017F;t. Dort finde&#x017F;t Du nim¬<lb/>
mermehr Tro&#x017F;t. &#x2014; Du geh&#x017F;t niemals in die Kirche.<lb/>
&#x2014; In mir, erwiederte Rudolph, i&#x017F;t es wie ein<lb/>
unab&#x017F;ehbarer Abgrund und alles &#x017F;till. &#x2014; Friedrich<lb/>
glaubte dabey zu bemerken, daß er heimlich im<lb/>
Inner&#x017F;ten bewegt war. &#x2014; O könnt' ich alles Große<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[471/0477] immer wieder durſtiger bis ans Grab, und wenn ihr dabey einmal fröhlich und zufrieden werdet, ſo mögt ihr mir danken. — Alle ſahen ihn erſtaunt an. Faber ſagte: ich achte das Geld nur, wenn ich es brauche. Aber Dichter brauchen immer Geld. Und hiemit packte er ruhig alle ſeine Taſchen voll, ſo daß er mit dem aufgeſchwollenen Rocke ſehr lächerlich anzuſehen war. Rudolph nahm hierauf kurzen Abſchied von al¬ len und wandte ſich wieder nach ſeinem Schloſſe zurück. Friedrich eilte ihm nach, er wollte ihn ſo nicht geh'n laſſen. Da kehrte er ſich noch einmal zu ihm. Du willſt ins Kloſter? fragte er ihn, und blieb ſtehen. Ja, ſagte Friedrich, und hielt ſeine Hand feſt, und was willſt Du nun künftig begin¬ nen? — Nichts —, war Rudolphs Antwort. — Ich bitte Dich, ſagte Friedrich, verſenke Dich nicht ſo fürchterlich in Dich ſelbſt. Dort findeſt Du nim¬ mermehr Troſt. — Du gehſt niemals in die Kirche. — In mir, erwiederte Rudolph, iſt es wie ein unabſehbarer Abgrund und alles ſtill. — Friedrich glaubte dabey zu bemerken, daß er heimlich im Innerſten bewegt war. — O könnt' ich alles Große

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/477
Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815, S. 471. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/477>, abgerufen am 29.04.2024.