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Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834.

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da sahen sie jenseits den Wald schon von Jägern und
Reitern blitzen, der Fürst hatte zum Valet noch eine
große Jagd veranstaltet, bevor alles vor dem Winter
wieder in die Stadt flüchte.

Hast du die Braut nicht gesehen? fragte Lothario
unruhig umherspähend. -- Du meinst die Gräfin
Juanna, so hörtest du auch davon? erwiederte Fortu¬
nat, sie halten's so geheim vor mir, und alle Jäger
wissen's. Erst diesen Morgen hört' ich, daß der Bräu¬
tigam, ein Baron Manfred, noch heut zur Jagd er¬
wartet wird. -- Das ist ein prächtiges Wetter zum
Heirathen, sagte Lothario, der Alteweiber-Sommer
fliegt, als hatten sich alle alte Jungfern das Haupt¬
haar ausgerauft und in die Lüfte umhergestreut, da
bleibt mancher Ritter noch mit den Sporen drin hän¬
gen. Gebt Acht, es giebt eine köstliche Verwickelung!
-- Hiermit schüttelte er Fortunaten heftig die Hand,
und ging schnell in's Thal hinunter.

Fortunat sah ihm verwundert nach, dann folgte
er der Jagd, die jetzt immer lustiger durch die Berge
ging. So verlor er sich bald in das Labyrinth der
Wälder, und kam zuletzt in eine grüne Schluft, über
deren Felsenwände von allen Seiten Epheu verwildert
hinabstieg. Auf einmal brach ein Hirsch durch das
Dickicht, eine Meute Hunde an seinen Fersen und hin¬
ter ihnen Juanna. Das edle Thier bei seinem An¬

da ſahen ſie jenſeits den Wald ſchon von Jaͤgern und
Reitern blitzen, der Fuͤrſt hatte zum Valet noch eine
große Jagd veranſtaltet, bevor alles vor dem Winter
wieder in die Stadt fluͤchte.

Haſt du die Braut nicht geſehen? fragte Lothario
unruhig umherſpaͤhend. — Du meinſt die Graͤfin
Juanna, ſo hoͤrteſt du auch davon? erwiederte Fortu¬
nat, ſie halten's ſo geheim vor mir, und alle Jaͤger
wiſſen's. Erſt dieſen Morgen hoͤrt' ich, daß der Braͤu¬
tigam, ein Baron Manfred, noch heut zur Jagd er¬
wartet wird. — Das iſt ein praͤchtiges Wetter zum
Heirathen, ſagte Lothario, der Alteweiber-Sommer
fliegt, als hatten ſich alle alte Jungfern das Haupt¬
haar ausgerauft und in die Luͤfte umhergeſtreut, da
bleibt mancher Ritter noch mit den Sporen drin haͤn¬
gen. Gebt Acht, es giebt eine koͤſtliche Verwickelung!
— Hiermit ſchuͤttelte er Fortunaten heftig die Hand,
und ging ſchnell in's Thal hinunter.

Fortunat ſah ihm verwundert nach, dann folgte
er der Jagd, die jetzt immer luſtiger durch die Berge
ging. So verlor er ſich bald in das Labyrinth der
Waͤlder, und kam zuletzt in eine gruͤne Schluft, uͤber
deren Felſenwaͤnde von allen Seiten Epheu verwildert
hinabſtieg. Auf einmal brach ein Hirſch durch das
Dickicht, eine Meute Hunde an ſeinen Ferſen und hin¬
ter ihnen Juanna. Das edle Thier bei ſeinem An¬

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[171/0178] da ſahen ſie jenſeits den Wald ſchon von Jaͤgern und Reitern blitzen, der Fuͤrſt hatte zum Valet noch eine große Jagd veranſtaltet, bevor alles vor dem Winter wieder in die Stadt fluͤchte. Haſt du die Braut nicht geſehen? fragte Lothario unruhig umherſpaͤhend. — Du meinſt die Graͤfin Juanna, ſo hoͤrteſt du auch davon? erwiederte Fortu¬ nat, ſie halten's ſo geheim vor mir, und alle Jaͤger wiſſen's. Erſt dieſen Morgen hoͤrt' ich, daß der Braͤu¬ tigam, ein Baron Manfred, noch heut zur Jagd er¬ wartet wird. — Das iſt ein praͤchtiges Wetter zum Heirathen, ſagte Lothario, der Alteweiber-Sommer fliegt, als hatten ſich alle alte Jungfern das Haupt¬ haar ausgerauft und in die Luͤfte umhergeſtreut, da bleibt mancher Ritter noch mit den Sporen drin haͤn¬ gen. Gebt Acht, es giebt eine koͤſtliche Verwickelung! — Hiermit ſchuͤttelte er Fortunaten heftig die Hand, und ging ſchnell in's Thal hinunter. Fortunat ſah ihm verwundert nach, dann folgte er der Jagd, die jetzt immer luſtiger durch die Berge ging. So verlor er ſich bald in das Labyrinth der Waͤlder, und kam zuletzt in eine gruͤne Schluft, uͤber deren Felſenwaͤnde von allen Seiten Epheu verwildert hinabſtieg. Auf einmal brach ein Hirſch durch das Dickicht, eine Meute Hunde an ſeinen Ferſen und hin¬ ter ihnen Juanna. Das edle Thier bei ſeinem An¬

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/178>, abgerufen am 28.04.2024.