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Ernst, Ferdinand: Bemerkungen auf einer Reise durch das Innere der vereinigten Staaten von Nord-Amerika im Jahre 1819. Hildesheim, 1820.

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ren, mußten wir zu unserm Leidwesen erfahren,
daß die Post, die uns bis hieher gefördert hatte,
eine ganz neue Anlage sey, und nicht weiter als
bis hieher fahre. Wir mußten daher zwei Tage
hier verweilen; jedoch benutzten wir diese Zeit dazu,
uns auf dem Lande etwas umzusehen.

Die Amerikanischen Landg[ü][ - 1 Zeichen fehlt]er haben im All-
gemeinen wenig und sehr schlechte Gebäude. Ein
kleines erbärmliches Häuschen, von über einander
gelegten Balken erbauet, beherbergt oft den Be-
sitzer von 1000 Acres Landes. Mag es auch
seyn, daß er oft reich ist; es ist so die Mode des
Landes. Dieses Häuschen enthält oft nur ein
einziges Zimmer, welches die Küche, die Wohn-
stube und Schlafkammer einer zahlreichen Familie
ausmacht. Doch keine Regel ohne Ausnahme!
Es gibt auch Landgüter mit großen und prächti-
gen Gebäuden. Auch die Gebäude zum Haus-
halt sind von weit geringerer Beschaffenheit, als
es in Europa fast durchgehends der Fall ist. Das
Korn wird meistentheils im Freien gedroschen, das
Vieh geht Sommer und Winter draußen umher;
alles dieses macht die in Deutschland dazu erfor-
derlichen Gebäude hier entbehrlich. Alle Kornfel-
der sind eingehegt, um sie gegen das frei herum-
gehende Vieh zu beschützen. Diese Einhegung wird
in diesem holzreichen Lande höchst einfach und

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ren, mußten wir zu unſerm Leidweſen erfahren,
daß die Poſt, die uns bis hieher gefoͤrdert hatte,
eine ganz neue Anlage ſey, und nicht weiter als
bis hieher fahre. Wir mußten daher zwei Tage
hier verweilen; jedoch benutzten wir dieſe Zeit dazu,
uns auf dem Lande etwas umzuſehen.

Die Amerikaniſchen Landg[ü][ – 1 Zeichen fehlt]er haben im All-
gemeinen wenig und ſehr ſchlechte Gebaͤude. Ein
kleines erbaͤrmliches Haͤuschen, von uͤber einander
gelegten Balken erbauet, beherbergt oft den Be-
ſitzer von 1000 Acres Landes. Mag es auch
ſeyn, daß er oft reich iſt; es iſt ſo die Mode des
Landes. Dieſes Haͤuschen enthaͤlt oft nur ein
einziges Zimmer, welches die Kuͤche, die Wohn-
ſtube und Schlafkammer einer zahlreichen Familie
ausmacht. Doch keine Regel ohne Ausnahme!
Es gibt auch Landguͤter mit großen und praͤchti-
gen Gebaͤuden. Auch die Gebaͤude zum Haus-
halt ſind von weit geringerer Beſchaffenheit, als
es in Europa faſt durchgehends der Fall iſt. Das
Korn wird meiſtentheils im Freien gedroſchen, das
Vieh geht Sommer und Winter draußen umher;
alles dieſes macht die in Deutſchland dazu erfor-
derlichen Gebaͤude hier entbehrlich. Alle Kornfel-
der ſind eingehegt, um ſie gegen das frei herum-
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in dieſem holzreichen Lande hoͤchſt einfach und

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[17/0031] ren, mußten wir zu unſerm Leidweſen erfahren, daß die Poſt, die uns bis hieher gefoͤrdert hatte, eine ganz neue Anlage ſey, und nicht weiter als bis hieher fahre. Wir mußten daher zwei Tage hier verweilen; jedoch benutzten wir dieſe Zeit dazu, uns auf dem Lande etwas umzuſehen. Die Amerikaniſchen Landgü_er haben im All- gemeinen wenig und ſehr ſchlechte Gebaͤude. Ein kleines erbaͤrmliches Haͤuschen, von uͤber einander gelegten Balken erbauet, beherbergt oft den Be- ſitzer von 1000 Acres Landes. Mag es auch ſeyn, daß er oft reich iſt; es iſt ſo die Mode des Landes. Dieſes Haͤuschen enthaͤlt oft nur ein einziges Zimmer, welches die Kuͤche, die Wohn- ſtube und Schlafkammer einer zahlreichen Familie ausmacht. Doch keine Regel ohne Ausnahme! Es gibt auch Landguͤter mit großen und praͤchti- gen Gebaͤuden. Auch die Gebaͤude zum Haus- halt ſind von weit geringerer Beſchaffenheit, als es in Europa faſt durchgehends der Fall iſt. Das Korn wird meiſtentheils im Freien gedroſchen, das Vieh geht Sommer und Winter draußen umher; alles dieſes macht die in Deutſchland dazu erfor- derlichen Gebaͤude hier entbehrlich. Alle Kornfel- der ſind eingehegt, um ſie gegen das frei herum- gehende Vieh zu beſchuͤtzen. Dieſe Einhegung wird in dieſem holzreichen Lande hoͤchſt einfach und 2

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Zitationshilfe: Ernst, Ferdinand: Bemerkungen auf einer Reise durch das Innere der vereinigten Staaten von Nord-Amerika im Jahre 1819. Hildesheim, 1820, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ernst_nordamerika_1820/31>, abgerufen am 29.04.2024.