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Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

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von den erläuterungs-gründen
cher scharfsinnig und doch ein schalck, und
kan die sachen drehen wie ers haben will,
Syr.
19. 22. Distributionem: Derselbige schalck
kan den kopf hängen und ernst sehen und ist
doch eitel betrug, er schlägt die augen nieder
und horchet mit schalcks-ohren, und wo du
nicht acht auf ihn hast, so wird er dich überei-
len, und ob er zu schwach ist, dir schaden zu
thun, so wird er dich doch, wann er seine zeit
siehet, berücken. Man siehets einem wohl
an, und ein vernünfftiger mercket den mann
an seinen geberden. Denn seine kleidung,
lachen und gang zeigen ihn an.
Diuisionem:
Leute, die es nicht redlich mit ihrem nächsten
meinen sie mögen nun vornehm oder gering,
dum oder list[i]g, reich oder arm, manns- oder
weibes-personen seyn, soll man weder in seine
gesellschafft ziehen, noch sich ihnen aufdrin-
gen:
Limitationem: Es müste dann seyn daß
man ihrer schlechterdings nicht entbehren,
oder daß man sie bessern könte:
Exceptionem:
Hämische leute soll ich meiden, ausgenommen
wo es der wohlstand erfodert. cr.
Ob nun
iemand für falsch zu halten, solches muß durch
die wahrscheinlichkeit, so in vorigen cap. §. 14.
gewiesen, erhärtet werden, und da könte ich
meinen satz daraus also erläutern: Wer von
allen zu profitiren suchet, und hingegen nie-
mand von sich profitiren läst, wer anders re-
det als ers meint, wer vorwerts einem die
hände drückt, viel versprechungen thut, einen
freundlich anlacht, ins angesicht lobet, einem
geheimnüsse anvertrauet, hinterwerts aber
einen durchzieht, keine versprechungen hält,
und was man nützliches fürnimt, hintertrei-
bet, aus allen dingen geheimnisse macht, ei-
nem gar zu überflüßige complimente auf-

bür-
von den erlaͤuterungs-gruͤnden
cher ſcharfſinnig und doch ein ſchalck, und
kan die ſachen drehen wie ers haben will,
Syr.
19. 22. Diſtributionem: Derſelbige ſchalck
kan den kopf haͤngen und ernſt ſehen und iſt
doch eitel betrug, er ſchlaͤgt die augen nieder
und horchet mit ſchalcks-ohren, und wo du
nicht acht auf ihn haſt, ſo wird er dich uͤberei-
len, und ob er zu ſchwach iſt, dir ſchaden zu
thun, ſo wird er dich doch, wann er ſeine zeit
ſiehet, beruͤcken. Man ſiehets einem wohl
an, und ein vernuͤnfftiger mercket den mann
an ſeinen geberden. Denn ſeine kleidung,
lachen und gang zeigen ihn an.
Diuiſionem:
Leute, die es nicht redlich mit ihrem naͤchſten
meinen ſie moͤgen nun vornehm oder gering,
dum oder liſt[i]g, reich oder arm, manns- oder
weibes-perſonen ſeyn, ſoll man weder in ſeine
geſellſchafft ziehen, noch ſich ihnen aufdrin-
gen:
Limitationem: Es muͤſte dann ſeyn daß
man ihrer ſchlechterdings nicht entbehren,
oder daß man ſie beſſern koͤnte:
Exceptionem:
Haͤmiſche leute ſoll ich meiden, ausgenommen
wo es der wohlſtand erfodert. cꝛ.
Ob nun
iemand fuͤr falſch zu halten, ſolches muß durch
die wahrſcheinlichkeit, ſo in vorigen cap. §. 14.
gewieſen, erhaͤrtet werden, und da koͤnte ich
meinen ſatz daraus alſo erlaͤutern: Wer von
allen zu profitiren ſuchet, und hingegen nie-
mand von ſich profitiren laͤſt, wer anders re-
det als ers meint, wer vorwerts einem die
haͤnde druͤckt, viel verſprechungen thut, einen
freundlich anlacht, ins angeſicht lobet, einem
geheimnuͤſſe anvertrauet, hinterwerts aber
einen durchzieht, keine verſprechungen haͤlt,
und was man nuͤtzliches fuͤrnimt, hintertrei-
bet, aus allen dingen geheimniſſe macht, ei-
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buͤr-
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[106/0124] von den erlaͤuterungs-gruͤnden cher ſcharfſinnig und doch ein ſchalck, und kan die ſachen drehen wie ers haben will, Syr. 19. 22. Diſtributionem: Derſelbige ſchalck kan den kopf haͤngen und ernſt ſehen und iſt doch eitel betrug, er ſchlaͤgt die augen nieder und horchet mit ſchalcks-ohren, und wo du nicht acht auf ihn haſt, ſo wird er dich uͤberei- len, und ob er zu ſchwach iſt, dir ſchaden zu thun, ſo wird er dich doch, wann er ſeine zeit ſiehet, beruͤcken. Man ſiehets einem wohl an, und ein vernuͤnfftiger mercket den mann an ſeinen geberden. Denn ſeine kleidung, lachen und gang zeigen ihn an. Diuiſionem: Leute, die es nicht redlich mit ihrem naͤchſten meinen ſie moͤgen nun vornehm oder gering, dum oder liſtig, reich oder arm, manns- oder weibes-perſonen ſeyn, ſoll man weder in ſeine geſellſchafft ziehen, noch ſich ihnen aufdrin- gen: Limitationem: Es muͤſte dann ſeyn daß man ihrer ſchlechterdings nicht entbehren, oder daß man ſie beſſern koͤnte: Exceptionem: Haͤmiſche leute ſoll ich meiden, ausgenommen wo es der wohlſtand erfodert. cꝛ. Ob nun iemand fuͤr falſch zu halten, ſolches muß durch die wahrſcheinlichkeit, ſo in vorigen cap. §. 14. gewieſen, erhaͤrtet werden, und da koͤnte ich meinen ſatz daraus alſo erlaͤutern: Wer von allen zu profitiren ſuchet, und hingegen nie- mand von ſich profitiren laͤſt, wer anders re- det als ers meint, wer vorwerts einem die haͤnde druͤckt, viel verſprechungen thut, einen freundlich anlacht, ins angeſicht lobet, einem geheimnuͤſſe anvertrauet, hinterwerts aber einen durchzieht, keine verſprechungen haͤlt, und was man nuͤtzliches fuͤrnimt, hintertrei- bet, aus allen dingen geheimniſſe macht, ei- nem gar zu uͤberfluͤßige complimente auf- buͤr-

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Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/124>, abgerufen am 02.05.2024.