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Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.

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in die Rede und sprach: Bartholus und Baldus seynd falsche Zeugen, können
auch nicht sagen daß sie bey unserm Zanck gegenwärtig gewesen
.

Ein Student zu Wittenberg gab seinen Landsleuten einen Schmauß.
Als sie nun fein lustig und frölich waren mit einer Music von Lauten, Geigen
und andern Instrumenten bringet einer unter ihnen eine Jungfer, bey der er
Freyerey angegeben, auf die Stube. Nachdem er etliche Reyhen mit derselben
herum gesprungen, und erst recht anfangen wolte zu löffeln, mercken es die
übrigen, und einer spricht nach dem andern diese Löffel-Schwester um ein
ehrliches Täntzlein an, worinnen ihr Galan auch mit Freuden gewilliget;
jedoch mit dem Beding, sagte er daß ihr Herren mir die Jungfrau Ja
auch wiederbringet
. Nach gehaltenem Tantz bringen sie die Jungfrau,
durch vieles Bitten, hinter den Tisch treiben auch mancherley Gespräche und
Kurtzweil mit ihr. Das kunte der junge Dominus nicht länger ansehen, sondern
trat vor den Tisch und sprach: Ey ihr Herren. Lasset doch Jungfer Rebe-
cken wieder herfür, sie möchte etwa auf den Hof gehen und pissen wollen
.

Ein gelehrter Dorff-Schulmeister, als man es ihm verwiese das die Uhr
nicht recht gieng, über die er doch die Aufsicht hatte sagte: Die Uhr gehet
recht; aber die Sonne gebet nicht recht
.

Als ehemahls ein gewisser Magister, in einer der Untersuchung der Gelehr-
ten auf der hohen Schule fürgelegten Schrifft, so zu denen Kirchen Geschichten
gehorte, verschiedene Stellen aus Platone und andern anführete, wolte bewei-
sen, daß es Tag werde wenn die Sonne aufgehet.

Ein Philosophus, als er sahe eine Post vorüber reiten, und daß des Po-
stillions
Pferd sehr mit Packen beschweret war, sagte zu einem Nebenstehenden:
Dieser Geselle hat kein Mittleiden mit seinem armen Pferd. Er könte
wohl etwas von der Ladung auf seine eigene Schultern nehmen damit
das arme Thier nicht so sehr beschwehret würde
.

Ein reisender Studiosus, als er sahe daß man in Italien Eiß unter den
Wein that, steckte er ein Stück in den Schubsack, nachdem er es fein sauber
in sein Schnupfftuch gewickelt hatte, und machte sich die Rechnung, er wolte
bey der Abend-Mahlzeit seinen Truncks kühl damit machen. Allein er fande es
endlich wie leicht zu erachten, gantz zerschmoltzen, und das Schnupfftuch war,
als ob er es in das Wasser getunck et hätte. Da druckete er es mit seiner Hand

aus,

in die Rede und ſprach: Bartholus und Baldus ſeynd falſche Zeugen, koͤnnen
auch nicht ſagen daß ſie bey unſerm Zanck gegenwaͤrtig geweſen
.

Ein Student zu Wittenberg gab ſeinen Landsleuten einen Schmauß.
Als ſie nun fein luſtig und froͤlich waren mit einer Muſic von Lauten, Geigen
und andern Inſtrumenten bringet einer unter ihnen eine Jungfer, bey der er
Freyerey angegeben, auf die Stube. Nachdem er etliche Reyhen mit derſelben
herum geſprungen, und erſt recht anfangen wolte zu loͤffeln, mercken es die
uͤbrigen, und einer ſpricht nach dem andern dieſe Loͤffel-Schweſter um ein
ehrliches Taͤntzlein an, worinnen ihr Galan auch mit Freuden gewilliget;
jedoch mit dem Beding, ſagte er daß ihr Herren mir die Jungfrau Ja
auch wiederbringet
. Nach gehaltenem Tantz bringen ſie die Jungfrau,
durch vieles Bitten, hinter den Tiſch treiben auch mancherley Geſpraͤche und
Kurtzweil mit ihr. Das kunte der junge Dominus nicht laͤnger anſehen, ſondern
trat vor den Tiſch und ſprach: Ey ihr Herren. Laſſet doch Jungfer Rebe-
cken wieder herfuͤr, ſie moͤchte etwa auf den Hof gehen und piſſen wollen
.

Ein gelehrter Dorff-Schulmeiſter, als man es ihm verwieſe das die Uhr
nicht recht gieng, uͤber die er doch die Aufſicht hatte ſagte: Die Uhr gehet
recht; aber die Sonne gebet nicht recht
.

Als ehemahls ein gewiſſer Magiſter, in einer der Unterſuchung der Gelehr-
ten auf der hohen Schule fuͤrgelegten Schrifft, ſo zu denen Kirchen Geſchichten
gehorte, verſchiedene Stellen aus Platone und andern anfuͤhrete, wolte bewei-
ſen, daß es Tag werde wenn die Sonne aufgehet.

Ein Philoſophus, als er ſahe eine Poſt voruͤber reiten, und daß des Po-
ſtillions
Pferd ſehr mit Packen beſchweret war, ſagte zu einem Nebenſtehenden:
Dieſer Geſelle hat kein Mittleiden mit ſeinem armen Pferd. Er koͤnte
wohl etwas von der Ladung auf ſeine eigene Schultern nehmen damit
das arme Thier nicht ſo ſehr beſchwehret wuͤrde
.

Ein reiſender Studioſus, als er ſahe daß man in Italien Eiß unter den
Wein that, ſteckte er ein Stuͤck in den Schubſack, nachdem er es fein ſauber
in ſein Schnupfftuch gewickelt hatte, und machte ſich die Rechnung, er wolte
bey der Abend-Mahlzeit ſeinen Truncks kuͤhl damit machen. Allein er fande es
endlich wie leicht zu erachten, gantz zerſchmoltzen, und das Schnupfftuch war,
als ob er es in das Waſſer getunck et haͤtte. Da druckete er es mit ſeiner Hand

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[56/0100] in die Rede und ſprach: Bartholus und Baldus ſeynd falſche Zeugen, koͤnnen auch nicht ſagen daß ſie bey unſerm Zanck gegenwaͤrtig geweſen. Ein Student zu Wittenberg gab ſeinen Landsleuten einen Schmauß. Als ſie nun fein luſtig und froͤlich waren mit einer Muſic von Lauten, Geigen und andern Inſtrumenten bringet einer unter ihnen eine Jungfer, bey der er Freyerey angegeben, auf die Stube. Nachdem er etliche Reyhen mit derſelben herum geſprungen, und erſt recht anfangen wolte zu loͤffeln, mercken es die uͤbrigen, und einer ſpricht nach dem andern dieſe Loͤffel-Schweſter um ein ehrliches Taͤntzlein an, worinnen ihr Galan auch mit Freuden gewilliget; jedoch mit dem Beding, ſagte er daß ihr Herren mir die Jungfrau Ja auch wiederbringet. Nach gehaltenem Tantz bringen ſie die Jungfrau, durch vieles Bitten, hinter den Tiſch treiben auch mancherley Geſpraͤche und Kurtzweil mit ihr. Das kunte der junge Dominus nicht laͤnger anſehen, ſondern trat vor den Tiſch und ſprach: Ey ihr Herren. Laſſet doch Jungfer Rebe- cken wieder herfuͤr, ſie moͤchte etwa auf den Hof gehen und piſſen wollen. Ein gelehrter Dorff-Schulmeiſter, als man es ihm verwieſe das die Uhr nicht recht gieng, uͤber die er doch die Aufſicht hatte ſagte: Die Uhr gehet recht; aber die Sonne gebet nicht recht. Als ehemahls ein gewiſſer Magiſter, in einer der Unterſuchung der Gelehr- ten auf der hohen Schule fuͤrgelegten Schrifft, ſo zu denen Kirchen Geſchichten gehorte, verſchiedene Stellen aus Platone und andern anfuͤhrete, wolte bewei- ſen, daß es Tag werde wenn die Sonne aufgehet. Ein Philoſophus, als er ſahe eine Poſt voruͤber reiten, und daß des Po- ſtillions Pferd ſehr mit Packen beſchweret war, ſagte zu einem Nebenſtehenden: Dieſer Geſelle hat kein Mittleiden mit ſeinem armen Pferd. Er koͤnte wohl etwas von der Ladung auf ſeine eigene Schultern nehmen damit das arme Thier nicht ſo ſehr beſchwehret wuͤrde. Ein reiſender Studioſus, als er ſahe daß man in Italien Eiß unter den Wein that, ſteckte er ein Stuͤck in den Schubſack, nachdem er es fein ſauber in ſein Schnupfftuch gewickelt hatte, und machte ſich die Rechnung, er wolte bey der Abend-Mahlzeit ſeinen Truncks kuͤhl damit machen. Allein er fande es endlich wie leicht zu erachten, gantz zerſchmoltzen, und das Schnupfftuch war, als ob er es in das Waſſer getunck et haͤtte. Da druckete er es mit ſeiner Hand aus,

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Zitationshilfe: Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/100>, abgerufen am 27.04.2024.