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Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.

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chen, daß wann sie zu Lande kämen, sie ihnen, und denen übrigen Meer-
Göttern zu Ehren, eine steinerne
Statuam oder Bildniß am Gestade
aufrichten lassen wolten, weil sie ihnen in dieser grossen Gefahr, so gnä-
dig erschienen wären, und denenselben ausgeholffen hätten.
Wegen
dieser Historie ist hernach dasselbige Haus, wie ein gewisser Autor berichtet,
von dem gemeinen Mann, Triremis, oder ein Schiff daß drey Ordnungen
Ruder hat, wie die Galleeren, genennet worden.

Die Erzehlung dieser Histörgen und Begebenheiten hat mich unvermerckt
weiter geführet, als ich darinnen gehen wollen. Jedoch ich irre sehr in meinen
Gedancken, wann sie dem geneigten Leser, welcher diesem Buch nicht über-
haupt von dessen Titel an biß zu seinem Ende feind ist, etwa beschwerlich fallen.
Nach meinem Sinn seynd sie Lustig und ergötzlich zu lesen, und ich habe sie mit
Vergnügen colligiret, in Ansehung des Styli verbessert, oder nach meiner eige-
nen Wissenschafft, so ich davon habe, hieher gesetzet. Sie zeigen auch in der
That recht natürlich an, was der Stoltz, die Einfalt, und die Grobheit, in
manchem Gelehrten vor eine Wirckung thun. Nur dieses habe ich dabey noch
zu erinnern, daß man sie ja nicht alle vor erdichtet halten wolle. Denn es er-
eignen sich noch täglich unter denen Gelehrten Dinge, die eben so toll, ja noch
toller, als diese jetzt angeführten sind, heraus kommen. Zu dessen Bestär-
ckung will ich noch einen Streich anführen, den ein sehr gelehrter Mann began-
gen hat.

Dieses ist ein noch jetzt-lebender grosser Theologus in einer nahmhafften an
Teutschlands Ende gelegenen Stadt, und lässet einen so gewaltigen Eyffer, wider
alle diejenigen, so nicht Lutherisch sind, blicken, daß man ihnvor eine Geissel aller
andern Religionen und secten; zu gleicher Zeit aber vor einen starcken Pfeiler der
Lutherischen Kirche hält. Absonderlich ist er entbrannt wider die Römisch-
Catholischen und Reformirten, die er nicht besser als Juden, Türcken und
Heyden, in seinen Predigten, und öffentlich gedruckten Schrifften tractiret,
indem er sie insgesamt, ohne alle Gnade und Barmhertzigkeit, zu dem Teuffel
in die Hölle weiset.

Vor einigen Jahren fügte es sich, daß er an einen Ort kam, wo ein gewis-
ser Sächsischer Hertzog residiret. Der Hertzog, welcher viel von demselben ge-
höret hatte, ließ ihn einladen, daß er mit ihm an seiner Tafel speisen solte, und
der Theologus nahm die Invitation willig an. Bey der Tafel aber fieng das

grosse
M

chen, daß wann ſie zu Lande kaͤmen, ſie ihnen, und denen uͤbrigen Meer-
Goͤttern zu Ehren, eine ſteinerne
Statuam oder Bildniß am Geſtade
aufrichten laſſen wolten, weil ſie ihnen in dieſer groſſen Gefahr, ſo gnaͤ-
dig erſchienen waͤren, und denenſelben ausgeholffen haͤtten.
Wegen
dieſer Hiſtorie iſt hernach daſſelbige Haus, wie ein gewiſſer Autor berichtet,
von dem gemeinen Mann, Triremis, oder ein Schiff daß drey Ordnungen
Ruder hat, wie die Galleéren, genennet worden.

Die Erzehlung dieſer Hiſtoͤrgen und Begebenheiten hat mich unvermerckt
weiter gefuͤhret, als ich darinnen gehen wollen. Jedoch ich irre ſehr in meinen
Gedancken, wann ſie dem geneigten Leſer, welcher dieſem Buch nicht uͤber-
haupt von deſſen Titel an biß zu ſeinem Ende feind iſt, etwa beſchwerlich fallen.
Nach meinem Sinn ſeynd ſie Luſtig und ergoͤtzlich zu leſen, und ich habe ſie mit
Vergnuͤgen colligiret, in Anſehung des Styli verbeſſert, oder nach meiner eige-
nen Wiſſenſchafft, ſo ich davon habe, hieher geſetzet. Sie zeigen auch in der
That recht natuͤrlich an, was der Stoltz, die Einfalt, und die Grobheit, in
manchem Gelehrten vor eine Wirckung thun. Nur dieſes habe ich dabey noch
zu erinnern, daß man ſie ja nicht alle vor erdichtet halten wolle. Denn es er-
eignen ſich noch taͤglich unter denen Gelehrten Dinge, die eben ſo toll, ja noch
toller, als dieſe jetzt angefuͤhrten ſind, heraus kommen. Zu deſſen Beſtaͤr-
ckung will ich noch einen Streich anfuͤhren, den ein ſehr gelehrter Mann began-
gen hat.

Dieſes iſt ein noch jetzt-lebender groſſer Theologus in einer nahmhafften an
Teutſchlands Ende gelegenen Stadt, und laͤſſet einen ſo gewaltigen Eyffer, wider
alle diejenigen, ſo nicht Lutheriſch ſind, blicken, daß man ihnvor eine Geiſſel aller
andern Religionen und ſecten; zu gleicher Zeit aber vor einen ſtarcken Pfeiler der
Lutheriſchen Kirche haͤlt. Abſonderlich iſt er entbrannt wider die Roͤmiſch-
Catholiſchen und Reformirten, die er nicht beſſer als Juden, Tuͤrcken und
Heyden, in ſeinen Predigten, und oͤffentlich gedruckten Schrifften tractiret,
indem er ſie insgeſamt, ohne alle Gnade und Barmhertzigkeit, zu dem Teuffel
in die Hoͤlle weiſet.

Vor einigen Jahren fuͤgte es ſich, daß er an einen Ort kam, wo ein gewiſ-
ſer Saͤchſiſcher Hertzog reſidiret. Der Hertzog, welcher viel von demſelben ge-
hoͤret hatte, ließ ihn einladen, daß er mit ihm an ſeiner Tafel ſpeiſen ſolte, und
der Theologus nahm die Invitation willig an. Bey der Tafel aber fieng das

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[89/0133] chen, daß wann ſie zu Lande kaͤmen, ſie ihnen, und denen uͤbrigen Meer- Goͤttern zu Ehren, eine ſteinerne Statuam oder Bildniß am Geſtade aufrichten laſſen wolten, weil ſie ihnen in dieſer groſſen Gefahr, ſo gnaͤ- dig erſchienen waͤren, und denenſelben ausgeholffen haͤtten. Wegen dieſer Hiſtorie iſt hernach daſſelbige Haus, wie ein gewiſſer Autor berichtet, von dem gemeinen Mann, Triremis, oder ein Schiff daß drey Ordnungen Ruder hat, wie die Galleéren, genennet worden. Die Erzehlung dieſer Hiſtoͤrgen und Begebenheiten hat mich unvermerckt weiter gefuͤhret, als ich darinnen gehen wollen. Jedoch ich irre ſehr in meinen Gedancken, wann ſie dem geneigten Leſer, welcher dieſem Buch nicht uͤber- haupt von deſſen Titel an biß zu ſeinem Ende feind iſt, etwa beſchwerlich fallen. Nach meinem Sinn ſeynd ſie Luſtig und ergoͤtzlich zu leſen, und ich habe ſie mit Vergnuͤgen colligiret, in Anſehung des Styli verbeſſert, oder nach meiner eige- nen Wiſſenſchafft, ſo ich davon habe, hieher geſetzet. Sie zeigen auch in der That recht natuͤrlich an, was der Stoltz, die Einfalt, und die Grobheit, in manchem Gelehrten vor eine Wirckung thun. Nur dieſes habe ich dabey noch zu erinnern, daß man ſie ja nicht alle vor erdichtet halten wolle. Denn es er- eignen ſich noch taͤglich unter denen Gelehrten Dinge, die eben ſo toll, ja noch toller, als dieſe jetzt angefuͤhrten ſind, heraus kommen. Zu deſſen Beſtaͤr- ckung will ich noch einen Streich anfuͤhren, den ein ſehr gelehrter Mann began- gen hat. Dieſes iſt ein noch jetzt-lebender groſſer Theologus in einer nahmhafften an Teutſchlands Ende gelegenen Stadt, und laͤſſet einen ſo gewaltigen Eyffer, wider alle diejenigen, ſo nicht Lutheriſch ſind, blicken, daß man ihnvor eine Geiſſel aller andern Religionen und ſecten; zu gleicher Zeit aber vor einen ſtarcken Pfeiler der Lutheriſchen Kirche haͤlt. Abſonderlich iſt er entbrannt wider die Roͤmiſch- Catholiſchen und Reformirten, die er nicht beſſer als Juden, Tuͤrcken und Heyden, in ſeinen Predigten, und oͤffentlich gedruckten Schrifften tractiret, indem er ſie insgeſamt, ohne alle Gnade und Barmhertzigkeit, zu dem Teuffel in die Hoͤlle weiſet. Vor einigen Jahren fuͤgte es ſich, daß er an einen Ort kam, wo ein gewiſ- ſer Saͤchſiſcher Hertzog reſidiret. Der Hertzog, welcher viel von demſelben ge- hoͤret hatte, ließ ihn einladen, daß er mit ihm an ſeiner Tafel ſpeiſen ſolte, und der Theologus nahm die Invitation willig an. Bey der Tafel aber fieng das groſſe M

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Zitationshilfe: Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/133>, abgerufen am 26.04.2024.