Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite

fessor N. zu N. seye gestorben, sagte, er glaube es nicht. Denn, fügte er gantz
verwirrter Weise hinzu, wann dem also wäre, härte er mir es ohne
zweiffel geschrieben, indem er mir von allem Nachricht zu geben
pfleget
.

Ein Doctor Medicinae wolte Handschuh kauffen. Als er dieselben anver-
suchte, hieß er ihm einen Spiegel bringen, damit er sich desto besser besehen kön-
te, ob sie ihm wohl passeten.

Ein anderer Medicus, als ihn die Flöhe so sehr in seinem Bette bissen, lö-
schete das Licht aus, vermeynende die Flöhe würden ihn hernach nicht mehr sehen
können.

Ein Studiosus Juris zog nach Straßburg auf der dasigen Universitaet Do-
ctor
zu werden. Als er über die Brücke passirte, kam der Wind, und warff
ihm seinen Hut in den Rhein, weswegen er gantz entrüstet sprach: Die Straß-
burger müssen grobe Bestien seyn, weil sie nicht so viel Verstand haben,
feine Glaß-Fenster auf beyden Seiten zu machen, damit man sicher vor
dem Winde sey
.

Ein anderer Doctorandus, als er nach Gießen auf die Universitaet kam,
und das schöne neu-gebauete Collegium sahe, sprach er zu seinem Gefehrten, es
wäre ein schönes Gehäuß
. Der antwortete ihm, es seye auf Italiäni-
sche
Manier gebauet. Da fragte ihn der gute Lämpel: Ist es dann nicht
in dieser Stadt gemachet worden? Nein
sagte der andere, welcher des
tummen Teuffels spottete, es haben es ihrer Zwey auf Reiffen, von Flo-
rentz gebracht
. Da wendete sich der Alberne zu dem Klugen herum und
sprach: Hab ich es nicht gedacht? Wie ist es doch so ein stattlich Ding:
wann einer viele Länder gesehen hat
.

Einer, welcher Magister werden wolte, kunte die Nacht, so vor diesem sei-
nem Ehren-Tag her gieng, nicht schlaffen, und verlangte immer nach dem
Tag, bat auch seinen Stuben-Gesellen, der näher bey dem Fensten in einem
andern Bette lag, er sollte zusehen, ob es nicht bald helle würde? Als die-
ser antwortete, es seye noch kein Anzeichen darzu verhanden, hieß ihn
der andere ein Licht schlagen sagende, er solte es vor das Fenster halten, so
würde er den Anbruch des Tages desto besser sehen können
.

Einer

feſſor N. zu N. ſeye geſtorben, ſagte, er glaube es nicht. Denn, fuͤgte er gantz
verwirrter Weiſe hinzu, wann dem alſo waͤre, haͤrte er mir es ohne
zweiffel geſchrieben, indem er mir von allem Nachricht zu geben
pfleget
.

Ein Doctor Medicinæ wolte Handſchuh kauffen. Als er dieſelben anver-
ſuchte, hieß er ihm einen Spiegel bringen, damit er ſich deſto beſſer beſehen koͤn-
te, ob ſie ihm wohl paſſeten.

Ein anderer Medicus, als ihn die Floͤhe ſo ſehr in ſeinem Bette biſſen, loͤ-
ſchete das Licht aus, vermeynende die Floͤhe wuͤrden ihn hernach nicht mehr ſehen
koͤnnen.

Ein Studioſus Juris zog nach Straßburg auf der daſigen Univerſitæt Do-
ctor
zu werden. Als er uͤber die Bruͤcke paſſirte, kam der Wind, und warff
ihm ſeinen Hut in den Rhein, weswegen er gantz entruͤſtet ſprach: Die Straß-
burger muͤſſen grobe Beſtien ſeyn, weil ſie nicht ſo viel Verſtand haben,
feine Glaß-Fenſter auf beyden Seiten zu machen, damit man ſicher vor
dem Winde ſey
.

Ein anderer Doctorandus, als er nach Gießen auf die Univerſitæt kam,
und das ſchoͤne neu-gebauete Collegium ſahe, ſprach er zu ſeinem Gefehrten, es
waͤre ein ſchoͤnes Gehaͤuß
. Der antwortete ihm, es ſeye auf Italiaͤni-
ſche
Manier gebauet. Da fragte ihn der gute Laͤmpel: Iſt es dann nicht
in dieſer Stadt gemachet worden? Nein
ſagte der andere, welcher des
tummen Teuffels ſpottete, es haben es ihrer Zwey auf Reiffen, von Flo-
rentz gebracht
. Da wendete ſich der Alberne zu dem Klugen herum und
ſprach: Hab ich es nicht gedacht? Wie iſt es doch ſo ein ſtattlich Ding:
wann einer viele Laͤnder geſehen hat
.

Einer, welcher Magiſter werden wolte, kunte die Nacht, ſo vor dieſem ſei-
nem Ehren-Tag her gieng, nicht ſchlaffen, und verlangte immer nach dem
Tag, bat auch ſeinen Stuben-Geſellen, der naͤher bey dem Fenſten in einem
andern Bette lag, er ſollte zuſehen, ob es nicht bald helle wuͤrde? Als die-
ſer antwortete, es ſeye noch kein Anzeichen darzu verhanden, hieß ihn
der andere ein Licht ſchlagen ſagende, er ſolte es vor das Fenſter halten, ſo
wuͤrde er den Anbruch des Tages deſto beſſer ſehen koͤnnen
.

Einer
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0096" n="52"/><hi rendition="#aq">fe&#x017F;&#x017F;or N.</hi> zu <hi rendition="#aq">N.</hi> &#x017F;eye ge&#x017F;torben, &#x017F;agte, <hi rendition="#fr">er glaube es nicht. Denn</hi>, fu&#x0364;gte er gantz<lb/>
verwirrter Wei&#x017F;e hinzu, <hi rendition="#fr">wann dem al&#x017F;o wa&#x0364;re, ha&#x0364;rte er mir es ohne<lb/>
zweiffel ge&#x017F;chrieben, indem er mir von allem Nachricht zu geben<lb/>
pfleget</hi>.</p><lb/>
          <p>Ein <hi rendition="#aq">Doctor Medicinæ</hi> wolte Hand&#x017F;chuh kauffen. Als er die&#x017F;elben anver-<lb/>
&#x017F;uchte, hieß er ihm einen Spiegel bringen, damit er &#x017F;ich de&#x017F;to be&#x017F;&#x017F;er be&#x017F;ehen ko&#x0364;n-<lb/>
te, ob &#x017F;ie ihm wohl pa&#x017F;&#x017F;eten.</p><lb/>
          <p>Ein anderer <hi rendition="#aq">Medicus,</hi> als ihn die Flo&#x0364;he &#x017F;o &#x017F;ehr in &#x017F;einem Bette bi&#x017F;&#x017F;en, lo&#x0364;-<lb/>
&#x017F;chete das Licht aus, vermeynende die Flo&#x0364;he wu&#x0364;rden ihn hernach nicht mehr &#x017F;ehen<lb/>
ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
          <p>Ein <hi rendition="#aq">Studio&#x017F;us Juris</hi> zog nach Straßburg auf der da&#x017F;igen <hi rendition="#aq">Univer&#x017F;itæt Do-<lb/>
ctor</hi> zu werden. Als er u&#x0364;ber die Bru&#x0364;cke <hi rendition="#aq">pa&#x017F;&#x017F;ir</hi>te, kam der Wind, und warff<lb/>
ihm &#x017F;einen Hut in den Rhein, weswegen er gantz entru&#x0364;&#x017F;tet &#x017F;prach: <hi rendition="#fr">Die Straß-<lb/>
burger mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en grobe Be&#x017F;tien &#x017F;eyn, weil &#x017F;ie nicht &#x017F;o viel Ver&#x017F;tand haben,<lb/>
feine Glaß-Fen&#x017F;ter auf beyden Seiten zu machen, damit man &#x017F;icher vor<lb/>
dem Winde &#x017F;ey</hi>.</p><lb/>
          <p>Ein anderer <hi rendition="#aq">Doctorandus,</hi> als er nach Gießen auf die <hi rendition="#aq">Univer&#x017F;itæt</hi> kam,<lb/>
und das &#x017F;cho&#x0364;ne neu-gebauete <hi rendition="#aq">Collegium</hi> &#x017F;ahe, &#x017F;prach er zu &#x017F;einem Gefehrten, <hi rendition="#fr">es<lb/>
wa&#x0364;re ein &#x017F;cho&#x0364;nes Geha&#x0364;</hi>. Der antwortete ihm, <hi rendition="#fr">es &#x017F;eye auf Italia&#x0364;ni-<lb/>
&#x017F;che</hi> <hi rendition="#aq">Manier</hi> <hi rendition="#fr">gebauet</hi>. Da fragte ihn der gute La&#x0364;mpel: <hi rendition="#fr">I&#x017F;t es dann nicht<lb/>
in die&#x017F;er Stadt gemachet worden? Nein</hi> &#x017F;agte der andere, welcher des<lb/>
tummen Teuffels &#x017F;pottete, <hi rendition="#fr">es haben es ihrer Zwey auf Reiffen, von Flo-<lb/>
rentz gebracht</hi>. Da wendete &#x017F;ich der Alberne zu dem Klugen herum und<lb/>
&#x017F;prach: <hi rendition="#fr">Hab ich es nicht gedacht? Wie i&#x017F;t es doch &#x017F;o ein &#x017F;tattlich Ding:<lb/>
wann einer viele La&#x0364;nder ge&#x017F;ehen hat</hi>.</p><lb/>
          <p>Einer, welcher <hi rendition="#aq">Magi&#x017F;ter</hi> werden wolte, kunte die Nacht, &#x017F;o vor die&#x017F;em &#x017F;ei-<lb/>
nem Ehren-Tag her gieng, nicht &#x017F;chlaffen, und verlangte immer nach dem<lb/>
Tag, bat auch &#x017F;einen Stuben-Ge&#x017F;ellen, der na&#x0364;her bey dem Fen&#x017F;ten in einem<lb/>
andern Bette lag, er &#x017F;ollte zu&#x017F;ehen, <hi rendition="#fr">ob es nicht bald helle wu&#x0364;rde</hi>? Als die-<lb/>
&#x017F;er antwortete, <hi rendition="#fr">es &#x017F;eye noch kein Anzeichen darzu verhanden</hi>, hieß ihn<lb/>
der andere ein Licht &#x017F;chlagen &#x017F;agende, <hi rendition="#fr">er &#x017F;olte es vor das Fen&#x017F;ter halten, &#x017F;o<lb/>
wu&#x0364;rde er den Anbruch des Tages de&#x017F;to be&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ehen ko&#x0364;nnen</hi>.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Einer</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[52/0096] feſſor N. zu N. ſeye geſtorben, ſagte, er glaube es nicht. Denn, fuͤgte er gantz verwirrter Weiſe hinzu, wann dem alſo waͤre, haͤrte er mir es ohne zweiffel geſchrieben, indem er mir von allem Nachricht zu geben pfleget. Ein Doctor Medicinæ wolte Handſchuh kauffen. Als er dieſelben anver- ſuchte, hieß er ihm einen Spiegel bringen, damit er ſich deſto beſſer beſehen koͤn- te, ob ſie ihm wohl paſſeten. Ein anderer Medicus, als ihn die Floͤhe ſo ſehr in ſeinem Bette biſſen, loͤ- ſchete das Licht aus, vermeynende die Floͤhe wuͤrden ihn hernach nicht mehr ſehen koͤnnen. Ein Studioſus Juris zog nach Straßburg auf der daſigen Univerſitæt Do- ctor zu werden. Als er uͤber die Bruͤcke paſſirte, kam der Wind, und warff ihm ſeinen Hut in den Rhein, weswegen er gantz entruͤſtet ſprach: Die Straß- burger muͤſſen grobe Beſtien ſeyn, weil ſie nicht ſo viel Verſtand haben, feine Glaß-Fenſter auf beyden Seiten zu machen, damit man ſicher vor dem Winde ſey. Ein anderer Doctorandus, als er nach Gießen auf die Univerſitæt kam, und das ſchoͤne neu-gebauete Collegium ſahe, ſprach er zu ſeinem Gefehrten, es waͤre ein ſchoͤnes Gehaͤuß. Der antwortete ihm, es ſeye auf Italiaͤni- ſche Manier gebauet. Da fragte ihn der gute Laͤmpel: Iſt es dann nicht in dieſer Stadt gemachet worden? Nein ſagte der andere, welcher des tummen Teuffels ſpottete, es haben es ihrer Zwey auf Reiffen, von Flo- rentz gebracht. Da wendete ſich der Alberne zu dem Klugen herum und ſprach: Hab ich es nicht gedacht? Wie iſt es doch ſo ein ſtattlich Ding: wann einer viele Laͤnder geſehen hat. Einer, welcher Magiſter werden wolte, kunte die Nacht, ſo vor dieſem ſei- nem Ehren-Tag her gieng, nicht ſchlaffen, und verlangte immer nach dem Tag, bat auch ſeinen Stuben-Geſellen, der naͤher bey dem Fenſten in einem andern Bette lag, er ſollte zuſehen, ob es nicht bald helle wuͤrde? Als die- ſer antwortete, es ſeye noch kein Anzeichen darzu verhanden, hieß ihn der andere ein Licht ſchlagen ſagende, er ſolte es vor das Fenſter halten, ſo wuͤrde er den Anbruch des Tages deſto beſſer ſehen koͤnnen. Einer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/96
Zitationshilfe: Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/96>, abgerufen am 27.04.2024.