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Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.

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Einer fande einen Mathematicum, nach dem Mittags-Essen, in einem
Sessel schlaffende, weckte solchen auf und sprach zu ihm, es wäre der Ge-
sundheit nichts schädlicher
, allegirte auch den halben Vers der Scholae Sa-
lernitanae: Somnum fuge meridianum.
Darauf antwortete der Mathemati-
cus:
Ich habe nur geschlaffen den Müßiggang zu vertreiben. Denn
ich muß allezeit was zu thun haben
.

Einem krancken Astronomo wolte der Medicus Gersten-Wasser zu trincken
verordnen, da dann der Patient sprach, es gelte ihm gleich, er möchte ihm
verordnen was er wolle, wann es nur nach Wein schmecke
.

Ein alter vor sich lebender Pedant wolte ein Hauß bauen, und ließ ein
Visier von Holtz machen. Als es ihm nun der Baumeister nach einander er-
klärete, und sagte: Sehet hier den Eingang, den Saal, die Kammern, die
Stube die Küche, das Schreib-Stublein etc.
repetirte der tumme Teuffel alle
Worte! Sehet hier den Eingang, den Saal, die Cammern, etc. Letzlich,
als er ein kleines schwartzes Loch sahe, in einer Ecke des Visiers, fragte er! Was
ist daß
? Der Baumeister antwortete, es wäre das heimliche Gemach.
Da fuhr der Pedant heraus und sprach: Das habe ich wohl gedacht.
Denn es ist schon länger als eine viertel Stunde, daß ich es gerochen
habe
.

Ein Studiosus Juris, der nicht viel gelernet, am allerwenigsten aber die
Nase in die Bibel gestecket hatte, sahe Moysen mit einem langen grauen Bart
abgemahlet, in seiner Hand die Tafeln derer Zehen Gebote haltend, mit der
Uberschrifft Exod. XX. da meynete der Bachant, Exodus wäre der Name und die
XX. seye die Zahl seiner Jahre, weswegen er sich wunderte und sprach, er hät-
te nie einen Jüngling von zwantzig Jahren gesehen, der einen so gros-
sen Bart gehabt. wie dieser
Exodus.

Ein, von der Universitaet gekommener Student gab seinem Vater, wel-
chem die Maul-Würffe eine schöne Wiese gar sehr verderbeten, den Rath, er
solte sie, zu Verhütung eines weit grössern Schadens, pflastern lassen.

Ein anderer junger Student klagte, er hätte die Nacht nicht schlaffen
können sondern weil er keinen Umhang um das Bette habe, den Tag
die gantze Nacht gesehen.

Einem
G 3

Einer fande einen Mathematicum, nach dem Mittags-Eſſen, in einem
Seſſel ſchlaffende, weckte ſolchen auf und ſprach zu ihm, es waͤre der Ge-
ſundheit nichts ſchaͤdlicher
, allegirte auch den halben Vers der Scholæ Sa-
lernitanæ: Somnum fuge meridianum.
Darauf antwortete der Mathemati-
cus:
Ich habe nur geſchlaffen den Muͤßiggang zu vertreiben. Denn
ich muß allezeit was zu thun haben
.

Einem krancken Aſtronomo wolte der Medicus Gerſten-Waſſer zu trincken
verordnen, da dann der Patient ſprach, es gelte ihm gleich, er moͤchte ihm
verordnen was er wolle, wann es nur nach Wein ſchmecke
.

Ein alter vor ſich lebender Pedant wolte ein Hauß bauen, und ließ ein
Viſier von Holtz machen. Als es ihm nun der Baumeiſter nach einander er-
klaͤrete, und ſagte: Sehet hier den Eingang, den Saal, die Kammern, die
Stube die Kuͤche, das Schreib-Stůblein ꝛc.
repetirte der tumme Teuffel alle
Worte! Sehet hier den Eingang, den Saal, die Cammern, ꝛc. Letzlich,
als er ein kleines ſchwartzes Loch ſahe, in einer Ecke des Viſiers, fragte er! Was
iſt daß
? Der Baumeiſter antwortete, es waͤre das heimliche Gemach.
Da fuhr der Pedant heraus und ſprach: Das habe ich wohl gedacht.
Denn es iſt ſchon laͤnger als eine viertel Stunde, daß ich es gerochen
habe
.

Ein Studioſus Juris, der nicht viel gelernet, am allerwenigſten aber die
Naſe in die Bibel geſtecket hatte, ſahe Moyſen mit einem langen grauen Bart
abgemahlet, in ſeiner Hand die Tafeln derer Zehen Gebote haltend, mit der
Uberſchrifft Exod. XX. da meynete der Bachant, Exodus waͤre der Name und die
XX. ſeye die Zahl ſeiner Jahre, weswegen er ſich wunderte und ſprach, er haͤt-
te nie einen Juͤngling von zwantzig Jahren geſehen, der einen ſo groſ-
ſen Bart gehabt. wie dieſer
Exodus.

Ein, von der Univerſitæt gekommener Student gab ſeinem Vater, wel-
chem die Maul-Wuͤrffe eine ſchoͤne Wieſe gar ſehr verderbeten, den Rath, er
ſolte ſie, zu Verhuͤtung eines weit groͤſſern Schadens, pflaſtern laſſen.

Ein anderer junger Student klagte, er haͤtte die Nacht nicht ſchlaffen
koͤnnen ſondern weil er keinen Umhang um das Bette habe, den Tag
die gantze Nacht geſehen.

Einem
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[53/0097] Einer fande einen Mathematicum, nach dem Mittags-Eſſen, in einem Seſſel ſchlaffende, weckte ſolchen auf und ſprach zu ihm, es waͤre der Ge- ſundheit nichts ſchaͤdlicher, allegirte auch den halben Vers der Scholæ Sa- lernitanæ: Somnum fuge meridianum. Darauf antwortete der Mathemati- cus: Ich habe nur geſchlaffen den Muͤßiggang zu vertreiben. Denn ich muß allezeit was zu thun haben. Einem krancken Aſtronomo wolte der Medicus Gerſten-Waſſer zu trincken verordnen, da dann der Patient ſprach, es gelte ihm gleich, er moͤchte ihm verordnen was er wolle, wann es nur nach Wein ſchmecke. Ein alter vor ſich lebender Pedant wolte ein Hauß bauen, und ließ ein Viſier von Holtz machen. Als es ihm nun der Baumeiſter nach einander er- klaͤrete, und ſagte: Sehet hier den Eingang, den Saal, die Kammern, die Stube die Kuͤche, das Schreib-Stůblein ꝛc. repetirte der tumme Teuffel alle Worte! Sehet hier den Eingang, den Saal, die Cammern, ꝛc. Letzlich, als er ein kleines ſchwartzes Loch ſahe, in einer Ecke des Viſiers, fragte er! Was iſt daß? Der Baumeiſter antwortete, es waͤre das heimliche Gemach. Da fuhr der Pedant heraus und ſprach: Das habe ich wohl gedacht. Denn es iſt ſchon laͤnger als eine viertel Stunde, daß ich es gerochen habe. Ein Studioſus Juris, der nicht viel gelernet, am allerwenigſten aber die Naſe in die Bibel geſtecket hatte, ſahe Moyſen mit einem langen grauen Bart abgemahlet, in ſeiner Hand die Tafeln derer Zehen Gebote haltend, mit der Uberſchrifft Exod. XX. da meynete der Bachant, Exodus waͤre der Name und die XX. ſeye die Zahl ſeiner Jahre, weswegen er ſich wunderte und ſprach, er haͤt- te nie einen Juͤngling von zwantzig Jahren geſehen, der einen ſo groſ- ſen Bart gehabt. wie dieſer Exodus. Ein, von der Univerſitæt gekommener Student gab ſeinem Vater, wel- chem die Maul-Wuͤrffe eine ſchoͤne Wieſe gar ſehr verderbeten, den Rath, er ſolte ſie, zu Verhuͤtung eines weit groͤſſern Schadens, pflaſtern laſſen. Ein anderer junger Student klagte, er haͤtte die Nacht nicht ſchlaffen koͤnnen ſondern weil er keinen Umhang um das Bette habe, den Tag die gantze Nacht geſehen. Einem G 3

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Zitationshilfe: Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/97>, abgerufen am 27.04.2024.