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Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702.

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Orte her / da man seinen Leichnam der Erden immatriculiret hat. In dessen aber / da er unter der Erden lieget / weiß er schon mehr qvid Juris, als der beste Jurist der noch über der Erden gehet. Man zehle aber von einem dato zum andern / so wird man nicht mehr als 5. Wochen heraus bringen können.

Ich klage nun nicht mehr / wie ich neulich gethan / über den unglücklichen April-Monat / daß derselbe von unserm Parnasso bessere Blumen abgerupffet / als in vielen Jahren wieder wachsen möchten: Majus hat es ja fast nicht besser gemacht. Da aber in jenem der Tod die Catheder von grossen Lehrern leer gemacht / kömmt er im Julio auch auff die subsellia und fängt an denen Hörern das Gehör ja das Leben selbst zunehmen; Doch er soll so Gott wil / bey dem Anfange auch seine Grausamkeit geendet haben. Aber O hartes Verhängniß! daß es eben den Seel. Herrn Bärninger treffen müssen! Herrn Bärningern / der ein eintziger Sohn war einer Wittwen / die nicht vor gar langer Zeit einen wehrten Mann verlohren; Einer Mutter / die schon zwey wol anlassende Söhne dem Tode überlassen müssen; Ein Sohn / von welchem Sie nicht ohne Grund Ihr die angenehme Hoffnung machen können / es würde diese Rose / welche schon in dem Frühling ihrer Jahre / und da Sie / so zu reden / noch in der Knospe stunde / einen so angenehmen Geruch des Wolverhaltens von sich streuete / bey ihren Zuwachs und völliger Eröffnung ihr die kräfftigste Erquickung geben; Ein solcher Sohn hat sterben müssen; Sterben an dem Ort / dahin Er geschicket worden / sich dergestalt zu qualificiren / daß hernach mit seinem Leben vielen gedienet wäre / und der Mutter bittres Leid dadurch versüsset würde; Sterben zu der Zeit / da die betrübte Mutter kommen war / vor sein Leben mütterliche Sorge zu tragen. Wäre dieselbe noch gegenwärtig / und ich wolte mit meiner Rede Traurigkeit erwecken / so hätte ich schon ge-

Orte her / da man seinen Leichnam der Erden immatriculiret hat. In dessen aber / da er unter der Erden lieget / weiß er schon mehr qvid Juris, als der beste Jurist der noch über der Erden gehet. Man zehle aber von einem dato zum andern / so wird man nicht mehr als 5. Wochen heraus bringen können.

Ich klage nun nicht mehr / wie ich neulich gethan / über den unglücklichen April-Monat / daß derselbe von unserm Parnasso bessere Blumen abgerupffet / als in vielen Jahren wieder wachsen möchten: Majus hat es ja fast nicht besser gemacht. Da aber in jenem der Tod die Catheder von grossen Lehrern leer gemacht / kömmt er im Julio auch auff die subsellia und fängt an denen Hörern das Gehör ja das Leben selbst zunehmen; Doch er soll so Gott wil / bey dem Anfange auch seine Grausamkeit geendet haben. Aber O hartes Verhängniß! daß es eben den Seel. Herrn Bärninger treffen müssen! Herrn Bärningern / der ein eintziger Sohn war einer Wittwen / die nicht vor gar langer Zeit einen wehrten Mann verlohren; Einer Mutter / die schon zwey wol anlassende Söhne dem Tode überlassen müssen; Ein Sohn / von welchem Sie nicht ohne Grund Ihr die angenehme Hoffnung machen können / es würde diese Rose / welche schon in dem Frühling ihrer Jahre / und da Sie / so zu reden / noch in der Knospe stunde / einen so angenehmen Geruch des Wolverhaltens von sich streuete / bey ihren Zuwachs und völliger Eröffnung ihr die kräfftigste Erquickung geben; Ein solcher Sohn hat sterben müssen; Sterben an dem Ort / dahin Er geschicket worden / sich dergestalt zu qualificiren / daß hernach mit seinem Lebẽ vielen gedienet wäre / uñ der Mutter bittres Leid dadurch versüsset würde; Sterben zu der Zeit / da die betrübte Mutter kommen war / vor sein Leben mütterliche Sorge zu tragẽ. Wäre dieselbe noch gegenwärtig / uñ ich wolte mit meiner Rede Traurigkeit erweckẽ / so hätte ich schon ge-

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                     er schon mehr qvid Juris, als der beste Jurist der noch über der Erden gehet.
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                     in vielen Jahren wieder wachsen möchten: Majus hat es ja fast nicht besser
                     gemacht. Da aber in jenem der Tod die Catheder von grossen Lehrern leer gemacht
                     / kömmt er im Julio auch auff die subsellia und fängt an denen Hörern das Gehör
                     ja das Leben selbst zunehmen; Doch er soll so Gott wil / bey dem Anfange auch
                     seine Grausamkeit geendet haben. Aber O hartes Verhängniß! daß es eben den Seel.
                     Herrn Bärninger treffen müssen! Herrn Bärningern / der ein eintziger Sohn war
                     einer Wittwen / die nicht vor gar langer Zeit einen wehrten Mann verlohren;
                     Einer Mutter / die schon zwey wol anlassende Söhne dem Tode überlassen müssen;
                     Ein Sohn / von welchem Sie nicht ohne Grund Ihr die angenehme Hoffnung machen
                     können / es würde diese Rose / welche schon in dem Frühling ihrer Jahre / und da
                     Sie / so zu reden / noch in der Knospe stunde / einen so angenehmen Geruch des
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[35/0041] Orte her / da man seinen Leichnam der Erden immatriculiret hat. In dessen aber / da er unter der Erden lieget / weiß er schon mehr qvid Juris, als der beste Jurist der noch über der Erden gehet. Man zehle aber von einem dato zum andern / so wird man nicht mehr als 5. Wochen heraus bringen können. Ich klage nun nicht mehr / wie ich neulich gethan / über den unglücklichen April-Monat / daß derselbe von unserm Parnasso bessere Blumen abgerupffet / als in vielen Jahren wieder wachsen möchten: Majus hat es ja fast nicht besser gemacht. Da aber in jenem der Tod die Catheder von grossen Lehrern leer gemacht / kömmt er im Julio auch auff die subsellia und fängt an denen Hörern das Gehör ja das Leben selbst zunehmen; Doch er soll so Gott wil / bey dem Anfange auch seine Grausamkeit geendet haben. Aber O hartes Verhängniß! daß es eben den Seel. Herrn Bärninger treffen müssen! Herrn Bärningern / der ein eintziger Sohn war einer Wittwen / die nicht vor gar langer Zeit einen wehrten Mann verlohren; Einer Mutter / die schon zwey wol anlassende Söhne dem Tode überlassen müssen; Ein Sohn / von welchem Sie nicht ohne Grund Ihr die angenehme Hoffnung machen können / es würde diese Rose / welche schon in dem Frühling ihrer Jahre / und da Sie / so zu reden / noch in der Knospe stunde / einen so angenehmen Geruch des Wolverhaltens von sich streuete / bey ihren Zuwachs und völliger Eröffnung ihr die kräfftigste Erquickung geben; Ein solcher Sohn hat sterben müssen; Sterben an dem Ort / dahin Er geschicket worden / sich dergestalt zu qualificiren / daß hernach mit seinem Lebẽ vielen gedienet wäre / uñ der Mutter bittres Leid dadurch versüsset würde; Sterben zu der Zeit / da die betrübte Mutter kommen war / vor sein Leben mütterliche Sorge zu tragẽ. Wäre dieselbe noch gegenwärtig / uñ ich wolte mit meiner Rede Traurigkeit erweckẽ / so hätte ich schon ge-

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  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
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  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
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Zitationshilfe: Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/finen_dankreden_1702/41>, abgerufen am 27.04.2024.