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Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888.

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öfter wiederholen: Ich sage Dir, Botho, die
Käthe ..."

"Soll er's nicht?"

"O gewiß soll er."

Und damit brach auf Minuten hin ihr Gespräch
ab, das in Botho's Seele, so zärtlich und liebevoll
er zu der jungen Frau hinübersah, doch einiger¬
maßen ängstlich nachklang. Die junge Frau selbst
indeß hatte keine Ahnung von dem, was in ihres
Gatten Seele vorging, und sagte nur: "Ich bin
müde, Botho. Die vielen Bilder. Es kommt doch
nach . . . Aber (der Zug hielt eben) was ist denn
das für ein Lärm und Getreibe da draußen?"

"Das ist ein Dresdener Vergnügungsort, ich
glaube Kötschenbroda."

"Kötschenbroda? Zu komisch."

Und während der Zug weiter dampfte, streckte
sie sich aus und schloß anscheinend die Augen.
Aber sie schlief nicht und sah zwischen den Wimpern
hin nach dem geliebten Manne hinüber.


In der damals noch einreihigen Landgrafenstraße
hatte Käthe's Mama mittlerweile die Wohnung ein¬
gerichtet und als zu Beginn des Oktobers das
junge Paar in Berlin wieder eintraf, war es ent¬
zückt von dem Komfort, den es vorfand. In den

öfter wiederholen: Ich ſage Dir, Botho, die
Käthe ...“

„Soll er's nicht?“

„O gewiß ſoll er.“

Und damit brach auf Minuten hin ihr Geſpräch
ab, das in Botho's Seele, ſo zärtlich und liebevoll
er zu der jungen Frau hinüberſah, doch einiger¬
maßen ängſtlich nachklang. Die junge Frau ſelbſt
indeß hatte keine Ahnung von dem, was in ihres
Gatten Seele vorging, und ſagte nur: „Ich bin
müde, Botho. Die vielen Bilder. Es kommt doch
nach . . . Aber (der Zug hielt eben) was iſt denn
das für ein Lärm und Getreibe da draußen?“

„Das iſt ein Dresdener Vergnügungsort, ich
glaube Kötſchenbroda.“

„Kötſchenbroda? Zu komiſch.“

Und während der Zug weiter dampfte, ſtreckte
ſie ſich aus und ſchloß anſcheinend die Augen.
Aber ſie ſchlief nicht und ſah zwiſchen den Wimpern
hin nach dem geliebten Manne hinüber.


In der damals noch einreihigen Landgrafenſtraße
hatte Käthe's Mama mittlerweile die Wohnung ein¬
gerichtet und als zu Beginn des Oktobers das
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[171/0181] öfter wiederholen: Ich ſage Dir, Botho, die Käthe ...“ „Soll er's nicht?“ „O gewiß ſoll er.“ Und damit brach auf Minuten hin ihr Geſpräch ab, das in Botho's Seele, ſo zärtlich und liebevoll er zu der jungen Frau hinüberſah, doch einiger¬ maßen ängſtlich nachklang. Die junge Frau ſelbſt indeß hatte keine Ahnung von dem, was in ihres Gatten Seele vorging, und ſagte nur: „Ich bin müde, Botho. Die vielen Bilder. Es kommt doch nach . . . Aber (der Zug hielt eben) was iſt denn das für ein Lärm und Getreibe da draußen?“ „Das iſt ein Dresdener Vergnügungsort, ich glaube Kötſchenbroda.“ „Kötſchenbroda? Zu komiſch.“ Und während der Zug weiter dampfte, ſtreckte ſie ſich aus und ſchloß anſcheinend die Augen. Aber ſie ſchlief nicht und ſah zwiſchen den Wimpern hin nach dem geliebten Manne hinüber. In der damals noch einreihigen Landgrafenſtraße hatte Käthe's Mama mittlerweile die Wohnung ein¬ gerichtet und als zu Beginn des Oktobers das junge Paar in Berlin wieder eintraf, war es ent¬ zückt von dem Komfort, den es vorfand. In den

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/181>, abgerufen am 30.04.2024.